Wirtschaftspolitik: Mehr Tempo!

Um Deutschland insgesamt wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen, muss die Investitionstätigkeit des privaten Sektors gestärkt werden. Für die Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität sind große Investitionen unverzichtbar. Zugleich sind sie nötig, um das Wohnungsangebot in den Ballungsräumen zu erhöhen sowie um die Industrie in Deutschland international wettbewerbsfähig zu halten. Kurzum: Mehr Tempo ist nötig! Deshalb sollte die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Super-Abschreibung beziehungsweise steuerliche Prämie für investitionswillige Unternehmen nun kommen.

Ein weiterer wichtiger Impuls für die Energiewende kann die seitens der Bundesregierung vorgesehene Neuaufstellung der Förderung erneuerbarer Energien sein. Parallel dazu müssen die Energie- und Strompreise wieder dauerhaft sinken. So kann die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und des Mittelstands weiter gestärkt werden. Es ist alarmierend, wenn namhafte DAX-Konzerne lieber Investitionen in den USA oder China ankündigen, als in Deutschland zu investieren. Hier sollte alles getan werden, um die Produktionsketten und letztlich auch energieintensive Unternehmen in Deutschland zu halten.

Nachhaltigkeit: je weniger Hürden, umso wirkungsvoller

Nachhaltigkeit ist und bleibt das große Thema unserer Zeit. Die Notwendigkeit zur Transformation unserer Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaneutralität wird nahezu überall gesehen und geteilt. Denn um für die nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten zu erhalten, müssen wir alle spürbare Beiträge zur Förderung nachhaltiger Lebensgrundlagen in den Regionen leisten. Der Investitionsbedarf ist enorm. Die Genossenschaftsbanken stehen bereit. Sie sind für die Wirtschaft und insbesondere für die vielen kleinen und mittleren Unternehmen, das Handwerk und die Landwirtschaft ein verlässlicher und stabiler Finanzierungspartner. Politik und Bankenaufsicht sollten allerdings darauf achten, die Wirtschaft und die Kreditvergabefähigkeit der Banken nicht mit ständig steigenden Regulierungskosten und bürokratischen Hürden zu überfordern. Klar ist: Mit ihrer regionalen Ausrichtung und ihrer engen Bindung an den Mittelstand sind die Genossenschaftsbanken prädestiniert für die Rolle des Transformationsbegleiters. Auch in ihrem eigenen Geschäftsbetrieb setzen sie zielstrebig auf eine weitere Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und die Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen.

Regulierung: Weniger ist oft mehr

Die Regulierungsdichte in Deutschland und auch in Europa nimmt leider weiterhin unvermindert zu. Das belastet die Wirtschaft, die Industrie und ganz besonders die vielen kleinen und mittelständischen Genossenschaftsbanken. Hier gilt es Augenmaß zu bewahren. Zugleich sollte die Praxistauglichkeit eilig auf den Weg gebrachter Gesetze intensiver geprüft werden. So etwa bei der Einführung der EU-Lieferkettenrichtlinie. Die Einhaltung und Durchsetzung von Nachhaltigkeitszielen und Menschenrechten in der gesamten Lieferkette kann nur erreicht werden, wenn die Richtlinie für Banken und Kunden handhabbar ist. Der Anwendungsbereich der Richtlinie muss daher stringent auf Praxistauglichkeit ausgelegt sein. Denn: Eine Bank kann auch nicht mehr prüfen als ihre direkten Kunden. Zumindest für Produkte und Dienstleistungen, die innerhalb der Europäischen Union bezogen werden, sollte zudem eine Konformitätsvermutung gelten.

Abwicklung und Einlagensicherung: Bewährtes bewahren!

Die EU-Kommission hat im April ein Legislativpaket für Änderungen des europäischen Rahmens für das Krisenmanagement von Banken vorgelegt. Dieser sieht auch die Abwicklung als Standardverfahren für Kreditinstitute unabhängig von ihrer Größe vor. Diese unnötige Ausweitung von Abwicklungsregeln würde Probleme schaffen, die bisher gar nicht bestehen. Überdies würden sie zu einer Verunsicherung von Kundinnen und Kunden führen, die zu Recht auf das nach der Finanzkrise etablierte und ausgewogene Zusammenspiel von Abwicklung für systemrelevante Banken einerseits und Einlagensicherung mit garantiertem Schutz von Einlagen in Höhe von 100.000 Euro für kleine und mittlere Institute andererseits vertrauen.

Auch der flankierende Vorschlag der Kommission, Abwicklungsmaßnahmen für Institute durch die nationalen Einlagensicherungssysteme finanzieren zu lassen und präventive Maßnahmen von institutsbezogenen Sicherungssystemen durch zusätzliche Anforderungen zu erschweren wird seitens des BVR klar und deutlich abgelehnt. Die Kommission versucht damit nämlich nicht weniger, als die vorerst gescheiterte Vergemeinschaftung der Einlagensicherung auf dem Umweg eines gleichgeschalteten Abwicklungsregimes zu erreichen. Wirklich nötige Anpassungen von Krisenmanagementregelungen werden durch solch politisch hoch umstrittene Vorschläge blockiert.

Konjunktur: Wachsam bleiben!

Das Jahr 2022 war ein mehrfach herausforderndes Jahr. Ein Jahr unter realen Stresstestbedingungen. Auch 2023 ist noch keine weitreichende Besserung in Sicht. Dennoch: Der konjunkturell befürchtete Wirtschaftseinbruch blieb aus. Für das laufende Jahr wird – bedingt durch den schwachen Jahresstart – ein Anstieg der Wirtschaftsleistung um nur 0,5 Prozent erwartet. Im Jahr darauf könnte die deutsche Wirtschaft wieder um 1,5 Prozent wachsen. Trotz dieser positiven Aussichten heißt es hier jedoch wachsam zu bleiben. Der Höhepunkt des Preisauftriebs ist zwar überwunden. Allerdings hat er sich bereits auf einen Großteil des Verbraucherpreisindex ausgeweitet. Dies bekommen nicht nur untere, sondern längst auch die mittleren Einkommensschichten deutlich zu spüren. Auch die sich beschleunigende Dynamik bei Lohnforderungen könnte zu einer weiteren Verfestigung der Inflation und zu gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen führen.

Zinsen: Rasche Kehrtwende mit Folgen

Für die Ertragslage von Banken sind höhere Zinsniveaus grundsätzlich gut. Die abrupt gestiegenen Zinsen führen jedoch zu temporären Marktwertverlusten, die es zunächst einmal zu verkraften gilt. Bei den Genossenschaftsbanken drückt sich dies im Bewertungsergebnis aus. Gut abgepolstert werden sie durch die im letzten Jahrzehnt regelmäßig erwirtschafteten hohen Erträge und die daraus gebildeten Kapitalrücklagen. Bis zu den erwartbaren Wertaufholungen und Bewertungsgewinnen federn diese den Effekt gut ab und sorgen für Stabilität. Ein weiterer Effekt der gestiegenen Zinsen ist im Kreditgeschäft erkennbar. So ist hier auch bei den Genossenschaftsbanken eine deutlich zurückgegangene Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen erkennbar.

AGB-Änderungen: Bürgerliches Gesetzbuch konkretisieren!

Seitdem der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im April 2021 den AGB-Änderungsmechanismus für unwirksam erklärt hat, erleben Banken und ihre Kundinnen und Kunden eine sehr bürokratische und Unsicherheit erzeugende Situation. Nahezu jedes Mal, wenn sich die Rahmenbedingungen eines Bankprodukts ändern, muss eine Bank von allen Produktkunden eine aktive Zustimmung dazu einholen. Dies führt dazu, dass Papierberge sowie jede Menge E-Mails verschickt werden müssen. Mit Nachhaltigkeit ist dies nicht vereinbar. Zudem fordert dies Kundinnen und Kunden sowie Bankberaterinnen und -berater gleichermaßen. Um dies zu verhindern, wäre eine Konkretisierung des Bürgerlichen Gesetzbuches sehr angebracht. Die Deutsche Kreditwirtschaft hat einen wissenschaftlich begutachteten Vorschlag eingereicht, um wieder mehr Rechtssicherheit sowie einen insgesamt unbürokratischeren Umgang mit sogenannten Dauervertragsverhältnissen zu erzielen.

Mitgliedschaft: Noch attraktiver!

Die Mitgliedschaft ist ein Alleinstellungs- und Wesensmerkmal der Genossenschaftsbanken in Deutschland. Die aktuelle Zahl beträgt 17,95 Millionen: Mehr als jede/jeder Fünfte ist Mitglied einer Genossenschaftsbank in Deutschland. Demografiebedingt sind dennoch die Mitgliederzahlen in den zurückliegenden Jahren etwas rückläufig. Deshalb hat die Gewinnung neuer Mitglieder für alle Institute hohe Priorität. So soll die Attraktivität der Mitgliedschaft weiter erhöht werden. Überdies soll der Erwerb von Geschäftsanteilen - voraussichtlich ab Mitte dieses Jahres - ganz einfach und fallabschließend per Onlinebanking oder VR Banking App möglich sein.