Erst Corona-Schock, dann rasche Erholung

Die Entwicklung an den Finanzmärkten wurde im vergangenen Jahr maßgeblich vom Verlauf der Corona-Pandemie beeinflusst. Nach dem erstmaligen Auftreten in China verbreitete sich das Virus zunächst in Asien. In Europa machte sich dies zunächst durch Störungen in den Lieferketten bemerkbar. Mit der weltweiten Ausbreitung des Virus rutschte auch die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession.

An den Finanzmärkten herrschte zunächst große Unsicherheit bezüglich der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Die Aktienkurse brachen dramatisch ein. Anleihen verteuerten sich aufgrund der Aussicht auf zusätzliche geldpolitische Stimuli. Auch an den Rohstoffmärkten hinterließ die Pandemie Spuren: Rohstoffpreise gaben spürbar nach. Insbesondere Rohöl verbilligte sich dramatisch. In den USA wurden sogar erstmals negative Rohölpreise notiert.

Weltweit stützte die Wirtschaftspolitik die Konjunktur durch breit angelegte expansive Maßnahmen. In Europa weitete das Eurosystem insbesondere die Wertpapierkäufe deutlich aus. Neben diverser nationaler Konjunkturprogramme schnürte die Europäische Union (EU) Pakete im Umfang von 500 beziehungsweise 750 Milliarden Euro, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern und den Wiederaufbau nachhaltig zu gestalten.

Die Finanzmärkte erholten sich vergleichsweise rasch von dem Corona-Schock. Bereits Ende August übertrafen die weltweiten Aktienkurse (gemessen am MSCI-World-Index) erstmals wieder das Vorkrisenniveau. Auch die Rohstoffpreise legten im weiteren Jahresverlauf – trotz neuerlichen Anstiegs der Infektionen in Europa und den USA sowie erneuter Lockdowns zum Jahresende – wieder merklich zu.

Eurosystem weitet expansive Maßnahmen deutlich aus

Die Europäische Zentralbank (EZB) richtete die Geldpolitik im vergangenen Jahr nochmals deutlich expansiver aus. Die Leitzinsen wurden zwar nicht verändert. Allerdings weitete das Eurosystem die unkonventionellen Maßnahmen deutlich aus – insbesondere die Wertpapierkäufe. Insgesamt wurden 2020 Wertpapiere im Umfang von netto rund 1.087 Milliarden Euro erworben.

Darüber hinaus gestaltete die EZB die Konditionen für gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte nochmals attraktiver – etwa durch eine zeitliche Verlängerung des ausgesprochen günstigen Zinses für Ausleihungen. Zudem wurden die Anforderungen an notenbankfähige Sicherheiten gesenkt. So wurde Banken der Zugang zu Zentralbankgeld weiter erleichtert.

Trotz des massiven geldpolitischen Impulses schwächte sich die Inflation 2020 pandemiebedingt deutlich ab. Im Euroraum lag sie durchschnittlich bei nur 0,3 Prozent; 2019 lag sie noch bei 1,2 Prozent. Damit unterschritt die Teuerung das Ziel der EZB von unter, aber nahe 2 Prozent deutlich.

Renditen von Bundesanleihen, Monatsenddaten

in Prozent

10-jährige Restlaufzeit:

5-jährige Restlaufzeit:

2-jährige Restlaufzeit:

US-Geldpolitik überarbeitet geldpolitische Strategie

Als Reaktion auf die Corona-Pandemie erhöhte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Expansionsgrad ihrer Geldpolitik deutlich. Im März wurde das Ziel für die Federal Funds Rate in zwei Schritten von 1,5 bis 1,75 Prozent auf 0 bis 0,25 Prozent gesenkt. Erst bei Erreichen des Inflationsziels von 2 Prozent sollen die Zinsen wieder angehoben werden. Darüber hinaus erwarb die Fed im Rahmen verschiedener Programme Wertpapiere in erheblichem Umfang. Ihr Wertpapierportfolio stieg 2020 um rund 3 Billionen US-Dollar.

Neben diesen Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur stellte die Fed im August ihre neue geldpolitische Strategie vor. Sie wird in den kommenden Jahren zu einer höheren Inflationstoleranz führen. Das Inflationsziel bleibt zwar bei 2 Prozent, dieser Wert soll aber im Durchschnitt erreicht werden. Auf Phasen eines längeren Unterschreitens des Inflationsziels – wie in den vergangenen Jahren – sollen Phasen mit Preisanstiegen von mehr als 2 Prozent zugelassen werden, damit das Durchschnittsziel erreicht wird.

Grund für die deutliche Ausweitung des geldpolitischen Expansionsgrads ist der dramatische konjunkturelle Einbruch im Zuge der Corona-Pandemie. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung schnellten Ende März mit 6,9 Millionen auf ein bisher nicht dagewesenes Niveau. Im Durchschnitt lag die Arbeitslosenquote 2020 mit 8,1 Prozent deutlich um 4,4 Prozentpunkte über dem Durchschnitt des Vorjahres. Die Verbraucherpreise legten nur um 1,2 Prozent zu.

Breiter Rückgang der Umlaufrenditen deutscher Bundesanleihen

Im vergangenen Jahr gaben die Renditen deutscher Bundesanleihen, insbesondere im Segment lange Laufzeiten, deutlich nach. Im März wurden sogar historische Tiefstände notiert. Zum Jahresende rentierten Anleihen mit einer Restlaufzeit von dreißig Jahren bei –0,17 Prozent, 52 Basispunkte weniger als zum Ende des Vorjahres. Papiere mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren notierten bei –0,58 Prozent. Für Papiere mit einer Restlaufzeit von zwei Jahren lag die Umlaufrendite bei –0,71 Prozent. Das waren 39 beziehungsweise 11 Basispunkte weniger als Ende 2019.

Maßgeblich für diesen breiten Rückgang dürfte die Corona-Pandemie und der damit verbundene Einbruch der Konjunktur im Euroraum gewesen sein. Als Reaktion hierauf weitete das Eurosystem insbesondere die Anleihekäufe massiv aus. Eine etwaige Straffung des geldpolitischen Kurses dürfte auf absehbare Zeit nicht erfolgen.

Die Zinsaufschläge von Staatsanleihen anderer Euroraumländer im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen hatten sich zum Ende des ersten Quartals aufgrund der gestiegenen Unsicherheit bezüglich der konjunkturellen Entwicklung und der wirtschaftspolitischen Reaktion auf die Krise deutlich erhöht. Im weiteren Jahresverlauf bildeten sie sich jedoch wieder zurück. Zum Jahresende lagen sie sogar leicht unter den Vorjahreswerten. Einerseits stieg die Nachfrage nach europäischen Staatsanleihen aufgrund der ausgeweiteten Anleihekäufe des Eurosystems. Andererseits sank durch die Lastenteilung im Zuge des 500 Milliarden Euro schweren Hilfspakets und des 750 Milliarden Euro umfassenden Wideraufbaufonds NextGenerationEU die Wahrscheinlichkeit neuerlicher Schuldenschnitte im Euroraum. In den USA gaben die Renditen von Staatsanleihen ebenfalls nach. Hier sanken insbesondere die Zinsen kurzlaufender Anleihen. Aufgrund der zu Jahresbeginn noch positiven Kurzfristzinsen konnte die Fed auch mit Zinssenkungen auf den konjunkturellen Einbruch reagieren. Staatsanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit rentierten zum Jahresende bei 0,91 Prozent und damit rund 100 Basispunkte weniger als vor Jahresfrist.

Wechselkursentwicklung, US-Dollar pro Euro, Monatsdurchschnitt

DAX-Entwicklung, Indexpunkte, Monatsdurchschnitt

Euro wertet spürbar auf

Der Euro gewann im vergangenen Jahr deutlich an Außenwert. Gegenüber dem US-Dollar wertete der Euro im Jahresverlauf um 9,2 Prozent auf. Er notierte nach Angaben der EZB zum Jahresende bei 1,23 US-Dollar. Gegenüber den Währungen der 42 wichtigsten Handelspartner des Euroraums gewann der Euro 7,2 Prozent an Wert. Das vergangene Jahr lässt sich dabei grob in zwei Zeiträume unterteilen.

Zu Jahresbeginn wertete der Euro gegenüber dem US-Dollar ab. Bis Mitte Mai gab er um 3,9 Prozent nach und notierte bei 1,08 US-Dollar. Im Zuge der Corona-Pandemie stieg die Unsicherheit über die weltweite konjunkturelle Entwicklung. Die Nachfrage nach US-Dollar dürfte infolge der Wahrnehmung des US-Dollars als sicherer Hafen deutlich zugenommen haben. Dies belastete den Wert des Euro im Vergleich zum US-Dollar.

Mit sinkenden Infektionszahlen in Europa, der Rückführung von Infektionsschutzmaßnahmen und einer deutlichen konjunkturellen Belebung im dritten Quartal dürfte diese Funktion des US-Dollars zunehmend in den Hintergrund geraten sein. Der Euro wertete seither um 13,6 Prozent gegenüber dem US-Dollar auf. Zum Jahresende notierte er bei rund 1,23 US-Dollar. Hierzu dürfte auch die Erwartung steigender Inflation in den USA im Zusammenhang mit der im August verkündeten veränderten Strategie der Fed beigetragen haben. Die Wahl Joe Bidens zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten, eine demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus und eine mögliche Mehrheit im Senat ließen ein neuerliches Konjunkturpaket überdies wahrscheinlicher werden. Auch dies dürfte den Außenwert des US-Dollars kurzfristig belastet haben.

DAX nach Talfahrt auf neuem Allzeithoch

Insgesamt war das vergangene Jahr für Aktionäre durchaus rentabel. Der DAX legte im Jahresverlauf um 3,5 Prozent zu. Er schloss zum Jahresende bei rund 13.719 Punkten. Unterjährig war das Jahr allerdings von der Unsicherheit bezüglich des Verlaufs der Corona-Pandemie geprägt.

Zu Beginn des Jahres entwickelte sich der DAX positiv. Er schloss am 19. Februar mit 13.789 Punkten so hoch wie nie zuvor. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie brachen die Aktienpreisnotierungen jedoch ein. Am 11. März stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) COVID-19 als Pandemie ein. Ebenfalls im März einigten sich Bund und Länder auf einen Lockdown in Deutschland. Bis zum 18. März verlor der DAX rund 38,8 Prozent seines Werts.

Im weiteren Jahresverlauf erholte sich der Index jedoch. Die Wirtschaftspolitik stützte mit einer Vielzahl von Maßnahmen die Konjunktur. Infektionsschutzmaßnahmen wurden aufgrund geringerer Neuinfektionen zurückgeführt. Die Konjunktur zog im dritten Quartal spürbar an.

Der erneute Anstieg der Infektionen sowie der daraufhin beschlossene Teil-Lockdown ab November, der im Dezember verschärft wurde, ließen die Aktienmärkte jedoch nicht erneut einbrechen. Vielmehr beflügelten positive Nachrichten zur Wirksamkeit und Zulassung von COVID-19-Impfstoffen die Aktienpreisnotierungen. Am 28. Dezember schloss der DAX mit 13.790 sogar einen Indexpunkt über dem bisher höchsten Tagesendwert im Februar 2020. Positiv entwickelten sich 2020 insbesondere Werte, deren Güter oder Dienste aufgrund der Pandemie besonders gefragt waren. Die Papiere tourismusnaher Dienstleistungen waren aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen hingegen weniger gefragt.

Auch international beherrschte die Corona-Pandemie die Aktienmärkte. Weltweit brachen die Aktienpreisnotierungen im ersten Quartal ein. Allerdings unterschied sich die Geschwindigkeit der Erholung in den einzelnen Ländern erheblich. In den USA etwa schloss der S&P 500 bereits Mitte August wieder über dem Vorkrisenniveau. Zum Jahresende notierte der Index 16,3 Prozent über dem Vorjahresultimo.