Nah und nachhaltig

„Morgen kann kommen. Wir machen den Weg frei.“: Beim Blick auf das große gesellschaftliche Thema Nachhaltigkeit ist dieses Motto für die Volksbanken und Raiffeisenbanken Überzeugung und Herausforderung zugleich. Nachhaltigkeit passt sehr gut zu den genossenschaftlichen Werten. Das Eintreten für die Regionen im Speziellen und für die Welt von morgen im Allgemeinen ist seit jeher Teil ihres Selbstverständnisses. Folgerichtig steht es auch ganz oben auf der Agenda der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. Schon immer hat die gesamte Gruppe Nachhaltigkeitsziele verfolgt und im Schulterschluss erreicht.

Gesellschaftliche Bedeutung steigt … und steigt

Klimaschutzdemonstrationen, der Ausstieg aus der Kohleförderung, die zunehmende Bedeutung von E-Mobilität sowie die steigende Nutzung alternativer Energien zeigen: Nachhaltigkeitsthemen werden in der Gesellschaft immer bedeutsamer. Die Corona-Pandemie mit ihren vielfältigen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen hat der öffentlichen und politischen Diskussion um eine nachhaltige Ausrichtung der europäischen Volkswirtschaft und der Rolle des Finanzmarkts zusätzliche Dynamik verliehen. So sollen die umfangreichen Corona-Hilfsprogramme auch in erheblichem Umfang Nachhaltigkeitsziele unterstützen.

Gemeinsames Leitbild

Innerhalb des im Jahr 2020 neu gestarteten verbundübergreifenden Projekts „Nachhaltige Finanzen“ will der BVR gemeinsam mit Primärbanken, Verbänden, Verbundunternehmen und zentralen Dienstleistern dieses wichtige Thema noch gezielter konzertierter angehen. Dabei geht es um die durchgängige Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Banken, wobei dem Kerngeschäft eine besondere Bedeutung zukommt. Den Auftakt dafür bildete der gemeinsame Beschluss eines Nachhaltigkeitsleitbildes der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Dieses enthält auch ein klares Bekenntnis zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und dem Pariser Klimaabkommen.

Strategie trifft Selbstverständnis

Um Nachhaltigkeit noch tiefer in der Gesamtstrategie der genossenschaftlichen FinanzGruppe zu verankern, hat der BVR für die Genossenschaftsbanken eine ganze Reihe von Unterstützungsleistungen und Instrumenten erarbeitet. Diese versetzen jedes einzelne Institut nun in die Lage, nachhaltige Faktoren und die Berücksichtigung dieser wichtigen Ziele und Anliegen sukzessive in ihre Strategie zu integrieren und so insgesamt nachhaltiger zu wirtschaften. Denn: Nachhaltigkeit ist ein horizontales Thema. Es betrifft alle Bereiche der Bank. Auch den eigenen Geschäftsbetrieb. Für die Genossenschaftsbanken ist Nachhaltigkeit dabei überdies kein Lippenbekenntnis, sondern – passend zum genossenschaftlichen Selbstverständnis – ein echtes Anliegen. Es ist Teil der gemeinsamen Strategie. Der BVR hat dies jüngst auch mit der Unterzeichnung der Unterstützererklärung zu den Prinzipien der Vereinten Nationen für ein verantwortliches Bankwesen Anfang 2021 dokumentiert.

Vielfältige Maßnahmen, wachsende Angebote

In der gesamten genossenschaftlichen FinanzGruppe wächst die Dynamik nachhaltige Themen anzugehen. Dies drückt sich bereits jetzt sowohl auf der Ebene der Primärinstitute als auch bei den Verbundunternehmen in vielfältigen Themen und wachsenden Angeboten aus. Nachhaltige Investementfonds, Vermögensverwaltungsangebote und nachhaltige Darlehen sind hier nur einige Beispiele. Viele Banken analysieren bereits ihre eigenen Portfolien im Depot A unter Nachhaltigkeitskriterien und greifen dabei auf die Unterstützung ihrer Verbundpartner zurück. Künftig soll der Beitrag des eigenen Kerngeschäfts zu den UN-Nachhaltigkeitszielen noch weiter messbar gemacht werden. Mit ihrem Verfahren zur Durchleuchtung eines Kreditportfolios im Umfang von insgesamt 64 Milliarden Euro hat die DZ BANK bereits wichtige Schritte unternommen. Im eigenen Geschäftsbetrieb achten die Genossenschaftsbanken schon vielfach auf nachhaltiges Handeln. Der BVR entwickelt gemeinsam mit seinen Mitgliedsinstituten derzeit Methoden, die eine präzise Messung des CO2-Fußabdrucks ermöglichen und jede Genossenschaftsbank einsetzen kann. Gemeinsam unterstützt die genossenschaftliche FinanzGruppe das Ziel der Bundesregierung, Deutschland zu einem führenden Standort im Bereich Sustainable Finance zu machen.

Verlässliche politische Rahmenbedingungen nötig

Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung sind verlässliche politische Rahmenbedingungen. Zugleich müssen die Datenprobleme zur Beurteilung von Nachhaltigkeit gelöst werden. Den Genossenschaftsbanken ist es dabei wichtig, dass mittelständische Unternehmen, die diese Daten liefern müssen, nicht überlastet werden. Die Bundesregierung sollte die Gesetzgebungsprozesse der für Juni 2021 angekündigten erneuerten Sustainable-Finance-Strategie der EU-Kommission intensiv mitgestalten. Zugleich sollte sie aber auch von zusätzlichen nationalen regulatorischen Maßnahmen absehen. Die 2020 beschlossene EU-Taxonomie-Verordnung ist ein Grundpfeiler für den Übergang der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit. Der für April 2021 erwartete, aber bereits ab 2022 anzuwendende delegierte Rechtsakt der EU-Kommission zur Festlegung detaillierter Kriterien für die beiden ökologischen Nachhaltigkeitsziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel lässt aufgrund seines Umfangs allerdings einen Taxonomiekoloss befürchten. Dies schließt die Auskunft berichtspflichtiger Banken über den Anteil ihres taxonomiekonformen Geschäfts ein.

Gemeinsame Aufgabe von Staat und Privatwirtschaft

Die European Banking Authority (EBA) veröffentlichte dazu für einen weiteren Rechtsakt Forderungen insbesondere zur Green Asset Ratio. Diese Rechtsakte sollten erst später als Anfang 2022 angewendet und zuvor auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden. Die Transformation der Volkswirtschaften in Europa sollte überdies in erster Linie mit marktwirtschaftlichen Anreizen angestrebt werden. Denn: Politische Reden und bürokratische Ansätze allein werden nicht hunderte Milliarden notwendiger Investitionen auslösen. Gegebenenfalls können Förderprogramme, wie etwa über die KfW in vielen Bereichen üblich, hilfreich sein. Nachhaltigkeit ist dabei eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Privatwirtschaft. Nur so kann der Weg erfolgreich beschritten werden. Auch die öffentliche Hand muss angesichts einer Staatsquote von 45 Prozent in ihrem eigenen Ausgabeverhalten und ihren Investitionen nachhaltiger werden.