f) Sparverkehr

Die Streitschlichter haben sich auch in diesem Berichtszeitraum öfter mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob ein langfristiger Sparvertrag, der ein langjähriges Zins- und Bonuszinsversprechen mit über die Laufzeit des Vertrags ansteigenden Bonuszinsen enthält, einseitig von der Bank gekündigt werden kann. Etliche Banken haben solche Bonussparverträge unter Berufung auf Ziffer 19 Absatz 1 ihrer Allgemeinen Geschäfts-bedingungen ordentlich gekündigt. Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18 – mit der Kündbarkeit von Bonussparverträgen auseinandergesetzt und befunden, dass für diejenige Vertragslaufzeit, für die die Bank Bonuszinsen als Sparanreiz vereinbart, kein ordentliches Kündigungsrecht bestehe, weil die Vereinbarung einer Bonusverzinsung einer Abbedingung des Kündigungsrechts seitens der Bank gleichkomme. Gleichwohl werden die Leitsätze des Urteils missverstanden und zur Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung herangezogen, wie der Schlichtungsvorschlag R 1/20 zeigt:


„Der Antragsteller hat mit der Bank im Jahre 1998 einen Sparvertrag (VR-Bonusplan) abgeschlossen, auf den verwiesen wird. Mit Schreiben vom 15. November 2019 hat die Bank den Vertrag zum 1. März 2020 gekündigt. Dies akzeptiert der Antragsteller nicht und verlangt die Fortsetzung des Vertrags. Die Bank hält ihre Kündigung auch in Ansehung der jüngsten BGH-Rechtsprechung für gerechtfertigt und verweist auf die Auswirkungen der Niedrigzinsentwicklung.

Der Schlichtungsantrag ist begründet.

Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, den Sparvertrag fortzusetzen. Die von ihr ausgesprochene Kündigung hat nicht zur Beendigung des Sparvertrags geführt. Ein ordentliches Kündigungsrecht ist mit dem Sparvertrag konkludent für den Zeitraum der vertraglichen Bonusversprechen ausgeschlossen worden. Die von der Bank angeführte Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18, juris) wird von ihr zu Unrecht als Argumentationshilfe herangezogen und weiterhin sachwidrig ausgelegt. Ihre Rechtsauffassung wird auch durch ständige Wiederholung in den Schlichtungsverfahren nicht plausibel. Diese Rechtsprechung des BGH gebietet vielmehr die gegenteilige Annahme eines derzeit noch fortbestehenden Kündigungsausschlusses.

Auch im vorliegenden Fall hat die Bank mit der vereinbarten Bonusstaffel einen besonderen Sparanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz bedingt einen konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechts bis zum Ablauf des 22. Ansparjahres, weil die Bank andernfalls den Antragstellern den vertraglich ausdrücklich zugesicherten Anspruch auf Gewährung der ausdrücklich zugesagten Sparprämien entziehen könnte (BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18, Randnummer 39, juris; OLG Stuttgart, WM 2016, 311, 318).

Die Bestimmungen in Ziffer 5 des VR-Sparvertrags betreffen zunächst nur das Kündigungsrecht des Sparers. Die Annahme der Bank, mit dem Erreichen der höchsten Bonusstufe sei der Vertrag kündbar, lässt auch im gegebenen Fall unberücksichtigt, dass sich der vorliegende Vertrag in einem wesentlichen Punkt von der Vertragssituation unterscheidet, über die der BGH zu befinden hatte.

Der BGH-Entscheidung lag ein Vertrag zugrunde, bei dem die höchste Prämie (Bonus) für das 15. Sparjahr ausgewiesen war. Für die Zeit danach war überhaupt keine Prämie mehr vorgesehen. Hieraus hat der BGH mit überzeugenden Gründen gefolgert, dass ein über das Ende des 15. Sparjahres hinauswirkender Ausschluss des Kündigungsrechts nicht vereinbart worden sei. Das hat der BGH damit begründet, dass nach dem Inhalt des Vertrags nur die Zahlung einer Sparprämie bis zum 15. Sparjahr versprochen worden sei. Ab diesem Zeitpunkt sei der Sparvertrag zwar nicht automatisch beendet, sondern laufe weiter. Nach dem Vertragsinhalt habe aber ab diesem Zeitpunkt ein Recht zur ordentlichen Kündigung bestanden, weil ein Sparer nicht erwarten könne, dass ihm mit dem Abschluss des Sparvertrags eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit eröffnet werden sollte.

Im hier gegebenen Fall beschränkt sich das Bonusversprechen aber nicht darauf, wie bei dem vom BGH entschiedenen Fall nur einen bis zur höchsten Bonusstufe reichenden Zeitraum anzugeben. Der Vertrag enthält vielmehr auch für die Folgejahre ein ausdrückliches Zinsversprechen. Der Vertrag weist zwar schon für das 15. Ansparjahr den höchsten Bonus von 45 Prozent aus, führt aber anschließend ausdrücklich sieben weitere Ansparjahre mit demselben (Höchst-)Bonus aus, der bis zum 22. Ansparjahr gelten soll. Dies beinhaltet ein vertragliches Zinsversprechen für insgesamt 22 Sparjahre und einen entsprechend langen Kündigungsausschluss.

Anders als die Bank meint, hat der BGH den Wegfall des Kündigungsausschlusses auch nicht unmittelbar an das Erreichen der Höchstprämie geknüpft. Das Einsetzen des höchsten Bonus und die zeitliche Dauer, für welche er gezahlt werden soll, sind zwei eigenständige vertragliche Regelungspunkte. Demgegenüber liest die Bank etwas in die Entscheidung des BGH hinein, was darin nicht enthalten ist und was auch im Wege der Auslegung nicht hineininterpretiert werden kann. In dem vom BGH entschiedenen Fall war es lediglich so, dass das Erreichen der Höchstprämie mit dem Ende des ausgewiesenen Ansparzeitraums zusammenfiel. Dagegen wäre es sinnwidrig, das ausdrücklich auf 22 Ansparjahre erstreckte Zinsversprechen nur deshalb zeitlich zu beschränken, weil schon im 15. Jahr eine bestimmte Bonusstufe erreicht wird. Die Bank hätte den Höchstbonus schon ab dem ersten Sparjahr zusagen können, ohne dass dadurch ihre zusätzliche Zusicherung, für wie viele Jahre dieser Bonus gelten soll, tangiert worden wäre.

Soweit in Ziffer 5 des Vertrags dessen Beendigung nach spätestens 25 Ansparjahren vorgesehen ist, so umschreibt dies, wie der Begriff „spätestens“ verdeutlicht, keine Mindestdauer und erst recht kein über 22 Sparjahre hinausreichendes Bonusversprechen, sondern nur die Höchstdauer der Ratensparvereinbarung, die nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen nach Ablauf des 22. Ansparjahres aufkündbar wird. Das sollte der Antragsteller beachten.

Die Bank sollte den Vertrag nach vorstehender Maßgabe fortsetzen.“


Einige Antragsteller haben auch in diesem Berichtszeitraum geltend gemacht, dass die von der Bank verwendete Zinsanpassungsklausel in Sparverträgen den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Kalkulierbarkeit nicht entspreche. Ist dies der Fall, so ist die verwendete Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch eine wirksame Klausel zu ersetzen und eine Neuberechnung der Zinsen vorzunehmen. Die Ombudsleute haben mitunter zur Vermeidung unnötigen Aufwands eine pauschale Ausgleichszahlung vorgeschlagen und den Parteien ans Herz gelegt, den Schlichtungsvorschlag anzunehmen und nicht etwa einen langwierigen und teuren Gerichtsprozess zu bevorzugen, wie der nachfolgende Schlichtungsvorschlag K 106/20 zeigt:


„Zwischen den Parteien besteht ein Sparvertrag vom 22. Februar 1996 mit der Bezeichnung VR-Vorsorgeplan-Ansparplan. Nach dem Inhalt dieses Vertrags ist der Sparer verpflichtet, ab dem 1. März 1996 auf das Sparkonto monatliche Einzahlungen zu leisten. Das angesparte Guthaben ist mit einem Basiszinssatz, den die Bank durch Aushang bekannt gibt und der sich damals auf wohl 3 Prozent belief, zu verzinsen; zusätzlich erhält der Sparer bis zum 25. Ansparjahr, der maximalen Anspardauer, einen Bonus auf den Zins nach Maßgabe einer im Vertrag enthaltenen Zinsstaffel. Der Zinssatz ist variabel. Die Bank kann, so heißt es in dem Vertrag, den Zinssatz veränderten Marktverhältnissen anpassen. Eine Anpassungsschwelle sowie einen Anpassungszeitraum sieht der Vertrag nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung nehme ich auf die mir in elektronischer Form vorliegende Vertragsurkunde Bezug.

Der Antragsteller verlangt, gestützt auf eine Überprüfung durch eine Verbraucherzentrale, eine Neuberechnung der Zinsen und die sich hieraus ergebende Zinsnachzahlung, die er mit 1.543,18 Euro beziffert.

Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Sie verweist darauf, dass sie ihrer Zinsberechnung einen Referenzzins zugrunde gelegt habe, der aus den von der Bundesbank veröffentlichten Zinssätzen der Zinsstrukturkurve „Börsennotierte Bundeswertpapiere“ wie folgt gebildet worden sei:

– 10 Prozent der Wertpapiere mit einer Laufzeit von zwei Jahren,

– 10 Prozent der Wertpapiere mit einer Laufzeit von drei Jahren,

– 80 Prozent der Wertpapiere mit einer Laufzeit von zehn Jahren.

Sie habe zusätzlich einen dreimonatigen Anpassungszeitraum zugrunde gelegt sowie eine Marge von 2,4 Prozent. Sie trägt vor, dass sich auf der Grundlage dieses Referenzzinses eine höhere Verzinsung als berechnet nicht ergebe.

Der Schlichtungsantrag ist begründet. Er führt zur Unterbreitung eines Schlichtungsvorschlags.

1. Ausgangspunkt ist: Die Zinsanpassungsklausel im Ratensparvertrag vom 22. Februar 1996 ist unwirksam. Insoweit sind sich die Parteien einig, sodass ich mich entsprechend kurz fassen kann.

a) Der vorliegende Sparvertrag sah formularmäßig und somit mittels Bestimmung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eine variable Verzinsung vor. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Vertrags und der daraus ersichtlichen Konzeption der Vereinbarung. Hieraus wird deutlich, dass der bei Vertragsbeginn gültige Zinssatz nicht für die gesamte Laufzeit des Vertrags verbindlich sein sollte. In rechtlicher Hinsicht begegnet es keinen Bedenken, dass der Bank überhaupt ein Recht zur Anpassung des Zinssatzes für die Spareinlagen in den auf eine längere Laufzeit angelegten Prämiensparverträgen eingeräumt worden ist. Ob die Parteien bei Spareinlagen eine gleich-bleibende oder aber eine variable Verzinsung vereinbaren, ist ihre durch gesetzliche Vorschriften nicht vorgegebene Entscheidung und unterliegt damit keiner AGB-Inhaltskontrolle. Die Statuierung eines einseitigen Zinsänderungsrechts der Bank in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei vereinbarter variabler Verzinsung von Spareinlagen ist für den Sparer danach nicht grundsätzlich unzumutbar (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – XI ZR 211/07, ebenso BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 – XI ZR 52/08).

b) Die in dem Sparvertrag enthaltene vorformulierte Zinsanpassungsklausel ist unwirksam gemäß § 308 Nummer 4 BGB. Die Befugnis eines Kreditinstituts, dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, weist nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen auf (BGH, Urteile vom 17. Februar 2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 ff., vom 10. Juni 2008 – XI ZR 211/07, WM 2008, 1493, Randnummer 12, und vom 13. April 2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933, Randnummer 15). Angesichts der eindeutigen und gefestigten Rechtsprechung des BGH hierzu bedarf dies keiner weiteren Ausführung.

c) Die dadurch entstehende Vertragslücke ist im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Es besteht insoweit kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 316, § 315 Absatz 1 BGB. Eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel kann nicht durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung ersetzt werden (BGH, Urteile vom 1. Febraur 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78, und vom 12. Oktober 2005 – IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das – ungeachtet der nach § 315 Absatz 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle – die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 308 Nummer 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vergleiche BGH, Urteil vom 13. April 2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933, Randnummer 19). Ebenso wenig besteht zugunsten der Bank ein Ermessensspielraum bei der Festlegung der Parameter für die Anpassung der Zinsen. Dem hat der BGH bereits in der Entscheidung vom 21. Dezember 2010 – XI ZR 52/08 ausdrücklich widersprochen (Randnummer 17, zitiert nach juris). Diese ergänzende Vertragsauslegung ist im Falle eines gerichtlichen Rechtsstreits vom Richter durchzuführen (BGH, Urteil vom 13. April 2020 – XI ZR 197/09). Dementsprechend trifft in einem Schlichtungsverfahren den Ombudsmann die Pflicht zur ergänzenden Vertragsauslegung.

d) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist ein Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (BGH, Urteile vom 21. April 2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257, Randnummer 35, und vom 13. April 2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933, Randnummer 19).

2. Demnach kommt es für die Entscheidung des Streits maßgeblich darauf an, ob der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Referenzzins diesen Anforderungen an eine ergänzende Vertragsauslegung gerecht wird. Dies ist nach meiner Überzeugung nicht der Fall. Ich gehe davon aus, dass auch die Gerichte den hier angewandten Referenzzins nicht billigen werden.

a) Die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermittelnden Parameter für eine Zinsänderung haben grundsätzlich in Anknüpfung an einen Referenzzinssatz zu erfolgen. Dies ermöglicht es den Parteien, selbstständig den jeweils geltenden Zinssatz in gleicher Weise wie bei einer Zinsgleitklausel zu bestimmen, bei der eine automatische Zinsanpassung ohne eine Erklärung einer der Vertragsparteien erfolgt (BGH, Urteil vom 14. März 2017 – XI ZR 508/15, Randnummer 24). Dem ist die Antragsgegnerin gerecht geworden dadurch, dass sie als Referenzzinssatz einen Mischzinssatz aus zweijährigen, dreijährigen und zehnjährigen Anlagen zugrunde gelegt hat.

b) Richtig ist sicherlich, dass der BGH bislang davon abgesehen hat, einen konkreten Referenzzins für derartige Sparverträge vorzugeben. Richtig ist aber auch, dass der BGH die Anforderungen an den in Betracht kommenden Referenzzins eindeutig festgelegt hat: Danach ist bei der Bestimmung des Referenzzinssatzes der Charakter des zugrunde liegenden Vertrags zu berücksichtigen, also namentlich der Umstand, auf welche Laufzeit der Vertrag ausgerichtet ist. Der Sparvertrag hat vorliegend eine Laufzeit von 25 Ansparjahren. Zwar ist der Sparer auch zu einer ordentlichen Kündigung des Vertrags berechtigt. Dies stellt aber keine wirtschaftlich vernünftige Handlungsoption dar, da der volle Bonus typischerweise erst nach und nach erwirtschaftet werden kann (zu entsprechenden Vertragsgestaltungen vergleiche zuletzt BGH, Urteil vom 14. März 2017 – XI ZR 508/15). Aus diesem Grund ist ein Referenzzinssatz für langfristige Spareinlagen heranzuziehen (BGH, am angegebenen Ort).

c) Auch hier muss ich der Antragsgegnerin einräumen, dass sich der von ihr angewandte Mischzinssatz geradezu wohltuend von den zugrunde gelegten Referenzzinsen anderer Institute hervorhebt. Immerhin beläuft sich der Anteil der zehnjährigen Anlagen am Mischzins auf 80 Prozent. Das war bei allen mir bislang vorliegenden Parallelfällen bei Weitem nicht so. Gleichwohl meine ich, dass auch dieser Referenzzins einer gerichtlichen Kontrolle – jedenfalls durch den BGH – nicht standhalten wird. Wertpapiere mit einer Laufzeit von lediglich zwei oder drei Jahren vermögen dem Charakter des Sparvertrags einfach nicht gerecht zu werden, auch nicht bei einem geringen Anteil von lediglich 20 Prozent.

d) Das Problem des richtigen Referenzzinssatzes besteht vornehmlich darin, dass es jedenfalls bei der Bundesbank, aber auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB), soweit ich dies übersehen kann, keine Zeitreihe für langfristige Spareinlagen mit einer Vertragsdauer von 25 Jahren gibt. Auch die Zeitreihe mit der früheren Bezeichnung BBK01.WX4260, die nunmehr unter der Bezeichnung BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.A.B.A.R0910.R.A.A._Z._Z.A_FLAGS veröffentlicht wird, halte ich nur für bedingt geeignet: Sie betrifft die Umlaufrenditen inländischer Schuldverschreibungen und Hypothekenpfandbriefe mit einer Laufzeit von neun bis zehn Jahren. Zuzugeben ist allerdings, dass diese Zeitreihe dem Charakter des hier vorliegenden Sparvertrags wenigstens am ehesten nahekommt. Aus diesem Mangel an geeigneten Referenzzinsreihen habe ich gelegentlich schon Zinsreihen außerhalb der EZB (https://index.fmh.de/fmh-index/zinsentwicklung/detailversion/) das Wort geredet, wenn auch nicht ohne erhebliche Bedenken meinerseits. Jedenfalls ist unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenige oder eine Kombination derjenigen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahekommen (BGH, Urteil vom 13. April 2010 – XI ZR 197/09). Dies ist bei der genannten Zeitreihe, und daran führt nun einmal kein Weg vorbei, am ehesten der Fall.

3. Dies hätte an sich zur Folge, dass die Zinsen für den Sparvertrag von Anfang an unter Berücksichtigung einer noch festzulegenden Anpassungsschwelle sowie eines ebenfalls noch zu bestimmenden Anpassungszeitraumes unter Zugrundelegung dieses Referenzzinses neu zu berechnen sind. Von einem solchen Vorschlag möchte ich absehen. Nachdem die Ratensparvereinbarung ohnehin nach dem Erreichen des 25. Ansparjahres und somit in absehbarer Zeit endet, sollten sich die Parteien dahingehend einigen, dass die Zinsen weiterhin auf der bisherigen Grundlage berechnet werden und zum Ausgleich dafür die Antragsgegnerin an den Antragsteller pauschal einen Betrag von 1.200,00 Euro zahlt. Damit ist dann der Anspruch auf Zinsnachzahlung für die gesamte Laufzeit der Ratensparvereinbarung abgegolten und erledigt.

4. Ich möchte nicht enden, ohne die Parteien auf Folgendes hingewiesen zu haben:

Der BGH weist in Fällen dieser Art die Instanzgerichte regelmäßig an, „gegebenenfalls sachverständig beraten zu klären, welcher konkrete in der von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Zinsstatistik veröffentlichte Zins als maßgebliche Referenz herangezogen werden kann“ (Urteil vom 21. Dezember 2010, am angegebenen Ort, Randnummer 26). Dieses Schicksal in Form einer Beweiserhebung mittels Einholung eines Sachverständigengutachtens wird die Parteien meiner Einschätzung nach im Falle eines gerichtlichen Rechtsstreits ebenfalls ereilen. Was dies für die Parteien bedeutet, muss ich nicht weiter erklären: Es macht den Rechtsstreit langdauernd und vor allem teuer. Angesichts der derzeit nun einmal bestehenden Niedrigzinsphase werden deshalb die Kosten eines Rechtsstreits nicht nur deutlich außer Verhältnis zum Wert der Streitsache stehen; sie werden deutlich höher sein als der zwischen den Parteien noch streitige Betrag. Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass jedwede Einigung, die eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeidet, wirtschaftlich sinnvoller ist als ein Prozess mit einem für beide Seiten ungewissen Ausgang und somit erheblichen Risiko: Möglicherweise kramt ja ein Gericht – man verzeihe mir die despektierliche Ausdrucksweise – doch noch eine Zeitreihe hervor, die ich nicht kenne, die ebenfalls vertretbar erscheint und die für den Antragsteller etwas ungünstiger ist. Dieser finanzielle Aspekt war für mich auch die ausschlaggebende Erwägung dafür, im vorliegenden Fall von der an sich bestehenden Möglichkeit einer Verweisung auf den Rechtsweg wegen Beweisbedürftigkeit (§ 3 Absatz 2 Satz 1 Buchstabe b) VerfO) abzusehen.“