In vielen Fällen hatten Antragsteller – teils auf Empfehlung der Bank, teils auf eigene Initiative – Aktienfondsanteile, Anleihen, Beteiligungen oder Zertifikate erworben und verlangten mit ihrem Antrag auf Streitbeilegung Schadenersatz wegen Verletzung beratungsvertraglicher Aufklärungs- und sonstiger Pflichten, also die Rückgängigmachung des Anlageentschlusses.
In den Anträgen wird der Anspruch auf Schadenersatz insbesondere von Verbrauchern ohne Rechtsbeistand mit den realisierten Anlageverlusten begründet. Dabei wird außer Acht gelassen, dass eine Bank bei noch so guter Beratung nicht den Anlageerfolg schuldet, sondern nur eine anlage- und anlegergerechte Beratung im Vorfeld des Anlageentschlusses.
Oft konnte von den Ombudsleuten aufgrund der unterschiedlichen Darstellungen beider Streitparteien hinsichtlich des Beratungsverlaufs mangels Beweiserhebungsmöglichkeit nicht eindeutig festgestellt werden, dass die Beratung der Bank den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen nicht entsprach. Im nachfolgenden Schlichtungsvorschlag S 18/20 war der Sach- und Streitstand etwas anders gelagert: Nach Aktenlage konnte der Ombudsmann feststellen, dass die aus dem Beratungsvertrag resultierende Verpflichtung zur Aufklärung über geflossene Rückvergütungen nicht ordnungsgemäß erfolgte, sah aber dennoch die Möglichkeit, dass bei einem gerichtlichen Beweisaufnahmeverfahren das Gericht zu einer anderen Einschätzung kommen könnte, und hat deswegen zugunsten des Kunden nur einen Vergleichsvorschlag unterbreitet:
„Die Antragstellerin verlangt mit ihrem am 31. Januar 2020 bei der Kundenbeschwerdestelle eingegangenen Schlichtungsantrag Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung. Am 3. Februar 2010 erwarb sie auf Empfehlung der Antragsgegnerin und nach Beratung durch deren Mitarbeiterin S. über eine Treuhänderin Kommanditanteile an der DS-Rendite-Fonds Nummer 136 Flugzeugfonds XI GmbH & Co. KG. Hierfür bezahlte sie 10.000,00 Euro zuzüglich 5 Prozent Agio.
Sie macht nunmehr geltend, die Beratung seitens der Antragsgegnerin sei weder anleger- noch anlagegerecht gewesen. Ihr sei es um eine langfristige Kapitalanlage zur Altersvorsorge ohne hohe Verlustrisiken gegangen. Dem werde die empfohlene Anlage, die als sicher und bankgeprüft angepriesen worden sei, nicht gerecht. Eine Aufklärung über die wesentlichen Risiken der Beteiligung sei nicht erfolgt. Auch der Emissionsprospekt, der nicht rechtzeitig übergeben worden sei, sei fehlerhaft, wofür die Antragsgegnerin ebenfalls hafte. Zudem sei keine Aufklärung darüber erfolgt, dass und in welcher Höhe die Antragsgegnerin eine Provision in Form einer Rückvergütung aus und im Zusammenhang mit der Vermittlung des Fonds erhalte.
Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Unter Hinweis auf eine mir nicht vorliegende „ergänzende Vermittlungsdokumentation“ vom 3. Februar 2010 trägt sie vor, es hätten zwei Beratungsgespräche stattgefunden, bei denen die Antragstellerin anhand des Prospekts aufgeklärt worden sei. Die Antragstellerin habe sich selbst als risikobereit eingestuft; sie habe mitgeteilt, dass sie bei entsprechenden Angeboten auch spekulativ anlegen wolle. Als Anlageziel sei auch der Vermögensaufbau genannt worden. Ausweislich des vorliegenden Protokolls sei die Antragstellerin auch darüber aufgeklärt worden, dass sie, die Antragsgegnerin, für die Vermittlung eine Provision erhalte, nämlich das Agio sowie eine Provision von bis zu 3 Prozent.
Eine Rechtsverfolgung seitens der Antragstellerin hat nach dem mir vorliegenden Sach- und Streitstand gewisse Aussichten auf Erfolg. Dies führt dazu, dass ich den Parteien eine gütliche Einigung vorschlagen werde.
1. Zwischen den Parteien ist nach den vom BGH im sogenannten Bond-Urteil (Urteil vom 6. Juli 1993 – XI ZR 12/93) entwickelten Grundsätzen ein Beratungsvertrag zustande gekommen, aufgrund dessen die Bank zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung und Aufklärung verpflichtet war.
2. Ob die Antragsgegnerin dieser ihrer Verpflichtung zur anleger- und anlagegerechten Aufklärung nachgekommen ist, ist streitig und mit den im Schlichtungsverfahren zugelassenen Beweismitteln nicht aufzuklären.
Streitig ist schon, welche Risikobereitschaft und welche Anlageziele die Antragstellerin der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin genannt hat. Inhalt und Ablauf des Beratungsgesprächs, ja selbst die Frage, wie viele Beratungsgespräche stattgefunden haben, sind streitig. Eine Klärung dieser streitigen Fragen ist mittels Urkunden (§ 6 Absatz 5 VerfO) nicht möglich. Vielmehr bedarf es zur Sachverhaltsklärung und zur Feststellung des der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalts einer förmlichen Beweisaufnahme mittels Vernehmung der Bankmitarbeiterin S. als Zeugin. Zudem ist in Fällen dieser Art die persönliche Anhörung der Anlegerin geboten. Zu diesen Maßnahmen bin ich als Ombudsmann nicht befugt. Sie sind dem ordentlichen Gericht vorbehalten.
3. Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin hat aber Erfolgsaussichten unter dem Gesichtspunkt der unzureichenden Aufklärung über Rückvergütungen.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Bank aus dem Beratungsvertrag verpflichtet, den Anleger über an sie fließende Rückvergütungen aus Vertriebsprovisionen ungefragt und von sich aus aufzuklären (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 – XI ZR 56/05; vom 12. Mai 2009 – XI ZR 586/07; Beschluss vom 09. März 2011 – XI ZR 191/10; OLG Bamberg, Urteil vom 13. Mai 2015 – 3 U 140/14). Der Grund für diese Verpflichtung liegt darin, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Diese Verpflichtung zur Aufklärung bezieht sich auch auf die Höhe der Rückvergütungen (BGH, am angegebenen Ort, ebenso BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 – XI ZR 191/10).
Vorliegend hat die Antragsgegnerin unter Hinweis auf die „ergänzende Vermittlungsdokumentation“ allerdings lediglich vortragen, darüber aufgeklärt zu haben, bis zu welcher Höhe ihr eine Provision zufließen kann, nicht aber über deren genaue Höhe. Damit ist sie den vom BGH begründeten Anforderungen wohl nicht gerecht geworden. Um das Interesse der beratenden Bank daran zu erkennen, gerade diese Anlage zu empfehlen, macht es schon einen großen Unterschied, ob die Bank 5 Prozent oder 8 Prozent Vermittlungsprovision erhält. Dies hat zur Folge, dass die Antragstellerin nach dem Grundsatz des beratungsgerechten Verhaltens für sich in Anspruch nehmen kann, sie hätte die Anlage bei richtiger und vollständiger Aufklärung nicht gezeichnet.
Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung des Umstands, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung dem Gericht ohne Weiteres ein anderer Sach- und Streitstand vorliegen kann, unterbreite ich den Parteien den Vorschlag, sich auf folgenden Vergleich zu einigen:
1. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, ohne Anerkenntnis einer entsprechenden Rechtspflicht und ohne jedes Präjudiz, aber gleichwohl mit dem erforderlichen Rechtsbindungswillen, an die Antragstellerin 1.099,50 Euro (= ein Viertel aus 4.398,00 Euro) zu bezahlen.
2. Mit Abschluss dieses Vergleichs sind sämtliche Ansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin aus Anlass der Beratung und Empfehlung zum Erwerb der verfahrensgegenständlichen Beteiligung für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, egal aus welchem Rechtsgrund und egal, ob bekannt oder nicht bekannt, abgegolten und erledigt. Insbesondere sind sich die Parteien einig darüber, dass die verfahrensgegenständliche Beteiligung bei der Antragstellerin verbleibt.
3. Beide Parteien verpflichten sich, über Anlass, Ablauf und Ergebnis dieses Verfahrens Stillschweigen zu bewahren, ausgenommen den Fall, dass eine gesetzliche Pflicht zur Offenbarung besteht. Insoweit wird die Antragstellerin auch ihre anwaltlichen Vertreter nicht von der Schweigepflicht befreien.
4. Eine Kostenerstattung findet nicht statt; jede Partei trägt somit die ihr entstandenen Auslagen selbst, § 9 Absatz 1 Satz 2 VerfO.“