Grundlagen
Die folgende Beschreibung zum Risikomanagement orientiert sich an der Struktur und Funktionsweise des institutsbezogenen Sicherungssystems der genossenschaftlichen FinanzGruppe als primärer Ebene und bezieht als sekundäres Element das Risikomanagement der einzelnen Institute mit ein. Das Risikomanagement auf Ebene des Sicherungssystems konzentriert sich dabei im Wesentlichen auf die Prävention von Schieflagen einzelner Institute.
Die Risikoberichterstattung umfasst alle Gesellschaften des handelsrechtlichen Konsolidierungskreises. Der Konsolidierungskreis des Konsolidierten Jahresabschlusses ist somit umfassender als der aufsichtsrechtliche Konsolidierungskreis und ist nicht auf die Mitglieder des Sicherungssystems begrenzt.
Risikomanagement in einer dezentralen Organisation
Die Stabilität der gesamten genossenschaftlichen FinanzGruppe und das Vertrauen in die Bonität all ihrer Mitglieder werden durch die Sicherungseinrichtung des BVR und die BVR Institutssicherung GmbH gewährleistet. Beide gemeinsam, jede in ihrem Funktions- und Aufgabenbereich, bilden das Rückgrat des Risikomanagements der genossenschaftlichen FinanzGruppe.
Institutsbezogenes Sicherungssystem der genossenschaftlichen FinanzGruppe
Die Sicherungseinrichtung des BVR (BVR-SE)Die BVR-SE ist das älteste und vollständig ohne staatliche Unterstützung finanzierte Banken-Sicherungssystem in Deutschland und weltweit. Dieses System hat seit seinem Bestehen stets sichergestellt, dass alle einbezogenen Banken ihren finanziellen Verpflichtungen – insbesondere gegenüber Privatkunden mit ihren Einlagen – nachkommen konnten. Die BVR-SE unterliegt der Aufsicht und Überwachung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Nach dem Inkrafttreten des Einlagensicherungsgesetzes (EinSiG) am 3. Juli 2015 und der dadurch erforderlich gewordenen Etablierung eines gesetzlich anerkannten Einlagensicherungssystems wird die BVR-SE als zusätzliches freiwilliges institutssicherndes System gemäß §§ 2 Absatz 2, 61 EinSiG fortgeführt.
Zentrale Aufgaben der BVR-SE sind die Gewährleistung der Stabilität durch die Abwendung drohender oder die Behebung bestehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten bei den angeschlossenen Instituten sowie die Verhütung von Beeinträchtigungen des Vertrauens in die genossenschaftliche FinanzGruppe. Zur Bewältigung von in diesem Zusammenhang notwendigen Stützungsmaßnahmen steht der BVR-SE der Garantiefonds zur Verfügung, der durch die Beiträge der Mitgliedsbanken gespeist wird. Darüber hinaus stehen die Institute bei Bedarf mit zusätzlichen Mitteln (Garantieverpflichtungen) füreinander ein.
Die BVR-SE hat im Berichtsjahr 2020 ihre satzungsgemäßen Aufgaben gemäß dem Jahresabschluss der BVR-SE als institutssichernde Einrichtung uneingeschränkt erfüllt. Am 31. Dezember 2020 gehörten der BVR-SE insgesamt 824 (Vorjahr: 851) Institute der genossenschaftlichen FinanzGruppe an. Der Rückgang ist ausschließlich auf Verschmelzungen innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe zurückzuführen.
Die BVR Institutssicherung GmbH (BVR-ISG)
Die BVR-ISG ist ein amtlich anerkanntes Einlagensicherungssystem und betreibt seit dem 1. Juli 2015 ein aufsichtsrechtlich anerkanntes institutsbezogenes Sicherungssystem im Sinne von Artikel 113 Absatz 7 der Verordnung (EU) 575/2013 für CRR-Kreditinstitute. Durch den Betrieb des institutsbezogenen Sicherungssystems erfüllt die BVR-ISG somit die ihr satzungsgemäß obliegende Aufgabe, drohende oder bestehende wirtschaftliche Schwierigkeiten bei ihren Mitgliedern abzuwenden oder zu beheben (Institutsschutz).
Zu diesem Zweck ergreift die BVR-ISG gegebenenfalls Präventiv- und Sanierungsmaßnahmen. Sofern die BaFin gemäß § 10 EinSiG den Entschädigungsfall eines dem BVR-ISG-Sicherungssystem angehörenden CRR-Kreditinstituts feststellt, entschädigt die BVR-ISG dessen Kunden nach Maßgabe der §§ 5 bis 16 EinSiG. Insofern erfüllt die BVR-ISG den gesetzlichen Einlagenschutz für die Kunden.
Zusammen mit der BVR-SE bildet die BVR-ISG das duale Sicherungssystem der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Dem BVR-ISG-Sicherungssystem gehören diejenigen CRR-Kreditinstitute an, die auch dem BVR angehören und der BVR-SE angeschlossen sind. Zum 31. Dezember 2020 waren dies 822 (Vorjahr: 849) CRR-Kreditinstitute und damit alle in Deutschland von der BaFin zugelassenen Banken der genossenschaftlichen FinanzGruppe.
Die BVR-ISG unterliegt gemäß § 50 Absatz 1 EinSiG der Aufsicht der BaFin sowie der Überwachung durch den Bundesrechnungshof hinsichtlich der Aufgaben bei der Einlegerentschädigung nach den §§ 5 bis 16 EinSiG und hinsichtlich der Finanzierung und Zielausstattung nach den §§ 17 bis 19 EinSiG.
Die Organisation und die Entscheidungsstrukturen der BVR-ISG entsprechen, soweit im Rahmen des EinSiG möglich, der Organisation und den Entscheidungsstrukturen der BVR-SE. Zur Abwicklung des laufenden Geschäftsbetriebs greift die BVR-ISG auf Grundlage eines Dienstleistungsvertrags auf das Personal des BVR zurück, das die entsprechenden Tätigkeiten auch für die BVR-SE wahrnimmt. Zur Abwicklung von potenziellen, noch nie eingetretenen und auch derzeit nicht erkennbaren Entschädigungsverfahren hat die BVR-ISG zudem einen externen Dienstleister beauftragt.
Schwerpunkt der Aktivitäten der BVR-ISG im Berichtsjahr 2020 war die Erfüllung der satzungsgemäßen, gesetzlichen und regulatorischen Aufgaben. Die risikoorientierte Beitragserhebung, die den Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) entspricht, und die Mittelverwaltung standen dabei ebenso im Mittelpunkt wie umfangreiche operative Stresstests sowie Vorbereitungen auf den sogenannten IPS-Sanierungsplan gemäß Mindestanforderungen an die Ausgestaltung von Sanierungsplänen (MaSan). Im Verlaufe des gesamten Geschäftsjahres hat die BVR-ISG keine Maßnahmen für Einleger oder Banken ergreifen sowie auch keine Ausgleichszahlungen gemäß § 145 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) leisten müssen und blickt insofern auf ein sehr erfolgreiches Jahr 2020 zurück.
Risikoidentifikation und -analyse
Grundstrukturen
Die genossenschaftliche FinanzGruppe ist eine dezentrale Organisation von rechtlich selbstständigen Instituten, die über die BVR-SE haftungsmäßig miteinander verbunden sind. Dieses dezentrale Element ist auch ein wesentlicher Unterschied zu Bankengruppen mit einer hierarchisch an der Spitze stehenden Obergesellschaft. Somit liegen die unternehmerischen Entscheidungskompetenzen in der Verantwortung jedes einzelnen Instituts und seiner unabhängigen Geschäftsleitungs- und Aufsichtsgremien. Aus dieser dezentralen Struktur leitet sich auch der Schwerpunkt des Risikomanagements der BVR-SE ab. Der Schwerpunkt liegt insofern primär nicht auf der isolierten Analyse von einzelnen Risikoarten und ihren Umfang, sondern sehr wesentlich auf der gesamthaften Analyse der wirtschaftlichen Risikoträger, also der einzelnen Institute. Dieses methodische Grundverständnis stellt sicher, dass bei Feststellung einer geordneten Vermögens- und Risikolage und angemessener Ertragsverhältnisse eines jeden einzelnen Instituts somit auch das Gesamtsystem – also die gesamte genossenschaftliche FinanzGruppe – als Einheit wirtschaftlich geordnet ist.
Die BVR-SE verfügt über angemessene Systeme zur Risikoidentifikation und -einstufung sowie zur Risikoüberwachung all ihrer Mitglieder und des institutsbezogenen Sicherungssystems insgesamt. Basis der Risikoeinstufung bildet das seit 2003 praktizierte Klassifizierungssystem der BVR-SE. Es handelt sich dabei um ein jahresabschlussbasiertes Ratingverfahren mit dem Ziel, einen vollständigen und transparenten Überblick über die Vermögens-, Ertrags- und Risikolage aller Mitglieder zu erlangen. Die Einstufung der Bank nach dem Klassifizierungsverfahren bildet zum einen die Grundlage für die Erhebung risikoadjustierter Garantiefondsbeiträge der BVR-SE und ist zum anderen Ausgangspunkt für das Präventionsmanagement.
Die aus der Klassifizierung gewonnenen Erkenntnisse werden durch weitere Analysen und Daten ergänzt, insbesondere aus der Auswertung der Daten des sogenannten jährlichen Betriebsvergleichs. Dabei handelt es sich um einen Datenpool, den der BVR selbst bei seinen Mitgliedsinstituten erhebt und der im Wesentlichen auf Informationen des Rechnungs- und Meldewesens der Institute basiert. Die Daten des jährlichen Betriebsvergleichs bilden die Grundlage für Analysen zur Feststellung und Untersuchung besonderer Auffälligkeiten anhand von Risikokennzahlen. Darüber hinaus entwickelt die BVR-SE themen- und risikobezogene Sonderanalysen (zum Beispiel Untersuchungen über die Auswirkungen der Niedrigzinsphase).
Nach Maßgabe ihrer risikoorientierten Vorgehensweise führt die BVR-SE Einzelbankanalysen durch, die sich auf Institute erstrecken, die für das Sicherungssystem insgesamt von wirtschaftlich wesentlicher Bedeutung sind. Die BVR-SE setzt dabei das Konzept der Analyse großer Banken um. Damit trägt sie den Risiken aus der Größenklassenstruktur der angeschlossenen Institute Rechnung.
Für die Risikotragfähigkeit der BVR-SE werden auf Basis verschiedener Stressszenarien mögliche Ausfallwahrscheinlichkeiten ermittelt und durch Monte-Carlo-Simulationen das mögliche Sanierungsvolumen berechnet. Hierfür werden szenariobezogene Klassifizierungen unter verschiedenen Annahmen (zum Beispiel Zinsentwicklung, Verschlechterung der Bonität im Kundenkreditgeschäft) vorgenommen.
Klassifizierungsverfahren und Beiträge zur Sicherungseinrichtung des BVR
Mit dem Klassifizierungssystem werden die Banken anhand von acht Kennzahlen zur Vermögens-, Ertrags- und Risikolage einer der neun Bonitätsklassen A++ bis D zugeordnet. Dabei stützt sich das Klassifizierungssystem auf quantitative Kennzahlen, für die im Wesentlichen geprüfte Jahresabschlussdaten der Banken und Daten aus ihren Prüfungsberichten herangezogen werden. Mit diesen Daten wird die BVR-SE durch die – für die jeweiligen Banken zuständigen – regionalen Prüfungsverbände IT-technisch versorgt.
In das Klassifizierungsverfahren werden grundsätzlich alle der BVR-SE angeschlossenen Institute einbezogen. Hiervon ausgenommen sind nur wenige Institute, insbesondere die, die von einer externen Ratinggesellschaft eigenständig geratet werden wie die DZ BANK AG mit ihren Tochterinstituten und die Münchener Hypothekenbank eG.
Grundlage des Klassifizierungsverfahrens 2020 war die Analyse der Jahresabschlussdaten 2019.Hier zeigt sich die für das Geschäftsjahr 2019 bereits im Vorjahr erwartete Erholung. Sie wurde getragen von positiven Bewertungseffekten im Jahr 2019, die sich über den Jahresüberschuss in den Ertragsquoten widerspiegelten. Das Ergebnis des Kerngeschäfts hingegen blieb stabil bei einem gleichzeitigen weiteren Wachstum des Geschäftsvolumens. Hieraus folgten moderate Rückgänge in der Punktzuordnung. Auch die Quoten der Vermögens- und Risikolage bewegten sich seitwärts und festigen so insgesamt solide Klassifizierungsergebnisse. Der Zinsüberschuss verzeichnete erneut einen leichten Rückgang. Das Provisionsergebnis stieg dagegen deutlich, sodass es erneut auch betragsmäßig den Rückgang im Zins überkompensierte. Die Cost-Income-Ratio stieg geringfügig. Bei leicht rückläufigem Personalaufwand und leicht steigendem Betriebsergebnis waren hier höhere Sachaufwendungen ursächlich. Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft stieg moderat, verblieb historisch gesehen aber weiterhin auf niedrigem Niveau. Das Wachstum der Blankoanteile im Gelbbereich und notleidender Kredite lag unter dem Zuwachs des erwirtschafteten Eigenkapitals, aber über dem Wachstum des Betriebsergebnisses, sodass beide Quoten insgesamt zu stabilen Ergebnissen beitrugen.
Risikosteuerung und -überwachung
Präventionsmanagement
Ziel des Präventionsmanagements ist es, wirtschaftliche Fehlentwicklungen bei den Genossenschaftsbanken frühzeitig zu identifizieren und ihnen entgegenzuwirken, um somit zur präventiven Abwendung von Stützungsmaßnahmen beizutragen. Dafür werden von allen Banken die vorhandenen Daten und weitere Informationen analysiert, um dann mit den als auffällig identifizierten Banken auf der Basis ergänzender Gespräche mit dem Management der Banken die erforderlichen Maßnahmen zu vereinbaren, die zu einer Stabilisierung und Verbesserung der geschäftlichen Entwicklung dieser Banken führen sollen.
Die Ergebnisse aus dem Klassifizierungsverfahren bilden eine wesentliche Basis für das systematische Präventionsmanagement der BVR-SE. In das Präventionsmanagement werden alle Banken spätestens dann aufgenommen, wenn auf Basis ihres Jahresabschlusses ein Klassifizierungsergebnis von B– oder schlechter ausgewiesen wird. Darüber hinaus sind in den vergangenen Jahren immer stärker andere Kennzahlen und umfangreiche Daten (zum Beispiel aus dem Meldewesen der Banken oder den von der Aufsicht inzwischen auch bei den nationalen, nicht signifikanten Instituten in regelmäßigem Abstand durchgeführten Stresstests) hinzugezogen worden, um bei den Instituten Auffälligkeiten in der Früherkennung zu identifizieren; hierzu zählen im Berichtsjahr 2020 insbesondere die auch der BVR-SE im vollen Umfang vorliegenden Informationen der Mehrjahresplanung aus dem Meldewesen der Banken.
Die der Prävention vorgeschaltete Phase des Monitorings von auffälligen Instituten leistet einen stetig wichtiger werdenden Beitrag zur frühzeitigen Analyse von Instituten. Hierbei wurden im Berichtsjahr 2020 erneut auch solche Institute kontaktiert, bei denen keine Indizien für Risiken vorlagen, die aber aufgrund der Bilanzsumme ein potenziell größeres Risiko darstellen können. Somit verstärkt sich die nachhaltige Tendenz zur Verschiebung der Arbeitsschwerpunkte der BVR-SE weg von der Sanierung hin zum – um das Monitoring erweiterten – systematisch ganzheitlichen Präventionsmanagement.
Sanierungsmanagement
Die Tätigkeit der BVR-SE bei Sanierungen von Mitgliedsinstituten hat unverändert die Aufstellung eines testierfähigen Jahresabschlusses durch Gewährung von Sanierungsmaßnahmen zum Ziel. Im Anschluss wird über die vertragliche Vereinbarung erforderlicher Maßnahmen die Wiedererlangung der Zukunftsfähigkeit der einzelnen Bank – unter Wahrung der Interessen aller Mitglieder der Solidargemeinschaft – sichergestellt.
Grundlage für die Gewährung und Durchführung von Sanierungsmaßnahmen ist das „Handbuch für zukunftsfähiges Bankmanagement – Leitlinien für die Neuausrichtung und Restrukturierung von Genossenschaftsbanken“. Die in diesem Handbuch dokumentierten Grundsätze bilden für die betroffenen Banken eine Leitlinie für die Wiedererlangung wettbewerbsfähiger Strukturen unter anderem bei der Sanierung und zeigen auf, wie die Wiederherstellung ihrer Grundrentabilität konzeptionell erreicht werden kann. Ziel ist es, diese Sanierungsphase spätestens nach fünf Jahren zu beenden. Daneben wendet sich das Handbuch der BVR-SE explizit auch an Präventionsbanken sowie grundsätzlich ebenfalls an alle Institute mit selbst identifiziertem Neuausrichtungsbedarf. Zudem fokussiert ein separater Teil des Handbuchs auch en détail auf die prozessualen Schritte bei einer Sanierung in Abstimmung mit der Sanierungsbank und dem jeweils zuständigen gesetzlichen genossenschaftlichen Prüfungsverband; dieser Teil des Handbuchs ist adressatenspezifisch aufgebaut und wird passgenau beim jeweiligen Fall verwendet.
Bezüglich Sanierungen durch die BVR-SE hat sich auch im Berichtsjahr 2020 zwar keine Trendwende ergeben und auch die öffentlich proklamierten Belastungen von regionalen Banken wegen COVID-19-bedingter Ausfälle haben bisher zu keiner Sanierung geführt. Unabhängig von COVID-19 wurde mit dem Jahresabschluss 2020 eine Genossenschaftsbank, insbesondere wegen der Neubewertung von langlaufenden Zinsswaps, mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag gestützt. Weitere sehr geringe Belastungen entfielen auf stetig weiter abgebaute Altfälle, bei denen bereits abgeschirmte Risiken eingetreten sind oder insoweit Risikovorsorge im Jahresabschluss der BVR-SE gebildet wurde. Die abzuschirmenden Sanierungsvolumina aus derartigen Altfällen lagen in Summe signifikant unter der erwarteten Höhe; nennenswerte Rückführungen aus Besserungsschein- und sonstigen Freistellungsverpflichtungen sind nur noch in einem geringen Umfang zu verzeichnen gewesen.
Insgesamt führte die Geschäftsentwicklung erneut dazu, dass die Substanz des dualen genossenschaftlichen Institutssicherungssystems mit der BVR-SE und der BVR-ISG im Jahr 2020 weiter gestärkt und der Bestand an gesetzlichen Garantiefondsmitteln planmäßig weiter erhöht werden konnte.
Ausblick für die Sicherungseinrichtung des BVR
und die BVR Institutssicherung GmbH
Aufgrund der immer noch nicht bewältigten COVID-19-Pandemie in Deutschland und weltweit bildet für das institutsbezogene duale Sicherungssystem die Verarbeitung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie auch im Jahr 2021 den dominierenden, jedoch unbestimmbaren Faktor. Es ist weiterhin – im Vergleich zum Vorjahr eher noch stärker – nicht auszuschließen, dass der weitere Verlauf der COVID-19-Krise zu erheblichen negativen Auswirkungen auf die für das Geschäftsjahr 2021 und darüber hinaus geplanten Ergebnisgrößen für die Genossenschaftsbanken führen kann. Vor diesem Hintergrund erwartet die BVR-SE einen Anstieg der Stützungsleistungen in den kommenden Jahren.
Für die BVR-ISG bildet auch im Jahr 2021 die Umsetzung von aufsichtsrechtlichen Anforderungen wie der Erstellung von Sanierungsplänen im Sinne der §§ 12 bis 20 SAG einen Schwerpunkt; auf Basis der MaSanV wurde seitens der BaFin Ende Oktober 2020 die Umsetzungsmaßnahme mit Relevanz für die BVR-ISG als Institutional Protection Scheme (IPS) beziehungsweise für die Mitgliedsinstitute erlassen. Demnach müssen ab November 2021 alle der BVR-ISG beigetretenen Institute, die zugleich nicht von der BaFin separat zur Abgabe eines institutsindividuellen Sanierungsplans aufgefordert wurden und sich dem IPS-Sanierungsplan mittels separater Erklärung angeschlossen haben, die Anforderungen der MaSanV, die im von der BVR-ISG konkretisierten IPS-Sanierungsplan ihren Niederschlag finden, institutsindividuell einhalten. Das diesbezügliche Projekt bestimmt einen großen Teil der Arbeit der BVR-ISG im Jahr 2021. Darüber hinaus sind im Rahmen der indirekten und sektoralen Aufsicht der EZB neue Meldepflichten, wie die Meldung der Leverage Ratio für die genossenschaftliche FinanzGruppe gemäß Vorgaben der CRR II, insbesondere erweiterte und verstärkte Anforderungen auf Ebene der genossenschaftlichen FinanzGruppe, umzusetzen. Zudem stehen weitere Aktivitäten der EBA zum turnusgemäßen, bereits 2014 für das Jahr 2019 gestarteten Review der EU-Einlagensicherungsrichtlinie (zum Beispiel Beitragsbemessung) an, die die BVR-ISG in diversen Arbeitsgruppen der EBA-Taskforce unterstützend begleitet.
Kapitalmanagement
Aufsichtsrechtliches Kapitalmanagement
Der Konsolidierte Jahresabschluss der genossenschaftlichen FinanzGruppe gibt einen umfassenden Überblick über die wesentlichen Eigenkapitalkennziffern, insbesondere die konsolidierten aufsichtsrechtlichen Kapitalquoten. Diese Kapitalquoten werden nach den Vorgaben der CRR im Rahmen der Erweiterten Zusammenfassungsrechnung (EZR) gemäß Artikel 49 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 113 Absatz 7 CRR ermittelt. Die Angaben zu den aufsichtsrechtlichen Kapitalquoten beziehen sich auf den Meldestichtag 31. Dezember 2020 und beinhalten grundsätzlich nicht die Gewinnthesaurierung des Jahresabschlusses 2020. Die Thesaurierung erfolgt nach der institutsindividuellen Gremienzustimmung und wird 2021 zu einer weiteren Stärkung der Kapitalbasis führen.
Die Kernkapitalquote zeigt sich mit 14,4 Prozent (per 31. Dezember 2019: 13,7 Prozent) verbessert. Unter Berücksichtigung der gebildeten § 340f-HGB-Reserven als Kernkapital beträgt die Kernkapitalquote 16,1 Prozent (per 31. Dezember 2019: 15,5 Prozent). Die aufsichtsrechtliche Gesamtkapitalquote der genossenschaftlichen FinanzGruppe beträgt per 31. Dezember 2020 16,2 Prozent (per 31. Dezember 2019: 15,6 Prozent). Insgesamt haben sich die regulatorischen Eigenmittel um 7,7 Milliarden Euro auf 114,6 Milliarden Euro erhöht. Die Erhöhung der Eigenmittel basiert im Wesentlichen auf der Gewinnthesaurierung durch die Genossenschaftsbanken aus dem vorangegangenen Geschäftsjahr 2019, die sich in den Quoten per 31. Dezember 2020 widerspiegelt. Das Kapital der genossenschaftlichen FinanzGruppe wird im Wesentlichen durch die Genossenschaftsbanken gehalten.
Der Gesamtrisikobetrag per 31. Dezember 2020 beträgt 709,3 Milliarden Euro (per 31. Dezember 2019: 685,4 Milliarden Euro). Der Anstieg um 3,5 Prozent ist durch das Wachstum des Kundenkreditgeschäfts sowohl im Privat- als auch im Firmenkundensegment geprägt, insbesondere auch durch die COVID-19-bedingten öffentlichen Förderprogramme. Die Ausdehnung des KMU-Faktors mit Einführung der CRR II wirkte hingegen dämpfend auf den Anstieg des Gesamtrisikobetrags.
Auf Einzelinstitutsebene analysiert die BVR-SE fortlaufend die aufsichtsrechtlichen Eigenmittelquoten der Mitgliedsbanken. Für die jederzeitige Erfüllung der bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen, inklusive bankindividueller SREP-Zuschläge sind die Institute selbst verantwortlich. Die Kapitalausstattung der einzelnen Institute in der genossenschaftlichen FinanzGruppe zum Meldestichtag 31. Dezember 2020 zeigt sich im Vergleich zum 31. Dezember 2019 weiterhin solide, wie die Grafik auf Seite 50 verdeutlicht.
Mit einem bilanziellen Eigenkapital in Höhe von 121,8 Milliarden Euro (per 31. Dezember 2019: 116,0 Milliarden Euro) verfügt die genossenschaftliche FinanzGruppe über eine solide Kapitalausstattung. In den letzten Jahren konnte die Kapitalausstattung kontinuierlich aus eigener Kraft durch Gewinnthesaurierung gestärkt werden. Diese Entwicklung belegt das tragfähige Geschäftsmodell der genossenschaftlichen FinanzGruppe mit breiter Risiko- und Ertragsdiversifizierung.
Auch die nachrichtlich für die genossenschaftliche FinanzGruppe per 31. Dezember 2020 ermittelte Leverage Ratio gemäß CRR dokumentiert mit einem Wert von 7,5 Prozent (per 31. Dezember 2019: 7,0 Prozent) die überdurchschnittliche Kapitalausstattung der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Ihre Berechnung erfolgt analog zur Anwendung der Anforderungen des Artikels 429 CRR. Hierfür wird das Kernkapital gemäß EZR nach Artikel 49 Absatz 3 CRR zugrunde gelegt, das um sämtliche haftungsverbundinternen Kernkapitalpositionen innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe bereinigt wurde. Die Risikopositionswerte wurden durch Aggregation der Einzelmeldungen zur Leverage Ratio sämtlicher Mitgliedsinstitute ermittelt und um wesentliche haftungsverbundinterne Positionen bereinigt. Diese Vorgehensweise berücksichtigt die Nullgewichtung verbundinterner Forderungspositionen, die mit der Einführung der CRR II für die Mitgliedsinstitute umgesetzt werden. Unter Berücksichtigung der § 340f-HGB-Reserven als Kernkapital und der CRR-Übergangsbestimmungen beträgt die Leverage Ratio im Wettbewerbsvergleich komfortable 8,4 Prozent (Vorjahr: 7,8 Prozent). Die Gesamtrisikoposition für die Verschuldungsquote erhöhte sich im Vorjahresvergleich unwesentlich um 0,7 Prozent auf 1.355,0 Milliarden Euro.
Ökonomisches Kapitalmanagement
Das Risikokapitalmanagement, in dessen Mittelpunkt die Bestimmung der Risikotragfähigkeit der Gesamtbank steht, ist eine zentrale Aufgabe der einzelnen Institute vor Ort. Seine Ausgestaltung hat sich – gemäß den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) und der darüber hinaus für einzelne Institute relevanten Leitlinien der EBA – an der Komplexität, dem Umfang der Geschäftsaktivitäten und der Bankgröße zu orientieren. Zur prozessualen Unterstützung erhalten die Banken über die VR-Control-Verfahren und die VR-Control-Software entsprechende Unterstützungsleistungen.
Das Risikokapitalmanagement befindet sich in einer Übergangsphase: Die weit überwiegende Zahl der Kreditinstitute in der genossenschaftlichen FinanzGruppe nutzt aktuell zur Messung und Steuerung ihrer Risikotragfähigkeit noch den Going-Concern-Ansatz. Parallel rechnen die Institute ihre Risikotragfähigkeit nach dem neuen dualen Risikotragfähigkeitskonzept. Dieses umfasst eine normative Perspektive (Kapitalplanung über drei Jahre) und eine ökonomische Perspektive, deren Basis eine vollständige Risikoabbildung in einer wertorientierten Betrachtung ist. Hierfür hat die parcIT im März 2020 ein Fachkonzept sowie einen aktualisierten Anwenderleitfaden zur Risikotragfähigkeit zur Verfügung gestellt. Das Fachkonzept basiert auf den Anforderungen des neuen RTF-Leitfadens und greift die wesentlichen Aspekte bankinterner Prozesse zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit (Internal Capital Adequacy Assessment Process, ICAAP) auf. Der Leitfaden soll die Genossenschaftsbanken bei der praktischen Umsetzung der in der Fachkonzeption dargestellten Methoden unterstützen und stellt die prozessuale Einbindung der Risikotragfähigkeit in die Steuerungsprozesse der Bank dar.
Die Bereitstellung einer in der Software VR-Control integrierten Umsetzung der Neukonzeption zur Risikotragfähigkeit ist für das Jahr 2021 geplant. Die Bankenaufsicht hat ausdrücklich auf die zeitlich begrenzte Möglichkeit einer Fortführung des alten Going-Concern-Modells in einem Annex des Leitfadens als Übergang zur neuen Konzeption hingewiesen. Ein Termin für den Wegfall des Annexes wurde bislang nicht veröffentlicht.
Die besondere Schwierigkeit im Jahr 2020 lag in der Abschätzung möglicher Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Risikosituation der Banken. Hierzu wurden zentral im Rahmen einer Taskforce Stressszenarien entwickelt und den Banken bereitgestellt, die unter anderem sowohl außergewöhnliche Kapitalmarktentwicklungen als auch deutliche branchenspezifische Ausfallratenerhöhungen beinhalteten. Sowohl die Ausfallrisiken als auch die Zinsänderungsrisiken nehmen in den Risikoprofilen der Banken eine herausragende Stellung ein. Mit den Szenariovorschlägen werden die Banken in die Lage versetzt, etwaige bankindividuelle Stressszenarien mit den Auswirkungen auf ihr Risikokapital zu bestimmen und gegebenenfalls Gegensteuerungsmaßnahmen zu entwickeln.
Neben diesen betriebswirtschaftlichen Überlegungen hat die Bankenaufsicht in einem eigenen Verfahren (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) die Risikomessung der Säule 1 ergänzt und ein System bankindividueller Zuschläge für das Zinsänderungsrisiko und für die sogenannten sonstigen wesentlichen Risiken sowie einen Zuschlag für den Stressfall berechnet. Auch im Geschäftsjahr 2020 wurden die Zuschläge je Genossenschaftsbank erfüllt.
Verteilung der Gesamtkapitalquote in der genossenschaftlichen FinanzGruppe*
Anteil der Institute in Prozent
2019: | |
2020: |
Gesamtkapitalquote bis ... Prozent
* Stand 31. Dezember 2020.
Ratings der genossenschaftlichen FinanzGruppe
Die Ratings der genossenschaftlichen FinanzGruppe waren im Jahr 2020 unverändert. Die Agenturen Fitch und Standard & Poor’s bewerten die genossenschaftliche FinanzGruppe weiterhin jeweils mit AA– und einem negativen Ausblick. Den negativen Ratingausblick begründen die Agenturen insbesondere mit Blick auf die durch Corona bedingte Eintrübung der makroökonomischen Rahmenbedingungen und einer unsicheren Ertragslage des nationalen Bankensektors in den Folgejahren. Die Ratingagenturen begründen die Ratings mit dem nachhaltig erfolgreichen, auf das Privat- und Firmenkundengeschäft ausgerichteten Geschäftsmodell. Die Refinanzierung des Geschäftsmodells basiert auf Kundeneinlagen und ist somit strukturell gesichert. Die jederzeitige Liquidität ist durch einen umfangreichen und diversifizierten Bestand an marktgängigen Wertpapieren in Verbindung mit dem Liquiditätsausgleich innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe gewährleistet. Die Kapitalausstattung wird nach Höhe und Qualität als überdurchschnittlich stark bewertet. Die Agenturen würdigen die Neigung und beobachten die Fähigkeit der genossenschaftlichen FinanzGruppe, Kapital aus eigener Kraft durch Gewinnthesaurierung zu bilden. Die granulare Kreditstruktur und der große Anteil an Hypothekarkrediten aus dem Retailgeschäft prägen die insgesamt hohe Qualität des Kundenkreditgeschäfts. Die BVR-SE wird von den Agenturen als Bindeglied und wesentlicher Teil des Risikomanagements der genossenschaftlichen FinanzGruppe betrachtet.
Kredit-, Marktpreis- und Liquiditätsrisiken sowie operationelle Risiken
Kreditrisiko
Das Kreditrisiko beinhaltet die Gefahr von Verlusten durch den Ausfall oder die Bonitätsverschlechterung von Kreditnehmern, Emittenten, Kontrahenten oder Beteiligungen. Im Geschäftsjahr 2020 betrugen die Kreditrisikoaktiva der genossenschaftlichen FinanzGruppe 642,7 Milliarden Euro (Vorjahr: 618,0 Milliarden Euro). Mit einem Anteil von 90,6 Prozent (Vorjahr: 90,2 Prozent) an den gesamten Risikoaktiva stellt das Kreditrisiko somit die wichtigste Risikokategorie der Genossenschaftsbanken dar.
Im Kundengeschäft nutzen die Institute zur Einschätzung der Bonität einzelner Kreditnehmer segmentspezifische Ratingverfahren, die einer laufenden zentralen Validierung nach Marktstandards unterzogen werden. Zugleich werden die Ratingverfahren permanent weiterentwickelt, um die Abdeckung aller relevanten Segmente im Kundenkreditgeschäft sicherzustellen. Zur Messung der Risiken auf Portfolioebene kommen bei dem überwiegenden Teil der Banken – insbesondere bei der Risikotragfähigkeitsbetrachtung – Portfoliomodelle zum Einsatz. Diese werden ebenfalls einer permanenten Validierung sowohl auf Gesamtmodellebene als auch auf Parameterebene unterzogen.
Die Erfassung von Verlustdaten in den Primärgenossenschaften wurde 2020 weiter intensiviert. Dabei wurde bereits eine nennenswerte Anzahl an Gesamtobjektverwertungserlösen erfasst. Weitergehend werden von der parcIT Verwertungsdaten für Immobilien aus dem umfangreichen Datenpool der vdpExpertise ergänzt, der eine lange Historie umfasst. Insgesamt ermöglicht diese Datenbasis Schätzungen von Quoten des Loss Given Default (LGD), unter anderem im Hinblick auf den Stresstest Less Significant Institutions (LSI).
Im Mittelpunkt der strategischen Ausrichtung der genossenschaftlichen FinanzGruppe stehen das ertragsorientierte Eingehen von Risiken unter Berücksichtigung des Eigenkapitals sowie eine risikobewusste Kreditpolitik. Die Kreditvergabe der Genossenschaftsbanken bewegt sich in konservativem Rahmen. Dabei spielen die Kundenkenntnis und die kundenseitige Tragbarkeit der Verpflichtungen eine zentrale Rolle. Das Kundenkreditgeschäft der genossenschaftlichen FinanzGruppe ist insgesamt durch eine granulare Kreditstruktur und einen hohen Anteil an Hypothekenkrediten gekennzeichnet. Die Granularität und die weitgehende regionale Diversifizierung der Geschäftstätigkeit der genossenschaftlichen FinanzGruppe begrenzen Risikokonzentrationen.
Im Geschäftsjahr 2020 verzeichnete die genossenschaftliche FinanzGruppe einen deutlichen Zuwachs im Kreditgeschäft, der jedoch geringer als im Vorjahr ausfiel. Die Forderungen an Kunden erhöhten sich gegenüber 2019 um 5,4 Prozent (Vorjahr: 6,2 Prozent). Ein wesentlicher Wachstumstreiber waren erneut die langfristigen Baufinanzierungen. Die Kreditvergabe der Genossenschaftsbanken in der Wohnungsbaufinanzierung profitierte von dem günstigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld. Das Niedrigzinsniveau, die gute Beschäftigungssituation und steigende Einkommen der privaten Haushalte führten insgesamt zu einer hohen Nachfrage nach Immobilienkrediten. Diese Entwicklung wurde überschattet von Befürchtungen steigender Risiken durch Auswirkungen der COVID-19-Krise. In vielen Branchen persönlicher Dienstleistungen mussten die Geschäfte wegen eines Lockdowns zeitweise schließen und entsprechend wurden Unterstützungsleistungen und KfW-Kredite in Anspruch genommen. Allerdings blieb die Entwicklung der Kreditrisiken 2020 in allen Branchen moderat. Den Banken wurde zur Abschätzung etwaiger individueller Risikoveränderungen ein branchenbezogenes Szenariomodell zur Verfügung gestellt, in dem die Auswirkungen veränderter Ausfallraten simuliert werden können.
Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise in Deutschland setzte sich im Jahr 2020 fort. Im Durchschnitt aller 401 Stadt- und Landkreise verzeichneten die Preise für selbst genutztes Wohnimmobilieneigentum einen Anstieg von 6,0 Prozent, nach 5,6 Prozent im Jahr 2019. Der Preisanstieg war geografisch breit angelegt. Sowohl in den städtischen als auch in den ländlichen Regionen legte der Auftrieb zu, die Preisdynamik hat sich dabei in Stadt und Land weiter angeglichen.
Um die Mitgliedsinstitute bei der Überwachung der regionalen Märkte zu unterstützen, hat der BVR gemeinsam mit der vdpResearch GmbH ein Marktschwankungskonzept auf Postleitzahlenebene entwickelt: das BVR-Immobilienmarkt-Monitoring. Die Messungen von Marktschwankungen anhand des BVR-Immobilienmarkt-Monitorings ergänzen das Marktschwankungskonzept der Deutschen Kreditwirtschaft auf regionaler Ebene. Somit können die Genossenschaftsbanken ihre relevanten Märkte räumlich zutreffend bestimmen und die aufsichtsrechtlichen Anforderungen besser erfüllen.
Das Wachstum im Firmenkundengeschäft bei Kreditgenossenschaften wurde überwiegend durch die Kreditvergabe an das Dienstleistungsgewerbe, das Baugewerbe sowie Unternehmen aus dem Bereich Land- und Forstwirtschaft getragen. Aufgrund ihrer regionalen Verankerung nehmen die Kreditgenossenschaften auch eine starke Marktposition im Wirtschaftsbereich Erneuerbare Energien ein und begleiten finanziell Unternehmensvorhaben sowohl zur Erhöhung der Energieeffizienz als auch zur Erzeugung von regenerativen Energien.
Der Risikovorsorgeaufwand stieg im Geschäftsjahr auf –2,3 Milliarden Euro (Vorjahr: –0,8 Milliarden Euro). Ursächlich hierfür waren im Wesentlichen modellbasierte Bewertungsanpassungen (PD-Shifts) mit Blick auf die erwarteten Effekte der COVID-19-Pandemie. Der Risikovorsorgeaufwand blieb mit einer Quote von 0,3 Prozent (Vorjahr: 0,1 Prozent) des Volumens an Kunden- und Bankenforderungen (von insgesamt 910,3 Milliarden Euro) weiterhin auf niedrigem Niveau. Zum Stichtag 31. Dezember 2020 ist die NPL-Quote (Anteil des notleidenden Kreditvolumens am gesamten Kreditvolumen) der genossenschaftlichen FinanzGruppe leicht auf 1,5 Prozent (Vorjahr: 1,4 Prozent) gestiegen. Diese Entwicklung der NPL-Quote ist auf einen insgesamt stärkeren Rückgang des gesamten Kreditvolumens im Vergleich zur Senkung des Volumens notleidender Kredite zurückzuführen. In der Zusammenfassung betreiben die Genossenschaftsbanken ihr Kreditgeschäft in geordneten Verhältnissen.
Marktpreisrisiko
Das Marktrisiko bezeichnet die Gefahr von Verlusten, die aufgrund nachteiliger Veränderungen von Marktpreisen oder preisbeeinflussenden Faktoren auftreten können. Marktrisiken lassen sich im Allgemeinen in die Kategorien Aktien, Zins und Währung/Rohwaren untergliedern. Zum 31. Dezember 2020 betrugen die Marktrisikoaktiva der genossenschaftlichen FinanzGruppe 13,1 Milliarden Euro (Vorjahr: 12,7 Milliarden Euro), was einem Anteil von 1,9 Prozent (Vorjahr: 1,9 Prozent) der gesamten Risikoaktiva entspricht.
Als eine Kategorie des Marktrisikos spielt das Zinsänderungsrisiko neben den Kreditrisiken in den meisten Genossenschaftsbanken eine wichtige Rolle. Dieses Risiko wird von den Genossenschaftsbanken regelmäßig im Rahmen der Risikotragfähigkeit gemessen und limitiert. Es wird zwischen dem Zinsspannenrisiko und dem Bewertungsrisiko unterschieden. Das Zinsspannenrisiko ist die negative Abweichung des Zinsüberschusses (Zinsergebnisses) von seinem erwarteten beziehungsweise geplanten Wert. Das Bewertungsrisiko wird durch unerwartete Schwankungen der Kurse während der Haltedauer beeinflusst. Zur Ermittlung und Steuerung des periodischen Zinsänderungsrisikos werden von der parcIT regelmäßig portfoliounabhängige Zinsszenarien bereitgestellt, die VR-Zinsszenarien, die sowohl Verschiebungen nach oben und unten als auch Drehungen der Zinsstrukturkurve beinhalten. Die für die Steuerung des Zinsänderungsrisikos 2020 eingesetzten VR-Zinsszenarien haben die moderaten Zinsbewegungen des Jahres 2020 hinreichend abgedeckt. Zudem wurden die aufsichtlichen Zinsszenarien gemäß dem Rundschreiben 06/2019 (BA) der BaFin für die Währungen Schweizer Franken, dänische Kronen, Euro, Pfund, Yen und US-Dollar zentral durch die parcIT bereitgestellt.
Zinsänderungsrisiken haben einen wesentlichen Einfluss auf die Ertragslage der Banken. Das positive Zinsergebnis der genossenschaftlichen FinanzGruppe ist im Jahr 2020 moderat um 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Wie in den Vorjahren wird der größte Teil des Zinsergebnisses durch Konditionsbeiträge im Kundengeschäft, insbesondere im Kundenkreditgeschäft, erzielt. Aufgrund anhaltender Niedrigzinsen und des steigenden Wettbewerbs um Einlagen rechnen die Kreditinstitute künftig mit niedrigeren Zinsmargen. Zudem besteht weiterhin das Risiko, dass sich bei einer Zinswende an den Finanzmärkten die Refinanzierungskosten erhöhen werden.
Die BVR-SE überwacht die Angemessenheit der Zinsänderungsrisiken der Mitgliedsinstitute unter anderem durch Simulationsrechnungen des Zinsergebnisses. Aus diesen Simulationen kann geschlossen werden, dass die Kreditgenossenschaften auch zukünftig ein nachhaltig angemessenes Ergebnis erzielen. Hierzu tragen insbesondere auch die entsprechenden Steuerungsmaßnahmen der Institute bei.
Liquiditätsrisiko
Unter Liquiditätsrisiko wird das Risiko verstanden, dass die Bank ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann. Gemäß dem genossenschaftlichen Subsidiaritätsprinzip nimmt jede einzelne Genossenschaftsbank ihre Liquiditäts- und Risikosteuerung selbst vor. Die Einhaltung von Liquidity Coverage Ratio (LCR) beziehungsweise Net Stable Funding Ratio (NSFR) als gesetzlich vorgegebene Kennziffern der ersten Säule ist obligatorisch. Mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten zur betriebswirtschaftlichen Steuerung wird die einzelne Genossenschaftsbank in die Lage versetzt, einen Internal Liquidity Adequacy Assessment Process (ILAAP) bankindividuell aufzustellen und diesen steuern zu können. Die konzeptionellen Grundlagen dazu wurden bereits im Jahr 2018 unter Federführung des BVR erstellt.
2020 wurde in Reaktion auf die einsetzende COVID-19-Krise kurzfristig ein Monitoring über die Liquiditätslage sowohl der gesamten genossenschaftlichen FinanzGruppe als auch der Primärstufe eingerichtet. Gegenstand der Beobachtung waren dabei unter anderem die laufenden Liquiditätssalden, die in einem täglichen beziehungsweise wöchentlichen Rhythmus untersucht wurden. Hierzu erfolgte auf Basis des Austauschs mit der DZ BANK eine entsprechende Berichterstattung durch die Sicherungseinrichtung an den BVR-Vorstand.
Die Sicherstellung der kurzfristigen Zahlungsfähigkeit einer Bank wird über die LCR gemessen. Die Banken sind über diese Kennzahl gehalten, eine ausreichend hohe Liquiditätsvorsorge vorzuhalten. Zum Stichtag 31. Dezember 2020 liegt der Wert für die LCR im Median aller genossenschaftlichen Institute bei 177,6 Prozent (Vorjahr: 174,3 Prozent).
Die genossenschaftliche FinanzGruppe zeichnet sich seit Jahren durch eine als verlässlich und krisenresistent anzusehende Liquiditätsstruktur aus. Die Loan to Deposit Ratio der genossenschaftlichen FinanzGruppe liegt bei 95,0 Prozent (Vorjahr: 95,9 Prozent). Grundlage hierfür ist die stabile und eher kleinteilige Geschäftsstruktur der Banken, die sich diversifizierend und im Ergebnis risikomindernd auswirkt, sowie vor allem die traditionell geprägte Finanzierung der Institute über Kundeneinlagen. Die Kundschaft honoriert damit die Wirksamkeit der Institutssicherung, die die BVR-SE und die BVR-ISG insbesondere zum Zweck des Einlagenschutzes betreiben.
Das Liquiditätssystem der genossenschaftlichen FinanzGruppe ist geprägt durch einen starken Einlagenbestand der Retail- und Firmenkunden. Dieser Kundenkreis zeichnet sich zum einen durch seine kleinteilige Struktur aus und zum anderen unterliegt er einem stetigen Wachstum.
Über das verbundinterne Marktsystem wird bei der DZ BANK die Anlage dieser Liquidität übernommen. Als Zentralinstitut übernimmt diese auch den Ausgleich der Liquiditätsspitzen für die Genossenschaftsbanken. Die DZ BANK bündelt dabei überschüssige Liquidität der einzelnen Genossenschaftsbanken und gleicht Unterschiede der Liquiditätsausstattung einzelner Genossenschaftsbanken aus. Mit der Zentralbank erfolgt darüber ein regelmäßiger Austausch über die Liquiditätslage der Institute. Damit hat die DZ BANK jederzeit einen Überblick über die Gesamtsituation.
Operationelles Risiko
Das operationelle Risiko bezeichnet in Anlehnung an die bankaufsichtsrechtliche Definition das Risiko von Verlusten, die durch die Unangemessenheit oder das Versagen von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder durch externe Ereignisse verursacht werden. Zum 31. Dezember 2020 betrugen die Risikoaktiva der genossenschaftlichen FinanzGruppe aus operationellen Risiken 50,5 Milliarden Euro (Vorjahr: 50,2 Milliarden Euro), der Anteil an den gesamten Risikoaktiva lag bei 7,1 Prozent (Vorjahr: 7,3 Prozent).
Die eingerichteten Systeme und internen Verfahren der Genossenschaftsbanken dienen der Reduktion von operationellen Risiken. Hierbei wird den operativen Risiken mit unterschiedlichen Maßnahmen begegnet. Dazu zählen Arbeitsanweisungen, Funktionstrennungen, die Verwendung von einheitlichen und rechtlich geprüften Vertragsvordrucken sowie der Einsatz von Sicherheits-, Compliance-, Datenschutz- und Geldwäschebeauftragten. Für den Ausfall technischer Einrichtungen und unvorhergesehene Personalausfälle besteht eine Notfallplanung.
Interne Kontrollverfahren gewährleisten, dass wesentliche operationelle Risiken regelmäßig identifiziert, analysiert und beurteilt werden. Anhand von Leitfäden können die Institute ein systematisches Risk Assessment nach Marktstandards durchführen. Schadensfälle werden in einer Datenbank erfasst. Auf Basis der Ergebnisse der Schadensfallanalysen werden gegebenenfalls interne Abläufe angepasst beziehungsweise präventive Schutzmaßnahmen implementiert.
Die Messung operationeller Risiken erfolgt vor dem Hintergrund des jeweiligen Geschäftsmodells des Instituts. Dominierend sind die Quantifizierung in Form eines plausiblen Pauschalbetrags oder auf Basis historischer Schadensdaten teilweise erweitert durch Value-at-Risk(VaR)-Ansätze.
Chancen und Chancenmanagement
Die Mitgliedschaft der Kunden ist ein typisches Merkmal des Geschäftsmodells der Genossenschaftsbanken, das sich gut für die Vermittlung genossenschaftlicher Werte eignet. Sie bietet den Genossenschaftsbanken die Chance, sich von den Wettbewerbern anderer Bankengruppen abzugrenzen. Die Differenzierung von den Wettbewerbern drückt sich in einer unverändert hohen Kundenreichweite aus. Eine intensive Kundenbindung führt zu betriebswirtschaftlich messbaren Vorteilen wie Ertragssteigerungen der Genossenschaftsbanken und Sicherung der Marktanteile.
Das Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken stellt, auch in der digitalen Welt, den Menschen mit seinen Zielen und Wünschen in den Mittelpunkt. Die sich verändernden Wettbewerbsbedingungen durch die Digitalisierung wird die genossenschaftliche FinanzGruppe mittels der gestarteten Digitalisierungsoffensive für das Privat- und Firmenkundengeschäft in den nächsten Jahren aktiv angehen. Das Ziel ist hierbei, konsequent die Produkte und Dienstleistungen einer Genossenschaftsbank zu digitalisieren und auf allen von Kunden gewünschten Zugangswegen – Filiale vor Ort, online und mobil – anzubieten.
Mit der weiteren Umsetzung der Initiativen aus dem Projekt „KundenFokus“ und der Investitionen im Rahmen der Digitalisierungsoffensive wird dem veränderten Kundenverhalten Rechnung getragen, das Geschäftsmodell in diesem Sinne angepasst und insgesamt gestärkt. Im Mittelpunkt steht dabei die umfassende Omnikanalpräsenz und damit die Implementierung effizienter Prozesse auf allen Ebenen. Der persönliche Kontakt bleibt jedoch nach wie vor zentr-aler Bestandteil der Kundenbeziehung. Hinzu kommen Aspekte wie hochwertige Beratung und die Entscheidungsmöglichkeit für Kunden, wie sie mit ihrer Bank kommunizieren möchten. Die genossenschaftliche FinanzGruppe schafft hierfür zahlreiche Zugangswege und ermöglicht es ihren Mitgliedern, alle Informationen und Services auf allen relevanten Kanälen integriert zu nutzen – seien sie nun stationär oder digital.
Mithilfe der Digitalisierung, die zunehmend das Verhalten der Mitglieder bestimmt, kann auch die Kostenstruktur der Banken mittelfristig verbessert werden. Durch die Vermarktung neuer digitaler Zahlungsverkehrsangebote und die Implementierung eines Online-Anfrageprozesses für alle wesentlichen Produkte werden Kundenbedürfnisse berücksichtigt und Neukunden gewonnen. Hierdurch werden auch technikaffine, junge Kunden und Mitglieder angesprochen.
Für die Konsumausgaben wird nach der Lockerung der Corona-Beschränkungen ein starker Nachholeffekt im Bereich Gastronomie, Dienstleistung und Touristik erwartet. Durch Auswirkungen der COVID-19-Pandemie wird zwar eine gewisse Eintrübung der Beschäftigung und der verfügbaren Einkommen erwartet. Dies sollte sich jedoch nicht negativ auf die Nachfrage nach Bankprodukten und -dienstleistungen auswirken. Vor dem Hintergrund des derzeitigen Niedrigzinsniveaus werden die Genossenschaftsbanken weiterhin Potenziale im Bereich des Immobiliengeschäfts ausschöpfen, insbesondere da die COVID-19-Krise den Fokus der Kunden noch stärker auf Wohneigentum gelenkt hat.