Internationales Jahr der Genossenschaften 2025:
„Cooperatives Build a Better World“
Die Vereinten Nationen (UN) haben das Jahr 2025 zum „Internationalen Jahr der Genossenschaften“ ausgerufen. „Cooperatives Build a Better World“, lautet das Motto der UN. Sie will damit weltweit auf die besondere Kraft und Modernität von Genossenschaften hinweisen.
„Genossenschaften sind die Lösung für viele globale Herausforderungen unserer Zeit. Sie tragen entscheidend dazu bei, die nachhaltigen Entwicklungsziele der Weltgemeinschaft zu erreichen. Sie fördern regionales Unternehmertum, ermöglichen den Zugang zu Märkten und bekämpfen weltweit Armut und soziale Ausgrenzung. Genossenschaften gestalten eine bessere Welt“, betonte UN-Generalsekretär António Guterres beim internationalen Weltkongress der Genossenschaften im November 2024.
Demokratie, Miteinander und Mitbestimmung sind die Kernelemente einer jeden Genossenschaft und einer jeden Genossenschaftsbank. Die Entscheidung der UN für dieses Jahr ist insofern ein international sehr wegweisender und begrüßenswerter Beschluss. Denn: Genossenschaften sind Stabilitätspfeiler für die Wirtschaft und für Gesellschaften im 21. Jahrhundert. Sie setzen auf Einbindung statt Ausgrenzung sowie auf langfristig tragende Strukturen statt auf kurzfristige Effekte. Die Genossenschaftsbanken in Deutschland sind ein sehr gutes Beispiel dafür, wie dauerhaft und stabilisierend genossenschaftliche Strukturen Regionen prägen und tragen können. Das ganze Jahr hindurch werden auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken das Internationale Jahr der Genossenschaften(#IYC2025) begleiten und bei vielen Gelegenheiten und Anlässen immer wieder auf ihre genossenschaftlichen Besonderheiten und ihre genossenschaftlichen Werte hinweisen.
Wirtschaftspolitik:
Augenmaß wahren, Fortschritt ermöglichen
Bei der geänderten sicherheitspolitischen Lage und mit Blick auf die anhaltende Wachstumsschwäche Deutschlands ist es verständlich, dass Union und SPD deutlich mehr in Infrastruktur und Verteidigung investieren wollen. Es ist richtig, hier die staatlichen Verschuldungsspielräume mittelfristig zu erhöhen. Gleichzeitig sollte dies aber auch mit tiefgreifenden Strukturreformen und Einsparungen einhergehen. Nur so kann eine Gefährdung der langfristigen Stabilität der Staatsfinanzen auf Kosten künftiger Generationen vermieden werden.
Klar ist: Das Mitte März beschlossene Finanzpaket ist ein Vertrauensvorschuss für weitreichende Reformen zur Modernisierung der Verwaltung und zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Mit Geld allein lassen sich die Herausforderungen Deutschlands gewiss nicht lösen. Die Digitalisierung der Verwaltung muss erheblich beschleunigt, die Bürokratie drastisch verringert sowie die Arbeits- und Investitionsanreize müssen deutlich gestärkt werden. Mit der unbefristeten Ausnahmeklausel für Verteidigungsausgaben wird die Schuldenbremse weitgehend ausgehöhlt. Angesichts der Bedeutung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands mag das kurzfristig alternativlos sein. Es ist aber dringend erforderlich, dies in den kommenden Jahren kritisch zu überprüfen, damit die Stabilität der Staatsfinanzen in Deutschland nicht langfristig gefährdet wird.
Was die Arbeit der neuen Regierung angeht, sollten aus BVR-Sicht drei Themen ganz oben auf der Agenda stehen. Erstens: Vorfahrt für private Investitionen. Dazu gehören Steuererleichterungen für den Mittelstand, niedrigere Energiepreise und deutlich stärkere Arbeitsanreize. Zweitens: ein drastischer Bürokratie-Rückbau. Dieser ist in Deutschland, aber auch in der Europäischen Union geboten. Die Zeit der kleinteiligen Regulierung muss vorbei sein. Ordnungspolitische Leitplanken statt eines steuernden Staates sind dafür nötig. Drittens: eine entschlossene Agenda für ein starkes Europa.
Nachhaltigkeit:
Mehr Anreize, weniger Regulatorik
Die klimaneutrale Transformation Europas erfordert nicht nur enorme Investitionen, sondern auch einen umfassenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel. Als verlässliche Finanzierungspartner spielen die Volksbanken und Raiffeisenbanken hierbei insbesondere für den Mittelstand, das Handwerk und die Landwirtschaft eine entscheidende Rolle. Ihre regionale Verankerung und die enge Zusammenarbeit mit kleinen und mittleren Unternehmen ermöglichen es ihnen, die Transformation der Wirtschaft als Kreditgeber aktiv zu begleiten und nachhaltige Projekte zielgerichtet zu unterstützen. Dies umfasst auch die Umsetzung neuer Konzepte für Mobilität und Gebäudewirtschaft.
Die Bankenregulierung kann dabei unterstützen, die geschäftspolitischen Chancen, die mit der Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft verbunden sind, in Wirkung zu bringen. Hierzu ist es aber unerlässlich, dass die derzeit in der Europäischen Union diskutierten Vorschläge zur Verschlankung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und Offenlegung („Omnibus 1“) ihre Entsprechung auch in den bankspezifischen Anforderungen finden. Damit die beabsichtigten Entlastungen für Unternehmen greifen, sollten Gesetzgeber und Regulator im Blick behalten, dass es nicht zu einem Trickle-down-Effekt und einer Datenerfassungspflicht durch die Hintertür kommt. Das eigentliche Ziel sollte im Blick behalten werden: Die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollte einen Mehrwert bieten. Sie soll die erforderliche Nachhaltigkeitstransformation unterstützen und nicht nur um ihrer selbst willen existieren. Denn allein durch die Erfassung von Daten und dem Schreiben von Berichten ist noch kein einziger Euro in die Transformation geflossen.
Sustainable Finance lässt sich in einer marktwirtschaftlichen Ordnung nicht per Gesetz erzwingen. Es muss sich ökonomisch lohnen. Nur dann werden die Kapitalströme effektiv in die Transformation der Wirtschaft fließen.
Personalmanagement:
Strategie zur Gewinnung, Bindung, Entwicklung von Personal
Die deutsche Bankbranche sieht sich, wie viele andere Wirtschaftssektoren, mit einer der zentralen Herausforderungen unserer Zeit konfrontiert: dem Fachkräftemangel. Für alle Banken ist es schwieriger geworden, qualifizierte Mitarbeitende zu rekrutieren und zu halten. Um dem konzertiert zu begegnen, hat die genossenschaftliche FinanzGruppe die „Initiative Strategisches Personalmanagement“ aufgesetzt. Diese soll über das strategische Zielbild Personal die Institute der Gruppe unterstützen, eigenständig Maßnahmen zur Gewinnung, Bindung und Weiterentwicklung ihrer Mitarbeitenden zu ergreifen. Drei Handlungsfelder für eine wirksame Personalpolitik wurden dabei definiert: Arbeitgeberattraktivität, Erfolgsfaktor Mitarbeitende und HR-Wirksamkeit. Jedes von ihnen wird künftig mit passenden Steuerungskennzahlen verknüpft und mit Unterstützungsangeboten hinterlegt. Nach Abschluss der Pilotierungsphasen steht der sogenannte HR-Umsetzungsnavigator als Unterstützungstool zusammen mit weiteren Maßnahmenpaketen für alle BVR-Mitgliedsbanken zur Stärkung ihres strategischen Personalmanagements bereit.
Klar ist: Das Thema Personal ist ein zunehmend wichtiger Wettbewerbsfaktor, der strategisch anzugehen ist. Gerade für Genossenschaftsbanken sind motivierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entscheidende Schlüssel zum Erfolg. Strategisches Personalmanagement ist daher mit ebenso hoher Bedeutung auf der Managementebene des Vorstands anzusiedeln wie etwa das Risikomanagement. Mit der Initiative „Strategisches Personalmanagement“ geht die genossenschaftliche FinanzGruppe diese Aufgabe aktiv und entschlossen an, sich jetzt um die Menschen zu kümmern, die in den nächsten 10 bis 20 Jahren unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken erfolgreich machen.
Mitgliedschaft:
Junge Menschen begeistern!
Zielgerichtet unterstützt der BVR seine Mitgliedsinstitute vor Ort mit Konzepten und Kampagnen, um die Attraktivität der Mitgliedschaft zu erhöhen und einen weiteren schleichenden Rückgang der Mitgliederzahlen zu vermeiden. Für die genossenschaftliche FinanzGruppe ist es von höchster Bedeutung, junge Menschen für die Volksbanken und Raiffeisenbanken zu begeistern. Gerade heute ist der Genossenschaftsgedanke hochmodern. Um das Projekt Zukunft fokussiert anzugehen, wurde überdies Neonblau, der genossenschaftliche Thinktank der GenZ, ins Leben gerufen. Hier arbeiten junge Menschen gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus unserem Sektor an tragfähigen Lösungen für morgen.
Stabil und sicher:
Geno Next Level
Die genossenschaftliche Bankengruppe hat einmal mehr ein starkes Jahresergebnis erwirtschaftet und arbeitet überaus profitabel. Diese sehr guten Zahlen sind ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Vorstände, die Aufsichtsräte und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Genossenschaftsbanken außerordentlich erfolgreich und verlässlich für ihre Kunden und Mitglieder arbeiten. Auch die Ratingagenturen honorieren das. Zum Jahresauftakt hat Fitch Ratings wie zuvor auch S&P Ratings das hervorragende Rating für die genossenschaftliche FinanzGruppe erneut bestätigt. Auch der Ausblick bleibt stabil. Damit hat die Gruppe eines der besten Ratings im europäischen Vergleich. Unser Sektor ist stark und widerstandsfähig.
Gleichzeitig wissen wir: Wir können und dürfen uns auf den Erfolgen der Vergangenheit nicht ausruhen. Wir wollen moderne, leistungsfähige Bankdienstleistungen anbieten. Wir wollen gleichzeitig für die Menschen, die vielen Selbstständigen, die kleinen Betriebe und die mittelständischen Unternehmen in den Regionen ein Hort der Stabilität und Verlässlichkeit sein. Dafür müssen wir uns als genossenschaftliche Gruppe kontinuierlich weiterentwickeln. Das gilt auch für die Institutssicherung, damit sich die Menschen weiterhin darauf verlassen können, dass die Volksbanken und Raiffeisenbanken gut und sicher geführt werden.
Regulierung:
Praktikabel statt kleinteilig
Die Regulierungsanforderungen für Banken sind zuletzt stetig gestiegen, etwa mit der EU-Eigenmittelverordnung CRR III oder der EU-Richtlinie DORA zur digitalen und operativen Resilienz im Finanzsektor und den korrespondierenden Hunderten Regulierungsstandards der EBA und ESMA. Gerade für kleinere Institute enthalten diese teils überbordende Anforderungen. Um die regionale Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit Europas sicherzustellen, ist ein passgenaues Regelwerk speziell für kleine und mittlere Institute nötig. Strukturelle Veränderungen an den Grundlagen der Bankenregulierung sind dafür erforderlich. Sowohl die deutsche Politik als auch die Bankenaufsicht erkennen das und greifen es vermehrt auf. So enthält die Aufsichtsmitteilung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom November 2024 die seitens des BVR lange eingeforderten und sehr notwendigen Erleichterungen beim Risikomanagement für kleine Banken. Auch mit den im Februar 2025 vorgenommenen Erleichterungen in der Nachhaltigkeitsregulierung ist die EU-Kommission einen ersten Schritt gegangen, überbordende Bürokratie entschlossen abzubauen. Das kann aber nur der Anfang einer grundlegenden Neuausrichtung sein.
Europäische Datenwirtschaft:
Übereiltes Vorgehen vermeiden
Die Europäische Kommission arbeitet daran, eine europäische Datenwirtschaft zu schaffen. Mit FiDA, der Financial Data Regulation, soll zunächst die europäische Finanzindustrie zur weitreichenden Teilung von Daten verpflichtet und so ein offenes Finanzsystem etabliert werden. Grundsätzlich ist das Ziel einer europäischen Datenwirtschaft begrüßenswert. Mit dem FiDA-Vorschlag würden allerdings vornehmlich neue bürokratische Anforderungen eingeführt. Sie würden Wachstumskräfte eher hemmen und nicht fördern. Wichtige Grundsatzfragen wie der konkrete Anwendungsbereich oder die der Datensicherheit bleiben noch ungeklärt. Es wäre also falsch, FiDA übereilt voranzutreiben. Lassen sich zentrale Fragen nicht zeitnah klären, sollte das Vorhaben zurückgestellt werden. Schließlich gibt es ja auch bereits marktwirtschaftliche Initiativen für datenbasierte Geschäftsmodelle und Innovationen. So haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken zusammen mit der Deutschen Kreditwirtschaft giroAPI auf den Weg gebracht. giroAPI kann eine zentrale Rolle für die Zukunft datengetriebener Finanzinnovationen spielen, zudem ist es praxisnäher und effizienter als allzu detaillierte regulatorische Vorgaben.
CMDI:
Falsche Akzente gefährden Vertrauen
Parallel sollte unbedingt vermieden werden, dass sich durch das umfangreiche Gesetzesvorhaben zur Bankenabwicklung und Einlagensicherung, CMDI, die Arbeit der Institutssicherung durch viele technische Vorschriften unnötig erschwert oder aber neue Vorgaben zur Ausübung präventiver Maßnahmen diese faktisch unmöglich machen. Die CMDI-Vorschläge der Kommission sind ungeeignet, das Einlegervertrauen zu stärken. Vielmehr implizieren sie gravierende Änderungen sowohl für die Genossenschaftsbanken als auch die vom BVR betriebene Institutssicherung. Die angedachte Abschaffung der Bevorzugung von Einlagensicherungssystemen in der Insolvenz sowie deren erweiterte Einbeziehung in die Abwicklungsfinanzierung kann die finanzielle Situation der Einlagensicherungssysteme destabilisieren. Sie konterkariert das Ziel, die Finanzstabilität zu stärken.
Bankenunion:
Fokus sollte neu justiert werden
Eine wichtige Grundlage für eine starke und funktionsfähige Institutssicherung bleibt weiterhin, dass nationale Einlagensicherungssysteme gewahrt und nicht vereinheitlicht werden. Der BVR lehnt EDIS vor diesem Hintergrund entschlossen ab. Im Sinne der Weiterentwicklung der Bankenunion sollten europäische Regulatoren ihren Fokus verschieben und sich aktuellen Herausforderungen wie etwa der Anpassung von Liquiditäts- und Kapitalvorgaben für Banktochtergesellschaften und der differenzierten Bewertung von Risiken in Bankbilanzen widmen.