h) Andere Sachgebiete

Antragsteller trugen auch in diesem Berichtszeitraum mitunter vor, dass die Bank in vertragswidriger Weise Unberechtigten den Zutritt zu einem Schließfach eingeräumt habe. In diesen Fällen verlangen die Antragsteller meist Schadenersatz. Die Darlegung eines solchen Schadens ist in der Praxis allerdings oft schwierig, wie der folgende Schlichtungsvorschlag W 29/20 zeigt:


„Die Antragsteller bilden eine Erbengemeinschaft nach ihrer verstorbenen Großmutter H. S., die bei der Antragsgegnerin (Bank) ein Schließfach hatte. Für das Schließfach bestand früher eine Vollmacht zugunsten der Mutter der Antragsteller, die im April 2015 widerrufen wurde.

Der Bank wird vorgeworfen, dass sie der Mutter trotz des Vollmachtwiderrufs am 3. April 2016 Zugang zum Schließfach gewährt habe. Dabei sei der Inhalt des Schließfachs, Schmuck und andere Wertgegenstände, komplett ausgeräumt worden. Die Antragsteller verlangen Schadensersatz in Höhe von 13.000 Euro. Einzelnachweise über den Inhalt des Schließfachs können sie nicht erbringen.

Die Bank gesteht zu, weisungswidrig den Zugang zum Schließfach ermöglicht zu haben. Sie weigert sich jedoch, ohne konkreten Schadensnachweis einen pauschalen Schadensausgleich vorzunehmen.

Der Schlichtungsantrag führt zu einem Vergleichsvorschlag.

Mein Vorschlag basiert in erster Linie auf der Erwägung, dass ein der Bank anzulastender Verstoß gegen ihr obliegende Pflichten (§ 280 BGB) dem Grunde nach feststeht.

Der Vertrag über die Überlassung eines Bankschließfachs stellt nach ganz überwiegender Ansicht einen Mietvertrag im Sinne von § 535 ff. BGB dar. Ein solcher Vertrag ist grundsätzlich nur auf die Gebrauchsüberlassung der Mietsache gerichtet, die allerdings im gegebenen Zusammenhang dadurch gekennzeichnet ist, dass der Mieter eine besondere Sicherheit erwartet, die er bei einer anderweitigen Lagerung üblicherweise nicht erreichen kann. Die danach geschuldete Sicherheit bezieht sich zwar nicht unmittelbar auf die Obhut an den einzulagernden Gegenständen selbst, von denen die Bank im Regelfall nicht einmal Kenntnis hat. Vielmehr bezieht sie sich auf den Raum, in welchem sich das Schließfach befindet. Geschuldet werden Bewachung und Sicherung des Schließfachs unter Zuhilfenahme von Mitteln, die dem anerkannten Stand der Technik entsprechen, eine allgemeine Kontrolle und Überwachung des Zugangs und die Prüfung der Zugangsberechtigung im Einzelfall (vergleiche Soergel/Heintzmann, BGB, vor § 535, Randnummer 347; Erman/Jendrek, BGB, vor § 535, Randnummer 17; Schimansky/Bunte/Lwowski/Klanten, Bankrechtshandbuch, 4. Auflage, § 73, Randnummer 3).

Unstreitig hat die Bank einen Pflichtverstoß im Sinne von § 280 BGB zu verantworten, denn sie hat weisungswidrig einer hierzu nicht berechtigten (bevollmächtigten) Person den Zugang zum Schließfach ermöglicht. Zur Höhe eines dadurch entstandenen Schadens sind aber keine Feststellungen möglich. Insoweit sind die Antragsteller nach allgemeinen Grundsätzen grundsätzlich verpflichtet, eingetretene Schäden konkret darzutun und gegebenenfalls nachzuweisen. Die Antragsteller stützen sich aber nur auf eine höchst summarische Schadensveranschlagung, die schon deshalb unter weitreichenden Vorbehalten stehen muss, weil der Inhalt des Fachs beim letzten Zugang, der vor mehreren Jahren stattfand, nicht feststeht. Bei dieser Sachlage kann die Bank den geltend gemachten Schaden (mit Nichtwissen) bestreiten. Ein solches Bestreiten steht der Bank auch im Schlichtungsverfahren entsprechend § 138 Absatz 4 ZPO offen, da es sich bei dem streitigen Fachinhalt nicht um Tatsachen aus ihrem eigenen Kenntnisbereich handelt.

Gleichwohl möchte ich an die Bereitschaft beider Parteien appellieren, eine außergerichtliche Streitbeilegung anzustreben: Dabei sind zum einen gravierende Risiken zu berücksichtigen, die von den Antragstellern bei einer prozessualen Durchsetzung von Ersatzansprüchen zu überwinden wären. Auf bloße Mutmaßungen kann sich grundsätzlich weder ein Schlichtungsvorschlag noch ein Gericht stützen. Andererseits kann die Bank die hohe Wahrscheinlichkeit eines effektiven Schadenseintritts schwerlich ausräumen. Dass die Erblasserin das Fach völlig ungenutzt gelassen hätte, liegt bereits fern. Unstreitig handelte es sich bei dem unbefugten Zugang zum Fach um den letztmöglichen Zugriff hierauf. Die Erblasserin war – ebenso unstreitig – nicht unvermögend, was durchaus das Vorhandensein werthaltiger Gegenstände im Fach indizieren kann.

Da jedoch objektivierbare Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung (§ 287 ZPO) nicht zur Verfügung stehen, kann ich zugunsten der Antragsteller nur einen eher geringen Ausgleich in Vorschlag bringen, dem keine konkrete Kalkulation zugrunde liegt. Das unstrittige Fehlverhalten der Bank sollte vielmehr zur Vereinbarung eines Abstandsbetrags führen, der eine gewisse Genugtuungsfunktion erfüllt.

Ich schlage daher vor, sich wie folgt zu einigen:

1. Zum Ausgleich aller Ansprüche aus dem zugrunde liegenden Schließfachvertrag zahlt die Bank ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jedoch mit abschließender Verbindlichkeit im Verhältnis der Parteien, an die Antragsteller als Gesamtgläubiger 3.000 Euro.

2. Über den Abschluss dieses Vergleichs bewahren die Parteien Stillschweigen, es sei denn, dem stehen zwingende öffentliche – auch steuerliche – oder persönliche Belange entgegen.“


Manch eine Beschwerde mutete geradezu kurios an, da schon nicht erkennbar wurde, weshalb sich der Beschwerdeführer überhaupt an die Kundenbeschwerdestelle gewandt hat. In der nachfolgenden Entscheidung G 59/20 des Ombudsmannes ist die Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens abgelehnt worden, weil ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers nicht erkennbar wurde. Wie im Zivilprozess auch kann bei fehlendem Rechtsschutzbedürfnis keine Entscheidung in der Sache getroffen werden. Im Streitbeilegungsverfahren ist von einem nicht ausreichenden Antrag im Sinne des § 5 VerfO auszugehen, mit der Folge, dass die Durchführung des Schlichtungsverfahrens abzulehnen ist:


„Der Antragsteller hat sein Begehren im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Hannoversche Volksbank eG betreibt einen Geldautomaten im Netto-Markt in 31559 Hohnhorst. Die Volksbank beschreibt die Adresse mit An der Schwarzen Mühle 1, 31559 Haste, jedoch ist die korrekte Adresse An der Schwarzen Mühle 1, 31559 Hohnhorst. Die Gemeinden Haste und Hohnhorst sind jeweils eigenständige Gemeinden und beide Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde Nenndorf. Sie haben beide die Postleitzahl 31559, jedoch gibt es viele Straßenbezeichnungen in beiden Gemeinden, zum Beispiel Hauptstraße, Sonnenweg, Birkenweg.

Ich habe die Hannoversche Volksbank mehrfach dazu aufgerufen, die korrekte Adresse anzugeben, jedoch weigert diese sich und beruft sich auf den Mietvertrag, welcher wohl auch als Ort „Haste“ enthält. Außerdem zeigt wohl auch Google die falsche Adresse an. Ich persönlich vermute, dass die Volksbank den Ort Haste aus strategischen Gründen als Bezeichnung beibehalten möchte, da der Supermarkt direkt an der Grenze zum Haster Ortseingang liegt und die Volksbank früher auch eine Filiale in Haste betrieben hat.

Die Bank tritt dem entgegen und erläutert die Gründe für die Vergabe der vorhandenen Gerätebezeichnung.

Ein Schlichtungsvorschlag ergeht nicht.

Der Schlichtungsantrag ist einer Schlichtung nicht zugänglich, denn ihm fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Weshalb der Antragsteller Bank und Schlichtungsstelle wegen der Bezeichnung des Geräts behelligt, verstehe ich nicht.

Das Rechtsschutzbedürfnis umschreibt im Allgemeinen das berechtigte Interesse einer Person, mittels eines gerichtlichen Verfahrens Rechtsschutz zu erlangen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist im Zivilprozessrecht eine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage. Bei fehlendem Rechtsschutzbedürfnis wird die Klage als unzulässig abgewiesen. Im Schlichtungsverfahren führt das Fehlen eines schutzwürdigen Interesses in entsprechender Anwendung zu der Ablehnung, ein Schlichtungsverfahren durchzuführen.

Im hier gegebenen Fall fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Eine Kontrollüberlegung für das Vorliegen des erforderlichen Rechtsschutzinteresses ist die Frage, ob sich die Rechtsstellung des Anspruchstellers selbst im Fall des Erfolgs seines Rechtsbehelfs nicht verbessern würde, der begehrte Rechtsschutz also nutzlos ist. Das ist hier der Fall.

Ich versuche mir vorzustellen, in welchen Belangen der Antragsteller oder ein anderer Kunde überhaupt ein Interesse daran haben könnte, dass das Gerät eine ganz bestimmte Kennzeichnung, also eine Art Namen erhält. Man könnte vielleicht daran denken, dass der Antragsteller als Bankkunde und Nutzer des Geräts noch ein Interesse daran haben könnte, ein Terminal etwa für den Fall technischer Komplikationen und für dann erforderliche Meldungen und Fehleranzeigen individualisieren zu können. Abgesehen davon, dass selbst ohne jede äußere Kennzeichnung des Geräts ein Durchschnittskunde in der Lage sein sollte, einem anderen begreiflich zu machen, um welches Gerät es geht, wäre auch eine bankseitige Namensgebung in praktisch beliebiger Weise möglich. Wenn die Bank dem Gerät an einem bestimmten Standort etwa die Bezeichnung „Peter“ und weiteren Geräten andere Vornamen zuordnen würde, wäre eine ortsgerechte Individualisierung genauso gewährleistet wie bei der vom Antragsteller erstrebten Bezeichnung. Die hier vorhandene Bezeichnung, deren Verwendung die Bank sogar eingehend begründet hat, wird allen denkbaren Zwecken gerecht.“