Genossenschaftsbanken expandieren im Kundengeschäft

Nach vielen Jahren des Aufschwungs verringerte sich der konjunkturelle Auftrieb in Deutschland 2019 merklich. Auch wenn das Wirtschaftswachstum deutlich geringer war als in den Vorjahren, konnten die 841 Volksbanken und Raiffeisenbanken, PSD Banken, Sparda-Banken sowie die sonstigen Genossenschaftsbanken 2019 weiter kräftig wachsen.

Solides Wachstum

Die positive Geschäftsentwicklung im Kredit- und Einlagengeschäft mit dem Mittelstand und den Privatkunden zeigt einmal mehr: Auch im Umfeld eines harten Wettbewerbs und bei sich abschwächender Konjunktur wachsen die Genossenschaftsbanken solide. Treiber im Kreditbereich war die rege Nachfrage nach langfristigen Wohnungsbaukrediten. Einkommenszuwächse, hohe Arbeitsplatzsicherheit, eine bessere Eigenkapitalausstattung der Unternehmen sowie das für die Kreditvergabe günstige Zinsniveau trugen besonders dazu bei, dass die Genossenschaftsbanken bei einer verantwortungsvollen Kreditvergabe mit ihren Kunden vermehrt ins Geschäft kamen. Die Kundenvolumina im Kredit- und Einlagengeschäft per Ende 2019 legten erneut deutlich zu: So stiegen die bilanziellen Kundenforderungen der Genossenschaftsbanken im Vorjahresvergleich um 36 Milliarden Euro (6,0 Prozent) auf 626 Milliarden Euro. Auch die Kundeneinlagen legten um 38 Milliarden Euro (5,5 Prozent) auf 735 Milliarden Euro zu. Die addierte Bilanzsumme aller Genossenschaftsbanken stieg um 50 Milliarden Euro auf 985 Milliarden Euro (+5,3 Prozent).

Jahresüberschuss: 2,2 Milliarden Euro

Das Teilbetriebsergebnis – als Ergebnis der operativen Geschäftstätigkeit – sank 2019 um 1,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Das Bewertungsergebnis entwickelte sich erfreulich. Nach –917 Millionen Euro (2018) erreichte es nun 479 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss vor Steuern lag bei 7,6 Milliarden Euro. Er war damit um 19,3 Prozent höher als 2018. Die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag erreichten 2,3 Milliarden Euro (2018: 2,1 Milliarden Euro). Nach Steuern verblieb damit ein Jahresüberschuss von 2,3 Milliarden Euro.

Kreditgeschäft: Ein Plus von 6,0 Prozent

Auch im Zuge der gedämpften Konjunktur in Deutschland vergaben die Genossenschaftsbanken 2019 weiterhin Kredite. So trugen sie maßgeblich zur stabilen Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft sowie der Privatpersonen bei. Der prozentuale Zuwachs im Kreditgeschäft der Genossenschaftsbanken lag bei 6,0 Prozent. Das ist ein Plus von 36 Milliarden Euro. Insgesamt gaben die Genossenschaftsbanken Kredite in Höhe von 626 Milliarden Euro heraus. Damit knüpften sie an die Rekordmarken der letzten Jahre an. Wachstumstreiber waren erneut die langfristigen Forderungen. Sie machen knapp neun Zehntel aller vergebenen Kredite aus. Das langfristige Ausleihungsvolumen wuchs mit 5,8 Prozent (31 Milliarden Euro) auf 552 Milliarden Euro. Aber: Auch die kurz- und mittelfristigen Forderungen legten deutlich zu. Insgesamt stiegen die Kredite im kurz- und mittelfristigen Laufzeitband um 4,1 beziehungsweise 10,9 Prozent auf 36 beziehungsweise 38 Milliarden Euro.

Kundeneinlagen: 5,5 Prozent Zuwachs

Die Kundeneinlagen sind in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. Positiv wirkten sich die kontinuierlichen und soliden Einkommenssteigerungen aufgrund der guten Arbeitsmarktlage auf das Einlagenwachstum aus. Ebenso begünstigten die stabile und zuletzt sogar steigende Sparquote sowie die besondere Vorliebe der Kunden für sichere und liquide Anlageformen das Wachstum: Das Einlagengeschäft der Genossenschaftsbanken zeigte auch 2019 ein erfreuliches und stabiles Wachstum. Innerhalb der fortbestehenden Niedrigzinsphase fiel die Entwicklung jedoch ausgesprochen heterogen aus. Täglich fällige Kundeneinlagen (Sichteinlagen) machten den überwiegenden Teil der Zuflüsse aus. Länger laufende, weniger liquide Kundeneinlagen verzeichneten hingegen deutliche Abflüsse im Bereich von Termineinlagen und Sparbriefen. Lediglich die Spareinlagen konnten leicht zulegen. Ein Grund für die weitere Verkürzung der Fristigkeiten der Kundeneinlagen lag auch darin, dass Kunden in Erwartung steigender Zinsen nicht bereit waren, hier langfristige Zinsbindungen einzugehen. Da die extreme Niedrigzinsphase anhalten dürfte – eine Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten – ist mit einer Fortsetzung dieses Trends zu rechnen.

Insgesamt steigerten die Genossenschaftsbanken ihre Kundeneinlagen 2019 um 38 Milliarden Euro (5,5 Prozent) auf 735 Milliarden Euro. Treiber dieses starken Zuwachses waren die täglich fälligen Verbindlichkeiten. Sie stiegen um insgesamt 39 Milliarden Euro (8,6 Prozent) auf 497 Milliarden Euro. Mehr als zwei Drittel der Kundeneinlagen der Genossenschaftsbanken sind damit kurzfristige Sichteinlagen. Der Termineinlagenbestand der Genossenschaftsbanken lag Ende 2019 bei 45 Milliarden Euro und damit 4,0 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Spareinlagen blieben mit einem Wachstum von 0,7 Prozent weitgehend konstant bei 187 Milliarden Euro. Der Bestand an Sparbriefen sank deutlich um 11,4 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro.

Bilanzsumme: Weiter im Aufwind

Die (aggregierte) Bilanzsumme aller Genossenschaftsbanken erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 5,3 Prozent auf 985 Milliarden Euro. Die durchschnittliche Bilanzsumme je Institut lag 2019 bei 1.171 Millionen Euro (2018: 1.069 Millionen Euro). Die Spannweite bei den Bilanzsummen reicht unter den Genossenschaftsbanken von 17 Millionen Euro für die kleinste bis zu knapp 50 Milliarden Euro für die größte Kreditgenossenschaft.

Eigenkapital: Deutliches Plus

Den Genossenschaftsbanken ist es 2019 gelungen, das bilanzielle Eigenkapital mit einem deutlichen Plus von 3,7 Prozent auf 54 Milliarden Euro zu steigern. Die Rücklagen legten um 3,5 Prozent auf 41 Milliarden Euro zu. Die Geschäftsguthaben (gezeichnetes Kapital) wuchsen um 4,4 Prozent auf 13 Milliarden Euro. Mit einer Eigenkapitalquote von 5,5 Prozent – berechnet als bilanzielles Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme – verfügen die Genossenschaftsbanken über ausreichende Wachstumsspielräume, um den Kreditwünschen von Privat- und Firmenkunden gleichermaßen gerecht zu werden.

841 Genossenschaftsbanken

Der Konsolidierungsprozess unter den Instituten setzte sich gegenüber den Vorjahren leicht abgeschwächt fort. Die Zahl der selbstständigen Genossenschaftsbanken lag Ende 2019 bei 841 Banken. Sie sank gegenüber 2018 fusionsbedingt um 34 Institute (3,9 Prozent). 2018 nahm die Zahl der Banken noch um 40 (2017: 57) Institute ab. Jede zehnte Bank betrieb neben dem Bankgeschäft auch das Warengeschäft. Im zurückliegenden Geschäftsjahr nahm ihre Zahl von 89 auf 84 Institute ab. Das ist ein Rückgang um 5,6 Prozent.

Vernetzte Angebote, weniger Zweigstellen

Weiterhin stehen das laufende und das kommende Jahr im Zeichen der Digitalisierungsoffensive und ihrer möglichst breiten Umsetzung. Schrittweise werden immer mehr digitale Angebote und Services den Mitgliedern und Kunden zur Verfügung gestellt. Im Zentrum: die neue Omnikanalvertriebsplattform. Sie bildet die Grundlage unterschiedlicher Leistungspakete, um so schnellstmöglich ein optimal vernetztes Angebot in allen Vertriebskanälen anbieten zu können. Digital-persönliches Banking im KundenServiceCenter (KSC) wird zudem verstärkt angeboten. Die durch die Digitalisierung und KSC verminderten Kundenkontakte in der Filiale drücken sich auch im Strukturwandel bei den personenbesetzten Zweigstellen aus.Ihre Zahl sank um 480 auf 8.503. Das ist ein Rückgang um 5,3 Prozent.

Filialen: Kernfunktionen werden gestärkt

Zugleich werden Kernfunktionen der Zweigstellen/Filialen wie bediente Service- und Beratungsfunktion in den verbleibenden Filialen gestärkt. Deutlich wird dies auch durch den Abbau von Kleinstfilialen mit bis zu drei Mitarbeitern. Sie sind in den letzten Jahren auf etwas mehr als vier Zehntel aller Zweigstellen gesunken. Gleichzeitig stieg die Zahl größerer Filialen mit mehr als drei Mitarbeitern auf rund sechs Zehntel. Teilweise wurden personenbesetzte Kleinstfilialen in SB-Stellen umgewandelt. So stieg die Zahl der SB-Stellen um 135 (3,6 Prozent) auf 3.935 (2018: 3.800). Die Zahl der Bankstellen (Hauptstellen plus personenbesetzte Zweigstellen) sank um 514 (5,2 Prozent) auf 9.344 Bankstellen.

Mitgliederzahl bleibt konstant

Nach vielen Jahren deutlicher Mitgliederzuwächse konnten die Genossenschaftsbanken 2019 netto erstmals keinen weiteren Mitgliederzuwachs verzeichnen. Aktuell beträgt die Zahl der Mitglieder 18,54 Millionen (2018: 18,56 Millionen). Der Grund: Angesichts der hervorragenden Eigenkapitalsituation durch Dotierung der offenen Rücklagen und stillen Reserven sowie des in Zeiten der Niedrigzinsen mit 3,8 Prozent überdurchschnittlich verzinsten Geschäftsguthabens haben die Banken nicht mehr verstärkt um Mitglieder geworben.

Stärkung der Rücklagen

Die Genossenschaftsbanken erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2019 einen vorläufigen Jahresüberschuss nach Steuern von 2,2 Milliarden Euro. Das ist ein Zuwachs um 21,1 Prozent beziehungsweise 0,4 Milliarden Euro gegenüber 2018.

Die Profitabilität der Genossenschaftsbanken im operativen Bereich ging leicht zurück. Rückläufige Zinserträge und steigende Kosten konnten trotz nochmals sinkender Zinsaufwendungen und einer Ausweitung im Provisionsergebnis nicht kompensiert werden. Das Teilbetriebsergebnis reduzierte sich so um 1,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro beziehungsweise 0,72 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS). Die bundesweite DBS stieg 2019 deutlich auf 957 Milliarden Euro.

Der Zinsüberschuss der Genossenschaftsbanken ist weiter rückläufig. Allerdings blieb der Rückgang 2019 mit –0,6 Prozent auf 16,3 Milliarden Euro relativ moderat. Dies lag vor allem am weiterhin regen Kreditwachstum. Die Zinserträge verringerten sich um 2,4 Prozent auf 19 Milliarden Euro beziehungsweise 1,98 Prozent der DBS. Prozentual deutlicher konnte der Zinsaufwand mit –12,1 Prozent oder –0,4 Milliarden Euro auf 2,7 Milliarden Euro reduziert werden, was den Rückgang im Zinsertrag teilweise kompensierte.

Der Provisionsüberschuss stieg im Berichtszeitraum um 5,7 Prozent beziehungsweise 296 Millionen Euro auf 5,5 Milliarden Euro. Die Haupterlösquellen waren wieder der Zahlungsverkehr und das Vermittlungsgeschäft mit den Unternehmen der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Die Vermittlungsprovisionen stiegen um 8,7 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro. Das außerbilanzielle Kundenvolumen insgesamt wuchs erneut kräftig um insgesamt 12,8 Prozent auf 480 Milliarden Euro.

Auf der Kostenseite stiegen die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen bei den Genossenschaftsbanken 2019 nur mäßig um 2,2 Prozent auf 14,8 Milliarden Euro. Die Kostenspanne verringerte sich von 1,59 auf 1,55 Prozent der DBS. Dabei reduzierte sich der Personalaufwand leicht um 0,5 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro. Insgesamt beschäftigten die Genossenschaftsbanken zum Jahresende 140.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 8.300 Auszubildende. Damit liegt die Zahl der Beschäftigten um 2.850 (2 Prozent) niedriger als im Vorjahr. Dieser Rückgang wurde wie in den Vorjahren nahezu ausschließlich durch Altersfluktuation erreicht. Die anderen Verwaltungsaufwendungen stiegen 2019 um 6,1 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Die Aufwand-Ertrags-Relation (Cost-Income-Ratio) verschlechterte sich um 1,2 Prozentpunkte auf 68,3 Prozent.

Das Teilbetriebsergebnis – als Ergebnis der operativen Geschäftstätigkeit – sank 2019 um 1,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. In der Folge reduzierte sich das Betriebsergebnis vor Bewertung (bestehend aus Teilbetriebsergebnis, Saldo der sonstigen betrieblichen Erträge und Aufwendungen sowie Warenergebnis) im Vergleich zum Vorjahr um 2,1 Prozent auf 7,3 Milliarden Euro. Das Bewertungsergebnis der Genossenschaftsbanken fiel 2019 mit 479 Millionen Euro deutlich positiver aus als im Vorjahr. Im Kreditgeschäft gab es moderate Abschreibungen in Höhe von 96 Millionen Euro.

Trotz der Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Deutschland ging die Zahl der Unternehmens- und Verbraucherinsolvenzen leicht zurück. Zwei Drittel der Unternehmenskredite der Institute wurden in den binnenwirtschaftlich ausgerichteten und weiter wachsenden Sektoren Bau und Dienstleistungen vergeben. Im Wertpapierbereich fiel das Bewertungsergebnis mit 766 Millionen Euro aufgrund der allgemeinen Kurserholung an den Finanzmärkten positiv aus. Ende 2019 bildeten die Genossenschaftsbanken Vorsorgereserven gemäß § 340 f Handelsgesetzbuch (HGB) in Höhe von 191 Millionen Euro.

Das Betriebsergebnis nach Bewertung konnte so um 1,2 Milliarden Euro auf 7,8 Milliarden Euro gesteigert werden. Der voraussichtliche Jahresüberschuss vor Steuern lag bei 7,6 Milliarden Euro und damit um 19,3 Prozent höher als 2018. Die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag erreichten 2,3 Milliarden Euro (2018: 2,1 Milliarden Euro). Dem Fonds für allgemeine Bankrisiken führten die Genossenschaftsbanken 2019 circa 3,1 Milliarden Euro zu. Die bereits solide Eigenkapitalausstattung der Institute wurde durch diese Dotierung erneut gestärkt. Nach Steuern verblieb damit ein voraussichtlicher Jahresüberschuss von 2,2 Milliarden Euro.

2020: Schwächeres Ergebnis erwartet

Die derzeit kaum einzuschätzenden Folgen der Coronavirus-Pandemie und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen sowohl auf der Angebots- als auch der Nachfrageseite verursachen deutliche Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Sie werden auch die Kunden der Genossenschaftsbanken treffen.Durch die geschwächte Konjunktur dürfte 2020 ein höherer Bedarf an Abschreibungen und Wertberichtigungen im Kreditgeschäft sowie im Wertpapierbereich der Banken zu erwarten sein. Zudem fordern die andauernde Niedrigzinspolitik sowie die notwendigen Investitionen in die Digitalisierung und die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle die Institute der genossenschaftlichen FinanzGruppe betriebswirtschaftlich stark. Aus heutiger Sicht ist damit für 2020 mit einem schwächeren Ergebnis zu rechnen.