g) Depotführung

Einige Antragsteller haben sich im Berichtszeitraum gegen die Kündigung von Rohstoffzertifikaten gewendet. Der Ombudsmann musste in solchen Fällen überprüfen, ob die Zertifikatsbedingungen ein Kündigungsrecht vorsehen und ob die dort geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Kündigung vorlagen, wie der Schlichtungsvorschlag K 50/20 zeigt:


„Die Antragsgegnerin ist Emittentin des (…) Endloszertifikats auf Rohstoffe und Waren mit der Wertpapierkennnummer ISIN DE000DG1FVV7. Der Ausgabe dieser Zertifikate lagen die Endgültigen Bedingungen Nummer 6 vom 18. Februar 2015, bestehend aus den Informationen zur Emission sowie den Zertifikatsbedingungen, zugrunde. Der Antragsteller hat seit 2015 1.000 Stück dieser Zertifikate erworben. Mit Schreiben vom April 2020 hat die Antragsgegnerin diese Zertifikate außerordentlich zum 22. April 2020 gekündigt. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Schlichtungsantrag. Er hält die Kündigung für unzulässig.

Demgegenüber stützt die Antragsgegnerin die Kündigung auf § 6 Absatz 4 Buchstabe b) der Zertifikatsbedingungen.

Den Schlichtungsantrag kann ich nicht unterstützen.

Die Antragsgegnerin hat hinreichend dargetan, dass zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung die Voraussetzungen für eine Kündigung der Zertifikate nach § 6 Absatz 4 Buchstabe b) der Zertifikatsbedingungen vorlagen. Nach dieser Bestimmung ist die Emittentin berechtigt, die Zertifikate zu kündigen, wenn eine sogenannte Absicherungsstörung vorliegt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn die Emittentin auch nach Aufwendung wirtschaftlich zumutbarer Maßnahmen nicht in der Lage ist, eine beziehungsweise mehrere Geschäfte, Transaktionen oder Anlagen zu erwerben, abzuschließen, erneut abzuschließen, zu ersetzen, beizubehalten, aufzulösen oder zu veräußern, die die Emittentin als notwendig erachtet, um ihr Risiko der Übernahme und Erfüllung der Verpflichtungen aus den Zertifikaten abzusichern.

Dies war aus der hier maßgeblichen Sicht der Emittentin am 20. und 21. April 2020 der Fall.

Bedingt war dies zum einen durch die Kursentwicklung der dem Zertifikat zugrunde liegenden WTI-Futures. Dem Zertifikat lagen die Futures für Juni 2020 zugrunde. Am 20. April 2020 notierten die Mai-Futures erstmals mit einem negativen Wert. Es bestand Grund zu der Annahme, dass auch der Kurs des Juni-Futures weiter sinkt oder gar negativ werden wird. Gleichzeitig hatte sich der Rollfaktor, der bei der Emission noch mit dem Wert 1,0 angenommen worden war, aufgrund der Wertschwankungen am Markt negativ entwickelt. Schließlich bestand bei dem hier betroffenen Zertifikat noch die Besonderheit, dass es gegen Währungsschwankungen – der Basiswert notierte in US-Dollar – abgesichert war, wofür Quanto-Kosten anfielen. All diese Faktoren führten dazu, dass sich der Wert des Zertifikats am 21. April 2020 auf 0,00 Euro belief. Dies begründete wiederum die naheliegende Gefahr, dass bei Auslaufen des Juni-Futures – genauer: bei dessen Verkauf – eine sogenannte Contango-Situation eintreten wird. Es war mehr als naheliegend, dass der Ölpreis sich nach dem Einbruch wieder erholen wird. Dies hätte zur Folge, dass der Preis für Öl-Futures weit über dem aktuellen Tagespreis liegen wird. Damit bestand am 21. April 2020 ausreichend Grund zu der Annahme, dass die Emittentin zukünftige Absicherungsgeschäfte, zu deren Vornahme sie verpflichtet ist, nur zu unvertretbar hohen und wirtschaftlich unzumutbaren Kosten wird abschließen können. Sie musste deshalb reagieren.

Der Hinweis des Antragstellers, dass die Antragsgegnerin, hätte sie von der Kündigung abgesehen, keinen Grund für eine Sicherstellung der Auszahlungen gehabt habe, trifft nicht zu. Der Antragsteller übersieht, dass auch die Gläubiger der Zertifikate berechtigt waren, von ihrem Einlösungsrecht im Juni 2020 Gebrauch zu machen. Zudem stellt der Antragsteller zu sehr auf eine Betrachtung ex post ab. Dies kann aber nicht maßgeblich sein; im Nachhinein wissen wir immer alles besser. Maßgeblich sind vielmehr die objektive Betrachtung und die darauf beruhende Bewertung seitens der Antragsgegnerin am 20. und 21. April 2020. Diese rechtfertigen die ausgesprochene Kündigung.

Der Antragsteller sollte deshalb den Streit mit der Antragsgegnerin beenden.“