Corona, Engpässe, Inflation treiben die Märkte

Der Verlauf der Corona-Pandemie prägte im Jahr 2021 nicht nur das wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenleben, sondern auch die Entwicklung der Finanzmärkte. Zum Jahresbeginn belasteten die gesellschaftlichen Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie die Wirtschaft erheblich (ebenso wie zum Jahresende). Die wirtschaftlichen Perspektiven erschienen jedoch aufgrund der Entwicklung und Zulassung mehrerer Impfstoffe gegen das Coronavirus positiv. Im Frühjahr kam es dann zu der erwarteten dynamischen Belebung der Konjunktur. Das Wirtschaftswachstum fiel aber bei Weitem nicht so hoch aus wie zuvor erwartet. Die Konjunktur wurde durch gravierende Materialengpässe gedämpft, die zahlreiche Industriezweige betrafen.

Gleichzeitig stieg die Inflation ab Mitte des Jahres deutlich. Neben den Materialengpässen waren hierfür auch steigende Energiepreise und mehrere temporäre Sonderfaktoren verantwortlich. In der zweiten Jahreshälfte rückte die Debatte über die Gefahr einer Verfestigung der Inflation in den Fokus. Mehrere Notenbanken strafften ihren geldpolitischen Kurs. Die Fed kündigte im Dezember einen schnelleren Ausstieg aus ihren Anleihekäufen an als zuvor geplant. Die Bank of England erhöhte als erste der großen Notenbanken ihren Leitzins. Demgegenüber gab die EZB noch kein klares Bekenntnis zu einem Ausstieg aus ihrer Minuszinspolitik.

Fed bereitet sich auf Zinswende vor

In den USA zeigte sich die Konjunktur robust, auch unter dem Einfluss des massiven, rund 2 Billionen US-Dollar schweren Konjunkturpakets des neuen Präsidenten Joe Biden. Gleichzeitig stieg die Inflation. Sie bewegte sich ab dem Frühjahr über der Marke von 5 Prozent. Im Dezember erreichte sie mit 7,0 Prozent ihr höchstes Niveau seit Anfang der 1980er-Jahre. Der Anstieg wurde zwar zum Teil durch vorübergehende Sonder- und Basiseffekte verursacht, mehr und mehr setzte sich aber die Erwartung durch, dass die Inflation auch im Jahr 2022 hoch bleiben würde.

Im November beschloss der Offenmarktausschuss der Fed, das monatliche Nettokaufvolumen an Anleihen von 120 Milliarden Dollar um monatlich 15 Milliarden Dollar zu vermindern (Tapering). Die Notenbank kündigte dabei ein flexibles Vorgehen entsprechend des konjunkturellen Umfelds an. Bei einer gleichmäßigen Rückführung wären die Neukäufe von Anleihen Mitte 2022 ausgelaufen.

Aufgrund der gestiegenen Inflationsrisiken legte die Fed aber bereits im Dezember nach. Sie beschloss einen schnelleren Ausstieg aus den Nettoanleihekäufen als noch im November. Diesen Plan befolgte die Fed auch und beendete ihre Nettokäufe Anfang März 2022. Die Leitzinsen ließ die Fed im Dezember unverändert. Allerdings deuten die Zinsprognosen der Mitglieder des geldpolitischen Entscheidungsgremiums im Mittel auf ein Leitzinsniveau von 1,6 Prozent im Jahr 2023 und 2,1 Prozent im Jahr 2024 hin und lassen somit mehrere Zinsschritte im Jahr 2022 als wahrscheinlich erscheinen, von denen der erste am 16. März 2022 erfolgte.

Renditen von Bundesanleihen, Monatsenddaten

in Prozent

10-jährige Restlaufzeit:

5-jährige Restlaufzeit:

2-jährige Restlaufzeit:

EZB hadert mit Inflationsgefahren

Die EZB setzte ihren ultralockeren geldpolitischen Kurs im Jahr 2021 fort. Ein wesentlicher Pfeiler hierfür waren massive Anleihekäufe im Rahmen des seit 2014 laufenden Anleihekaufprogramms APP und der im März 2020 beschlossenen zusätzlichen Käufe im Rahmen des pandemiebedingten Notfall-Anleihekaufprogramms PEPP. Die Anleihebestände in den Büchern der EZB erhöhten sich beim APP um rund 200 Milliarden Euro auf 3.100 Milliarden Euro und beim PEPP um 840 Milliarden Euro auf rund 1.600 Milliarden Euro. Zusammengenommen erreichten die Anleihebestände ein Niveau von knapp 40 Prozent des Euroraum-Bruttoinlandsprodukts.

Dem Anstieg der Inflationsrate auf Werte jenseits der 2-Prozent-Marke zu Beginn der zweiten Jahreshälfte und im Dezember auf 5,0 Prozent in der Spitze begegnete die EZB zunächst mit Gelassenheit. Noch Anfang November verwies sie auf die Sonderfaktoren und den mittelfristig nur verhaltenen Inflationsausblick. In den daran anschließenden Wochen geriet das Risiko einer Verfestigung der Inflation stärker in den Blick. In der Ratssitzung im Dezember unternahm die EZB allerdings nur erste, zaghafte Schritte in Richtung einer Zinswende. Wie erwartet wurde ein reguläres Ende des pandemiebedingten Notfall-Anleihekaufprogramms PEPP zum März 2022 angekündigt, während das pandemieunabhängige Kaufprogramm APP für das Frühjahr 2022 zunächst noch einmal aufgestockt wurde. Ein Enddatum für das Programm wurde 2021 nicht beschlossen, folgte aber im März 2022 infolge der kriegsbedingten Preisschübe. Auch eine von EZB-Präsidentin Christine Lagarde 2021 noch als „sehr unwahrscheinlich“ bezeichnete Zinserhöhung im Jahr 2022 ist inzwischen vorstellbar.

Im Juli 2021 beschloss der EZB-Rat eine Überarbeitung seiner geldpolitischen Strategie. Insgesamt blieben die Veränderungen moderat. Alles in allem dürften sie aber in der aktuellen Situation zu einer leichten Erhöhung der Inflationserwartungen beitragen. Die EZB strebt nun mittelfristig eine Inflationsrate von 2 Prozent an. Zuvor war als Ziel eine Teuerungsrate von unter, aber nahe 2 Prozent formuliert worden. Zudem sollen perspektivisch in den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), der zur Messung des vorrangigen Ziels der Geldpolitik verwendet wird, die Kosten selbst genutzten Wohneigentums einbezogen werden. Bislang werden nur Mietkosten erfasst. In der aktuellen Situation könnte dies nach Proberechnungen der europäischen Statistikbehörde Eurostat die ausgewiesene Inflationsrate um knapp 0,25 Prozentpunkte erhöhen. Allerdings sind mit der Umsetzung dieses Vorschlags zahlreiche methodische Herausforderungen verbunden, die noch gelöst werden müssen.

Anleiherenditen im Aufwind

Die Entwicklungen rund um die Pandemie waren für die Anleihemärkte im Jahr 2021 ein zentraler Treiber. In Phasen größerer Unsicherheit über den Fortgang der Pandemie und damit verbundene Belastungen der Konjunktur stiegen die Kurse. Entsprechend fielen die Renditen. Umgekehrt ging es mit den Kursen abwärts, wenn sich die Perspektiven aufhellten. Gleichzeitig sorgten die Anleihekäufe der EZB im Rahmen des seit 2014 bestehenden Programms APP und des Pandemie-Notfallanleihekaufprogramms PEPP durchgängig für Abwärtsdruck auf die Renditen.

Unter dem Eindruck steigender Impfquoten und dem Ende des Lockdowns tendierten die Renditen vom Jahresbeginn bis zum Frühjahr aufwärts. Die zehnjährige Bundrendite erhöhte sich von –0,54 Prozent zum Jahresbeginn auf in der Spitze –0,11 Prozent im Mai. Bis zum Spätsommer ging es mit den Renditen dann wieder bergab. Treiber war der für die Pandemiebekämpfung unzureichende Impffortschritt. Nach einem erneuten Anstieg der Renditen bis in den Oktober hinein mit einem Hoch von –0,12 Prozent ging es dann mit den Sorgen vor der vierten Viruswelle im Herbst und dem Auftauchen der Omikron-Variante mit den Renditen wieder bergab.

Zum Jahresende waren es dann die Notenbanken, die einen erneuten Anstieg der Renditen auslösten. Die Fed straffte im Dezember ihren erst im November festgelegten Tapering-Plan deutlich. Damit wurden an den Märkten mehrere Zinsschritte der US-Notenbank im Jahr 2022 für wahrscheinlich gehalten, was die Renditen nach oben zog. Gleichzeitig erhöhte sich der Druck auf die EZB, dem US-Vorbild zu folgen und einen konkreten Ausstiegsplan vorzulegen. Obgleich die europäischen Währungshüter wenig greifbare Signale in diese Richtung vorlegten, bewegten sich die Renditen zum Jahresende auch im Euroraum deutlich nach oben.

Zum Jahresende lag die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen bei –0,18 Prozent. Sie hatte sich damit über das gesamte Jahr hinweg wieder sichtbar Richtung der 0-Prozent-Marke bewegt. Ein Jahr zuvor lag die Rendite noch 40 Basispunkte niedriger. In den USA lag die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen zum Jahresultimo bei 1,50 Prozent, 59 Basispunkte höher als ein Jahr zuvor. Der transatlantische Zinsspread erhöhte sich dadurch im Jahresverlauf wieder, nachdem er sich im Jahr 2021 im Vorjahresvergleich verengt hatte.

Wechselkursentwicklung, US-Dollar pro Euro, Monatsdurchschnitt

DAX-Entwicklung, Indexpunkte, Monatsdurchschnitt

Euro schwächt sich ab, türkische Lira im Abwärtsstrudel

Die europäische Gemeinschaftswährung schwächte sich im Jahresverlauf gegenüber dem US-Dollar moderat ab. Eine wesentliche Ursache hierfür waren die unterschiedlichen Wachstums- und Zinsperspektiven der beiden Währungsräume. Die Fed gab im Jahresverlauf immer deutlichere Signale auf einen Ausstieg aus ihrem Anleihekaufprogramm und daran anschließende Zinserhöhungen. Die EZB beschloss im Dezember einen Ausstieg aus ihrem pandemiebedingten Notfallanleihekaufprogramm PEPP im März 2022. Sie legte sich aber auf keinen Endtermin der verbleibenden Anleihekäufe im Rahmen des pandemieunabhängigen Kaufprogramms APP fest. Ein Ende der Anleihekäufe wurde von ihr als Voraussetzung für Zinserhöhungen genannt. Zum Jahresschluss notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,1326 US-Dollar, das waren 7,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Für viel Wirbel sorgte auf den Devisenmärkten die türkische Lira. Angesichts einer durchgängig sehr hohen Inflation führte der vergleichsweise niedrige Notenbankzins zu einem fortwährenden Abwärtsdruck auf die Währung. Die Verbraucherpreisinflation stieg von 15 Prozent im Januar auf 36 Prozent im Dezember. Der Leitzins, der noch im März von 17 auf 19 Prozent erhöht worden war, wurde bis zum Jahresende in vier Schritten auf 14 Prozent verringert. Staatspräsident Recep Erdoğan begleitete die Abwärtsbewegung der Lira mit markigen Kommentaren und unkonventionellen Analysen. Hierzu zählte die Auffassung, dass der Währungsabwertung mit Zinssenkungen wirksam begegnet werden könne. Im Dezember garantierte er den Bürgern einen Ausgleich auf die Abwertungsverluste ihrer Einlagen. Zum Ende des Jahres kostete der Euro 15,2335 Lira, die währungspolitische Geisterfahrt führte damit zu einer Abwertung der türkischen Lira gegenüber dem Euro um 67 Prozent im Vergleich zum Vorjahresultimo.

DAX schließt mit solidem Plus

Das Aktienjahr 2021 war zweigeteilt. In der ersten Jahreshälfte konnte der DAX substanzielle Zuwächse erzielen. Eine Triebfeder waren die Erfolge von Pharmakonzernen, die wirksame Coronaimpfstoffe herstellen konnten. Damit verbunden war die Erwartung einer schnellen Erholung der Wirtschaft und einer Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens. Wichtige Impulse gingen auch von dem gigantischen Fiskalpaket des im Januar 2021 inaugurierten US-Präsidenten Joe Biden aus. Der DAX überwand Ende März erstmals die Marke von 15.000 Punkten und lag am Ende der ersten Jahreshälfte bei 15.531,04 Punkten, dies entspricht einem Plus zum Jahresbeginn von 13,2 Prozent. Nicht an dem Boom teilhaben konnten Unternehmen aus dem Freizeit- und Reisebereich.

In der zweiten Jahreshälfte blieb die Aufwärtstendenz zwar erhalten, die Dynamik nahm jedoch deutlich ab. Die Impfkampagnen verloren nach anfänglichen Erfolgen merklich an Fahrt. Damit erfüllten sich die Hoffnungen auf eine Herdenimmunität nicht. Auch bremsten die ausgeprägten Materialknappheiten aufgrund von Störungen der internationalen Lieferketten und der außergewöhnlich hohen globalen Nachfrage die Wirtschaft deutlich stärker, als noch im Frühjahr erwartet. Die Inflation erwies sich infolgedessen als langwieriger. Dies belebte die Debatte um einen geldpolitischen Kurswechsel, die dann zum Jahresende hin zu einer festeren Geldpolitik in mehreren großen Volkswirtschaften führte. Die Fed entschied sich, ihre Anleihekäufe schneller als zunächst geplant zurückzuführen und die Bank of England erhöhte als erste der großen Notenbanken den Leitzins.

Trotz dieser belastenden Entwicklungen erzielte der DAX im November mit 16.251 Punkten noch einen historischen Höchststand. Bis zum Jahresende gab er dann wieder etwas nach. Negativ auf die Aktienkurse wirkte zum Ende des Jahres vor allem die neue Coronavariante Omikron. Diese wurde zwar schon früh mit weniger schweren Krankheitsverläufen verbunden, erwies sich aber gleichzeitig als deutlich ansteckender. Daher wurde mit Omikron die Sorge breiter Produktionsausfälle verbunden, ähnlich wie bei einem wirtschaftlichen Lockdown. Zum Jahresende schloss der DAX mit 15.884,86 Punkten, damit lag er 2,3 Prozent höher als zur Jahresmitte. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Zuwachs um 15,8 Prozent. Im gleichen Zeitraum legte der Dow Jones um 18,7 Prozent auf 36.338,30 Punkte zu.