f) Sparverkehr

Die Streitschlichter haben sich auch in diesem Berichtszeitraum öfter mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob ein langfristiger Sparvertrag, der ein langjähriges Zins- und Bonuszinsversprechen mit während der Laufzeit des Vertrags steigenden Bonuszinsen enthält, einseitig von der Bank gekündigt werden kann. Etliche Banken haben solche Bonussparverträge unter Berufung auf Ziffer 19 Absatz 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ordentlich gekündigt. Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18 – mit der Kündbarkeit von Bonussparverträgen auseinandergesetzt und befunden, dass für diejenige Vertragslaufzeit, für die die Bank Bonuszinsen als Sparanreiz vereinbart, kein ordentliches Kündigungsrecht bestehe, weil die Vereinbarung einer Bonusverzinsung einer Abbedingung des Kündigungsrechts seitens der Bank gleichkomme. Anträgen, die auf Fortsetzung des Sparvertrags gerichtet waren, konnten die Streitschlichter stattgeben, wie der nachfolgende Schlichtungsvorschlag W 73/22 aufzeigt:


Zwischen der Antragsgegnerin einerseits und der Antragstellerin sowie Herrn X. andererseits besteht ein Ratensparvertrag vom 17. Dezember 2009. Ansprüche aus diesem Vertrag macht die Antragstellerin allein geltend. Zur Person von X. äußert sich die Antragstellerin nicht.

Nach Ziffer 2 dieses Vertrags verpflichtet sich der Sparer, ratenweise monatliche Einzahlungen zu leisten. Das angesparte Guthaben wird mit einem Grundzins, der variabel ist, verzinst; zusätzlich erhält der Sparer einen nach einer Bonusstaffel bestimmten Zinsbonus. Dieser Bonus beginnt mit dem dritten Ansparjahr. Der höchste Bonus wird in dem 25. Ansparjahr gewährt; danach endet der Bonus. In Ziffer 6 des Vertrags ist bestimmt, dass die Kündigungsfrist drei Monate beträgt. In Ziffer 7 ist vereinbart, dass die Ratensparvereinbarung endet, wenn der Sparer – auch teilweise – über das Guthaben verfügt beziehungsweise wenn er mit der Zahlung einer Rate länger als einen Monat in Verzug ist. Ansonsten soll die Ratensparvereinbarung spätestens nach Erreichen von 25 Ansparjahren enden.

Die Sonderbedingungen für den Sparverkehr der Antragsgegnerin enthalten in Ziffer 4 Absatz 1 Satz 1 eine Bestimmung, wonach Spareinlagen einer Kündigungsfrist von drei Monaten unterliegen.

Mit Schreiben vom 21. Mai 2021 hat die Antragsgegnerin die Ratenspar- und Sonderzinsvereinbarung mit Wirkung zum 30. August 2021 gekündigt. Sie führt den Vertrag seitdem als Sparvertrag mit dreimonatiger Kündigungsfrist fort.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin, die aufgrund einer Generalvollmacht durch ihren Sohn vertreten wird, mit ihrem Schlichtungsantrag. Sie ist der Ansicht, das im Vertrag vereinbarte Kündigungsrecht gelte lediglich für den Kunden, nicht aber für die Bank.

Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Sie meint, aus der Formulierung der Höchstdauer der Sonderzinsvereinbarung ergebe sich, dass bis dahin jederzeit eine Kündigungsmöglichkeit für jede Vertragspartei bestehe.

Der Schlichtungsantrag ist begründet.

Die von der Antragsgegnerin erklärte Kündigung des Sparvertrags zum 30. August 2021 ist unwirksam und hat keine Rechtswirkungen entfaltet. Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 2019 im Verfahren XI ZR 345/18, auch wenn dieser Entscheidung ein geringfügig abweichender Sachverhalt zugrunde lag.

1. In formaler Hinsicht gehe ich davon aus, dass der Sparvertrag vom 17. Dezember 2009 – im Wege einer Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge – auf die Antragstellerin allein übergegangen ist und der im Vertrag bezeichnete Herr X. nicht mehr Vertragspartei ist. Insoweit wäre eine kurze Erläuterung allerdings schon hilfreich gewesen.

2. Die im Vertrag unter Ziffer 6 enthaltene Bestimmung, wonach eine Kündigung des Vertrags mit einer Frist von drei Monaten möglich ist, ist nicht Vertragsinhalt geworden, soweit sie ein Kündigungsrecht zugunsten der Bank begründet und sich das Kündigungsrecht der Bank auf die Dauer der Bonusgewährung bezieht. Dies ergibt sich aus § 305 c Absatz 1 BGB, ohne dass es auf die rechtliche Einordnung des Sparvertrags ankommt.

a) Bei der Bestimmung über das Kündigungsrecht handelt es sich schon dem äußeren Anschein nach um eine von der Bank einseitig vorformulierte Vertragsbestimmung, die somit der Regelung der §§ 305 folgende BGB unterliegt.

b) Diese Bestimmung stellt, soweit sie ein ordentliches Kündigungsrecht zugunsten der Bank während der Laufzeit der Bonusgewährung begründet, eine im Sinne des § 305 c Absatz 1 BGB überraschende Klausel dar, die nicht Vertragsinhalt geworden ist.

Nach § 305 c Absatz 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises an (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 – VII ZR 344/13, BGHZ 202, 309–317, Randnummer 14; ebenso BGH, Urteile vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 241/13, Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR) 2014, 966, Randnummer 19; vom 18. Mai 1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19, 25; vom 9. Dezember 2009 – XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299, Randnummer 12; vom 11. Dezember 2003 – III ZR 118/03, WM 2004, 278, 280; vom 26. Juli 2012 – VII ZR 262/11, Monatsschrift für deutsches Recht (MDR) 2012, 1247, Randnummer 10; vom 30. Juni 1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150, 154).

c) Nach diesen Grundsätzen ist die Klausel überraschend, soweit sie ein ordentliches Kündigungsrecht zugunsten der Bank beinhaltet. Die Bestimmung eines ordentlichen Kündigungsrechts zugunsten der Bank ist bei einem Bonussparvertrag derart ungewöhnlich, dass der typische Kundenkreis (der sogenannten Kleinsparer) nicht mit ihr rechnen muss. Bonussparverträge zeichnen sich grundsätzlich – unbeschadet ihrer rechtlichen Ausgestaltung im Einzelnen – dadurch aus, dass dem Sparer das Recht zukommt, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spart oder nicht. Bis zu diesem Zeitpunkt soll für die Bank das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen sein (BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18). Die Bank hat mit der vereinbarten Prämienstaffel einen besonderen Bonusanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz bedingt einen konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechts bis zum Ablauf der Bonusregelung, weil andernfalls die Bank dem Sparer jederzeit den Anspruch auf Gewährung der Sparprämien entziehen könnte. Die Bank hätte jederzeit das Recht, den Vertrag in den für den Sparer ungünstigen Anfangsjahren „laufen zu lassen“, um ihn dann, wenn die für den Sparer günstige Bonusregelung zum Tragen kommt, ohne Vorliegen von Gründen zu kündigen. Mit einer solchen Vertragsgestaltung rechnet ein Sparer nicht. Eine solche Kündigungsmöglichkeit für die Bank ist in einem Bonussparvertrag auch völlig ungewöhnlich, und zwar unbeschadet dessen, ob sich der Sparer zur Erbringung von Sparleistungen verpflichtet hat oder nicht.

d) Diese Erwägungen gelten für den Bereich der Ratensparverträge mit Bonusregelungen auch soweit die Sonderbedingungen für den Sparverkehr in Ziffer 4 Absatz 1 Satz 1 ein Kündigungsrecht beinhalten. Insoweit gilt nichts anderes. Gleiches gilt für das in Ziffer 19 Absatz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte ordentliche Kündigungsrecht der Bank.

e) Damit ist die Bestimmung, soweit sie der Bank während der Dauer der Bonusgewährung ein ordentliches Kündigungsrecht einräumt, nicht Vertragsinhalt geworden. Schon deshalb ist die auf diese Vertragsbestimmung gestützte Kündigungserklärung vom 21. Mai 2021 unwirksam und konnte den Sparvertrag nicht beenden.

3. Aber selbst dann, wenn die Klausel über ein ordentliches Kündigungsrecht zugunsten der Bank Vertragsinhalt geworden wäre, wäre sie wegen eines Verstoßes gegen § 307 Absatz 2 Nummer 2 BGB unwirksam.

a) Nach dieser Regelung ist eine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders der Klausel dann anzunehmen, wenn die Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist.

b) Auch dies ist hier der Fall. Durch den Abschluss des Ratensparvertrags wollte sich die Bank langfristig gesicherte Liquidität verschaffen. Diese ihre Absicht hat sie zusätzlich dadurch dokumentiert, dass sie, abweichend von den mir sonst bekannten Sparverträgen, dem Sparer sogar eine Sparverpflichtung auferlegt hat. Im Gegenzug war sie dazu bereit, dem Sparer eine anfangs zwar geringe, dann aber, nach einer gewissen Spardauer, über dem üblichen Sparzins liegende Verzinsung zu gewähren, die mit fortlaufender Vertragsdauer noch weiter ansteigen sollte. Diese bei Abschluss des Vertrags bei beiden Vertragspartnern vorhandene Motivation würde ins Gegenteil verkehrt, ließe man es zu, dass die Bank sich dann, wenn das Sparen für den Kunden infolge der Bonusregelung attraktiv wird, einseitig von der Vertragsbindung lösen kann. Durch dieses einseitige Lösungsrecht der Bank wird die Konstellation des Vertrags gestört und damit das Erreichen des Vertragszweckes gefährdet. Auch insoweit spielt die rechtliche Einordnung des Sparvertrags keine entscheidende Rolle. Für die rechtliche Beurteilung ist es deshalb unerheblich, ob der Sparvertrag eine Sparverpflichtung des Sparers vorsieht oder nicht.

4. Die Bank kann den Sparvertrag auch nicht nach den Vorschriften für das Darlehensrecht, § 489 Absatz 1 Nummer 1 2. Halbsatz BGB oder § 489 Absatz 2 BGB, kündigen. Hierzu muss ich erläuternd ausführen, dass bei einem Sparvertrag – mit Sparverpflichtung – die Bank Darlehensnehmerin und der Sparer Darlehensgeber ist.

a) Die im Vertrag vereinbarte Sparverpflichtung trägt das geltend gemachte Kündigungsrecht nicht. Nicht nur die aus dem Vertrag entnehmbare Kündigungsmöglichkeit zugunsten der Bank während der Bonusdauer ist nach § 305 c Absatz 1 BGB nicht Vertragsinhalt geworden, sondern auch die im Vertrag vereinbarte Sparverpflichtung. Die formularmäßige Begründung einer Sparverpflichtung in einem Bonussparvertrag ist verkehrsunüblich und nicht interessengerecht (BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18). Wenn die Sparverpflichtung aber nicht Vertragsinhalt geworden ist, kann sie auch nicht den Rechtscharakter des Vertrags prägen. Deshalb begründet auch die Sparverpflichtung kein auf die genannten Vorschriften gestütztes Kündigungsrecht der Bank.

b) Aber selbst wenn man die Ansparverpflichtung als wirksam vereinbart ansehen und die grundsätzliche Anwendbarkeit von Darlehensrecht unterstellen wollte, hätte die Anwendung von § 489 Absatz 1 und Absatz 2 BGB hier auszuscheiden. Diese Vorschriften sind auf Verträge der vorliegenden Art generell nicht anzuwenden. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zur Vorgängerbestimmung des § 489 Absatz 1 Nummer 1 BGB, § 609 a Absatz 1 Nummer 1 BGB alte Fassung, zielt das Gesetz darauf ab, den Darlehensschuldner bei Auslaufen einer Zinsbindung nicht schutzlos dem in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken enthaltenen Zinsbestimmungsrecht auszusetzen (Bundestags-Drucksache 10/4741, Seite 20 folgende). Aus diesem Grund soll der Darlehensschuldner geschützt und ihm deshalb die Möglichkeit der Kündigung eingeräumt werden (vergleiche OLG Stuttgart, Urteil vom 9. Dezember 1998 – 9 U 177/98, juris). Mit der Einräumung eines Kündigungsrechts vor Vertragsende, aber mit Ablauf der Zinsbindungsfrist, wird dem Darlehensnehmer die Möglichkeit gegeben, einen marktüblichen Zinssatz auszuhandeln. Damit schafft das Kündigungsrecht eine Art Waffengleichheit zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer und dient letztlich zur Herstellung innerer Vertragsgerechtigkeit.

Diese ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs ausschließlich auf das Aktivgeschäft der Banken abzielende Regelung ist auf das Passivgeschäft solcher Institute, also auf die Verzinsung von Kundeneinlagen, nicht anwendbar (vergleiche, wenn auch in anderem Zusammenhang, OLG München, Urteil vom 21. November 2011 – 19 U 3638/11, WM 2012, 1535; OLG Stuttgart, am angegebenen Ort, Randnummer 107, juris). Insoweit fehlt es schon an der Schutzbedürftigkeit der Bank.

Der Kreditnehmer, also der Bankkunde, ist beim Aktivgeschäft deshalb schutzwürdig, weil sein Vertragspartner die Vertragsbedingungen und damit auch Art und Umfang der Zinsänderungen vorgibt. Beim Passivgeschäft ist es dagegen der Kreditnehmer, also die Bank, der eine solche Gestaltungs- und Rechtsmacht für sich in Anspruch nimmt. Die Inanspruchnahme entsprechender Vertragsmacht kann aber nicht zugleich die Schutzwürdigkeit einer Bank begründen, denn dies wäre systemwidrig. Schutz benötigt nur derjenige, welcher der Gefahr ausgesetzt ist, mit vorgegebenen Vertragsbedingungen konfrontiert zu werden, aber nicht derjenige, der über die Rechtsmacht verfügt und dadurch in der Lage ist, andere mit seinen Vertragsbedingungen zu konfrontieren (OLG Stuttgart, am angegebenen Ort, Randnummer 108, juris).

5. Die Antragsgegnerin kann den Vertrag auch nicht nach § 314 Absatz 1 BGB kündigen.

Nach § 314 Absatz 1 BGB kann jeder Vertragsteil Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Voraussetzung für eine solche außerordentliche Kündigung ist, dass dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 314 Absatz 1 Satz 2 BGB). Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind oder gar aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 – III ZR 231/12).

Nach diesen Grundsätzen kommt vorliegend auch eine außerordentliche Kündigung nicht in Betracht. Sowohl die Zinsentwicklung als auch die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind dem Einfluss des Sparers entzogen. Andererseits ging es der Bank, wie bereits angedeutet, mit dem Abschluss derartiger Verträge insbesondere auch darum, sich langfristig sichere Liquidität zu verschaffen. Den dafür zu zahlenden Preis – den Zins – hat die Bank bestimmt. Sie hat dabei die künftige Entwicklung des Marktes, insbesondere der Zinsen, prognostiziert und zum Inhalt der Vertragsbestimmungen gemacht. Damit trägt sie aber auch das Risiko, dass sich ihre Prognose nicht bewahrheitet. Genauso, wie die Bank zu Hochzinszeiten von der dann relativ günstigen Zinsvereinbarung profitiert, muss sie in Zeiten niedriger Zinsen ihre Vertragsgestaltung ebenso hinnehmen. Dabei hätte es die Bank in der Hand gehabt, durch eine anderweitige Gestaltung ihr Risiko auszuschalten, zumindest zu minimieren. Es kann deshalb auch nicht etwa von einer erhöhten Schutzbedürftigkeit der Bank ausgegangen werden. Jedenfalls aber hat die Bank das Risiko für diejenigen Umstände, auf die sie nun die Kündigung stützt, selbst übernommen. Dies steht einer Kündigung nach § 314 Absatz 1 BGB entgegen.

6. Schließlich kommt auch eine Kündigung des Vertrags nach § 313 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 2 BGB unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht.

Bei der Auflösung beziehungsweise Kündigung eines Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB handelt es sich um eine von vornherein auf besondere Ausnahmefälle beschränkte rechtliche Möglichkeit, die zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbarer Folgen unabweisbar erscheinen muss. An die Vertragsauflösung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind daher strengere Anforderungen zu stellen als an die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 – I ZR 210/12). Diese strengen Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insoweit fällt zum einen ebenfalls ins Gewicht, dass das Risiko der zukünftigen Zinsentwicklung von der Antragsgegnerin übernommen worden ist. Nach allgemeiner Ansicht ist § 313 BGB aber dann nicht anzuwenden, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht, das eine Partei zu tragen hat (BGH, Urteil vom 21. September 2005 – XII ZR 66/03). Es kommt hinzu, dass immer dann, wenn ein Dauerschuldverhältnis auf viele Jahre begründet worden ist und eine Veränderung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung (Äquivalenzstörung) als Anpassungsgrund geltend gemacht wird, zu berücksichtigen ist, dass Verträge mit einer so langen Laufzeit immer in die nicht absehbare Zukunft hineinführen. Die bei sonstigen Austauschverträgen im Allgemeinen berechtigte Annahme, dass Leistung und Gegenleistung von den Vertragsparteien als einander gleichwertig angesehen werden, muss daher bei Verträgen mit einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Laufzeit mit der Einschränkung verstanden werden, dass die Vertragsparteien nicht damit rechnen können, diese Gleichwertigkeit werde für die ganze Vertragsdauer erhalten bleiben. Es fällt unter das normale Risiko solcher Verträge, dass sich die den Wert der vereinbarten Leistungen beeinflussenden Verhältnisse während der Vertragsdauer zugunsten des einen oder des anderen Vertragspartners ändern können (BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 – I ZR 233/88, Randnummer 17, juris). Eine Äquivalenzstörung kann in solchen Fällen ein Anpassungsverlangen deshalb nur dann rechtfertigen, wenn das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung (oder jedenfalls das ursprünglich zugrunde gelegte Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung) so stark gestört ist, dass die Grenze des übernommenen Risikos überschritten wird und die benachteiligte Vertragspartei in der getroffenen Vereinbarung ihr Interesse nicht mehr auch nur annähernd gewahrt sehen kann. Eine Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage kann deshalb nur dann in Betracht kommen, wenn dies zur Vermeidung untragbarer, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin nicht vereinbarer und damit der betroffenen Vertragspartei nicht zumutbarer Folgen unabweislich erscheint (BGH, am angegebenen Ort). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Dies hat zur Folge, dass bei den hier vorliegenden Sparverträgen das ordentliche Kündigungsrecht der Bank – sowohl nach Ziffer 6 des Vertrags als auch nach Ziffer 4 Absatz 1 Satz 1 der Sonderbedingungen als auch nach Ziffer 19 Absatz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen – bis zum Erreichen der höchsten Bonusstufe ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18). Zur gütlichen Beilegung des Streits kann ich deshalb nur vorschlagen, dass die Bank den Sparvertrag mit den ursprünglich getroffenen Vereinbarungen fortführt.


Eine Vielzahl von Antragstellern, die einen Riester-Vertrag mit der Bank abgeschlossen hatten, der sich entweder bereits in der Auszahlungsphase oder kurz vor dem Wechsel der Ansparphase in die Auszahlungsphase befand, monierten verschiedene Bankentgelte, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Auszahlungsphase seitens der Bank berechnet und von dem angesparten Kapital abgezogen wurden. Die Ombudsleute hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, für welche Entgelte im Riester-Vertrag eine schuldrechtliche Regelung besteht und unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen andere Entgelte berechnet werden können. Der Schlichtungsvorschlag G 49/22 zeigt auf, dass die Rechtslage mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung teilweise unklar ist:


Der am 30. Januar 1955 geborene Antragsteller hat bei der Antragsgegnerin 2006 einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag (Ratensparvertrag) nach dem Modell XXX-RentePlus mit jährlichen Raten in Höhe von 1.500 Euro für die Zeit ab 20. Dezember 2006 abgeschlossen.

Unter Ziffer 5 enthält die Vereinbarung folgende Regelung:

„Entgelt, Abschluss- und Vertriebskosten werden für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet.

Die Kosten für die Verwaltung des Altersvorsorgevertrags sowie die im Fall des Wechsels in einen anderen Altersvorsorgevertrag anfallenden Kosten gibt die Bank im Preisaushang beziehungsweise Preisverzeichnis bekannt. Derzeit belaufen sich die Kosten auf 10 Euro jährlich für die Verwaltung und 150 Euro einmalig für den Fall eines Vertragswechsels. Darüber hinaus können einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden.“

Der Beginn der Auszahlungsphase war frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres und spätestens ab dem 1. Januar des auf den in § 35 Nummer 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI bezeichneten Zeitpunkt folgenden Jahres (maßgeblich ist die zur Zeit des Vertragsschlusses geltende Rechtslage) festgelegt, wobei sich die Antragsgegnerin verpflichtete das zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehende Kapital für einen Auszahlungsplan mit anschließender lebenslanger Restverrentung zu verwenden oder das bei Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehende Kapital in eine sofort beginnende Rentenversicherung einzubringen, aus der der Antragsteller eine gleichbleibende oder steigende monatliche lebenslange Leibrente erhalten sollte.

Der Vertrag befindet sich aufgrund eines Antrags des Antragstellers seit 1. Juni 2021 in der Auszahlungsphase.

Am 12. Mai 2021 unterzeichnete der Antragsteller ein Angebot der Antragsgegnerin, mit dem sie sich verpflichtete, von dem voraussichtlichen Guthaben einen Teil auf ein Konto des Antragstellers auszuzahlen und den Restbetrag von 12.157,32 Euro in eine bei der R+V Lebensversicherung AG für den Antragsteller als versicherte Person abzuschließende Rentenversicherung einzubringen.

Dem entsprechenden Angebot der Antragsgegnerin waren Informationen der R+V Lebensversicherung AG vom 6. Mai 2021 beigefügt, aus denen zu entnehmen war, dass bei der Kalkulation der monatlichen Rente Abschluss- und Vertriebskosten in Höhe von einmalig 121,58 Euro und übrige einkalkulierte Kosten in Höhe von 328,27 Euro berücksichtigt worden waren. Zusätzlich wurde darauf hingewiesen, dass während des Rentenbezugs übrige einkalkulierte Kosten in Höhe von jährlich 8,45 Euro abgezogen würden. Weiter wurde darüber informiert, dass während des Rentenbezugs aus der Überschussbeteiligung übrige einkalkulierte Kosten von 2 Prozent jeder Überschussrente berücksichtigt seien. Diese Verwaltungskosten würden dem Deckungskapital entnommen.

Mit Schreiben vom 10. August 2021 wies der Antragsteller die Antragsgegnerin darauf hin, dass nach seiner Auffassung keine Kosten in der Auszahlungsphase berücksichtigt werden dürften. Er verlangt eine entsprechende Erhöhung der Rente.

Mit seiner Beschwerde verfolgt er dieses Ziel weiter.

Die Antragsgegnerin lehnt eine Erstattung ab und verweist darauf, dass nach dem Vertrag einmalige Kosten in der Übergangsphase zu der Auszahlungsphase berücksichtigt werden durften. Deren Höhe sei bei Abschluss des Vertrags noch nicht bekannt gewesen. Dies habe auch der Gesetzgeber akzeptiert. Im Übrigen habe der Antragsteller das Angebot für die Auszahlungsphase in Kenntnis der berücksichtigten Kosten angenommen.

Das Beschwerdebegehren des Antragstellers ist meiner Auffassung nach teilweise begründet.

Der Schlichtungsantrag führt zur Unterbreitung des am Ende formulierten Vergleichsvorschlags.

1. Vorweg erlaube ich mir auf einige grundlegenden Fragen und die zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen einzugehen:

Maßgeblich für die Rechtsbeziehung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ist der zwischen ihnen abgeschlossene Vertrag, der allerdings ergänzt und begrenzt wird durch das Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz = AltZertG), das in der Zeit seit Abschluss des gegenständlichen Vertrags im Jahre 2006 allerdings mehrfach abgeändert wurde.

Aus der aktuellen Fassung des Gesetzes ist auf folgende Regelungen hinzuweisen:

Nach § 1 Absatz 5 Satz 2 AltZertG sind von dem gebildeten Kapital nur Abzüge zulässig, die in dem Gesetz vorgesehen sind.

§ 2 a Satz 2 Nummer 1 f AltZertG lässt den Abzug von Kosten in der Auszahlungsphase nur als Prozentsatz der gezahlten Leistung zu.

Nach § 7 AltZertG besteht die Verpflichtung, vor Vertragsschluss dem Kunden bestimmte, benannte Informationen zu erteilen. In § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 AltZertG wird vorgeschrieben, dass die Kosten nach § 2 a Satz 1 Nummer 2 a bis c AltZertG in dem Informationsblatt anzugeben sind. Kosten, auf die nicht hingewiesen wurde, sind nicht geschuldet (§ 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 AltZertG).

Hinsichtlich der Kosten in der Auszahlungsphase (§ 2 a Satz 2 Nummer 1 f AltZertG) macht das Gesetz jedoch eine Ausnahme und lässt es zu, dass nur ein allgemeiner Hinweis auf in dieser Phase anfallende Kosten erfolgt.

Weiter verpflichtet § 7 b Absatz 1 AltZertG den Anbieter zur rechtzeitigen Information über die Form und die Höhe der vorgesehenen Auszahlungen sowie hinsichtlich der in der Auszahlungsphase anfallenden Kosten. Kosten, auf die nicht hingewiesen wurde, sind nicht geschuldet. Erfüllt der Anbieter diese Verpflichtung nicht, räumt ihm Absatz 3 der Vorschrift das Recht ein, so gestellt zu werden, wie zu Beginn der Auszahlungsphase, wobei er die Übertragung des gebildeten Kapitals auf einen anderen Versorgungsträger verlangen kann, der ihm möglicherweise Leistungen mit geringeren Kosten anbietet.

Darüber hinaus sieht § 7 c AltZertG Regelungen für den Fall vor, dass bei einem Anbieter Änderungen bei den Kosten entstehen. Ihn trifft eine Anzeigepflicht, die auch die Kosten in der Auszahlungsphase umfasst. Satz 7 der Vorschrift sieht vor, dass Kostenänderungen in der Auszahlungsphase auf einem gesonderten Blatt auszuweisen sind.

2. Aus dem Gesamtzusammenhang dieser Regelungen wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Festlegung der Kosten in der Auszahlungsphase bereits durch den Altersvorsorgevertrag keineswegs für notwendig und möglich gehalten hat.

Er hat hierzu in Bundestags–Drucksache 17/10818, Seite 26 ausgeführt (vergleiche auch: Bundeszentralamt für Steuern, Kommentar zum AltZertG, Stand November 2018, Seite 109):

„Von den Versicherungsunternehmen werden jedoch keine Konditionen für in ferner Zukunft liegende Restverrentungskontrakte angeboten, da hierfür aktuarisch faire Konditionen nur schwer kalkuliert werden können. Die Kostenbelastung des Altersvorsorgevertrages in der Auszahlungsphase ist daher in vielen Fällen bei Vertragsschluss noch nicht bekannt. In diesen Fällen kann die Angabe zu den Kosten als Prozentsatz der gezahlten Leistung ab Beginn der Auszahlungsphase entfallen.“

Darüber hinaus wird durch die Regelung in § 7 c AltZertG deutlich, dass der Gesetzgeber Veränderungen selbst der ursprünglich festgelegten Kosten für möglich gehalten hat. Als Konsequenz hieraus hat er nur die Verpflichtung aus § 7 c AltZertG abgeleitet, damit der Kunde die Möglichkeit eines Anbieterwechsels bei geänderter Kostenbelastung hat (Bundestags-Drucksache 17/10818, Seite 27).

In der Tat ist der Kunde damit zumindest theoretisch Veränderungen in der Kostenbelastung nicht schutzlos ausgeliefert, weil er die Kündigungsmöglichkeit nach § 1 Absatz 1 Nummer 10 AltZertG (auch in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung) hat.

Nun ist der gegenständliche Vertrag aber bereits 2006 abgeschlossen worden, sodass ein Teil der oben dargestellten Vorschriften hier nicht anwendbar ist.

So sind nach § 14 Absatz 6 AltZertG die Regelung in § 7 c AltZertG und die Informationspflichten nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 AltZertG auf Verträge, die vor dem 1. Januar 2017 abgeschlossen wurden, nicht anzuwenden.

Auch die Regelung in § 2 a AltZertG gilt für den gegenständlichen Vertrag nicht. Der Gesetzgeber hat hierzu in Bundestags-Drucksache 17/10818, Seite 25/26 ausgeführt:

„Für alle Verträge, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zertifiziert werden, muss der Anbieter sehr sorgfältig alle Kosten nach § 2 a AltZertG in der Fassung dieses Gesetzes angeben.“

3. Daraus folgt, dass die Antragsgegnerin nicht darauf beschränkt ist, ihre Kosten prozentual auf der Basis der in der Auszahlungsphase zu erbringenden Leistung zu berechnen. Sie kann grundsätzlich auch die Kosten in der Auszahlungsphase geltend machen, die ihr in dieser Phase entstehen und die dem Kunden rechtzeitig vorab mitgeteilt wurden.

Ihre Verpflichtung aus § 7 b Absatz 1 AltZertG, die nach § 14 Absatz 6 AltZertG auch für den gegenständlichen Vertrag gilt (vergleiche Bundeszentralamt für Steuern, Kommentar zum AltZertG, Stand November 2018, Seite 143), hat die Antragsgegnerin aber zumindest nicht rechtzeitig erfüllt.

Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

㤠7 b Information vor der Auszahlungsphase des Altersvorsorgevertrags

(1)
Sind aus einem Altersvorsorgevertrag Leistungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zu erbringen, hat ein Anbieter von Altersvorsorgeverträgen den Vertragspartner frühestens zwei Jahre vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase schriftlich über folgende Punkte zu informieren:

1. die Form und Höhe der vorgesehenen Auszahlungen einschließlich Aussagen zu einer Dynamisierung der monatlichen Leistungen sowie

2. die in der Auszahlungsphase anfallenden Kosten; Kosten nach § 2 a Satz 1, die im Rahmen dieser Information nicht ausgewiesen sind oder auf die nicht hingewiesen wurde, sind vom Vertragspartner nicht geschuldet.

Ist kein Beginn der Auszahlungsphase vereinbart, so gilt für Altersvorsorgeverträge, die nach dem 31. Dezember 2011 abgeschlossen wurden, die Vollendung des 62. Lebensjahres als Beginn der Auszahlungsphase, im Übrigen die Vollendung des 60. Lebensjahres.

3. Der Vertragspartner ist dann vom Anbieter im Rahmen der Mitteilung nach Satz 1 darüber zu informieren, dass ein tatsächlicher Beginn der Auszahlungsphase nicht vereinbart wurde.

4. Sofern ein Anbieter von Altersvorsorgeverträgen bereit ist, nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b übertragenes Altersvorsorgevermögen anzunehmen, muss er dem Anleger auf Verlangen die Information nach Satz 1 und gegebenenfalls Satz 3 zur Verfügung stellen, wenn bis zum Beginn der Auszahlungsphase weniger als zwei Jahre verbleiben. Dieser Information sind der vom Anleger angegebene Übertragungswert und Übertragungszeitpunkt zugrunde zu legen. Der Anbieter kann dem Vertragspartner mit dessen Einverständnis die Informationen nach den Sätzen 1 und 3 elektronisch bereitstellen.

(2)
Die Information durch den Anbieter muss spätestens drei Monate vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase erfolgen. Sofern ein Anbieter von Altersvorsorgeverträgen den Vertragspartner nicht spätestens neun Monate vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase gemäß Absatz 1 informiert, hat der Vertragspartner das Recht, den Altersvorsorgevertrag zum Beginn der Auszahlungsphase bis spätestens drei Monate vor dem Beginn zu kündigen, um das gebildete Kapital nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b übertragen zu lassen. Erfolgt sie später als sechs Monate vor Beginn der Auszahlungsphase, hat der Vertragspartner das Recht, den Altersvorsorgevertrag zum Beginn der Auszahlungsphase mit einer Frist von 14 Tagen zu kündigen, um das gebildete Kapital nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b übertragen zu lassen. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Abweichend von den Sätzen 1 bis 4 muss die Information für Verträge, die längstens drei Monate vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase beginnen, spätestens zu Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase erfolgen. Die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen bleiben in diesen Fällen unberührt.

(3)
Erfüllt ein Anbieter seine Verpflichtungen nach Absatz 1 oder 2 nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig, kann der Vertragspartner innerhalb eines Jahres nach Beginn der Auszahlungsphase vom Anbieter verlangen, unter Anrechnung der an ihn schon geleisteten Zahlungen so gestellt zu werden, wie er zu Beginn der Auszahlungsphase gestanden hat. Er kann die Übertragung des so errechneten Kapitals nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b verlangen. Der Anbieter des bisherigen Altersvorsorgevertrags darf dann vom Vertragspartner keine Kosten für die Übertragung des Kapitals verlangen. Das nach Satz 1 errechnete Kapital ist ab Beginn der Auszahlungsphase bis zu dessen Übertragung auf den anderen Altersvorsorgevertrag in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes nach § 246 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen.“

Dass die Antragsgegnerin ihre Verpflichtung aus dieser Vorschrift nicht rechtzeitig erfüllt hat, ist offensichtlich. Nach Absatz 1 der Vorschrift durfte sie frühestens zwei Jahre vor Beginn der Auszahlungsphase erfolgen und musste nach Absatz 2 spätestens drei Monate vor Beginn der Auszahlungsphase vorgenommen werden. Die Auszahlungsphase hat am 1. Juli 2021 begonnen. Die Übermittlung des Informationsblattes im Mai 2021 stellt damit keine zeitgerechte Erfüllung dar.

Die entscheidende Frage ist allerdings, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben.

Klar ist, dass der Antragsteller berechtigt gewesen war nach § 7 b Absatz 3 AltZertG die Auszahlung des Kapitals zu verlangen, um einen Anbieterwechsel durchzuführen. Allerdings hatte er dieses Recht nur innerhalb eines Jahres nach Beginn der Auszahlungsphase. Diese Frist ist um.

Die entscheidende Frage ist, ob sich der Antragsteller auf § 7 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Alt-ZertG berufen kann, nach der in der Information nicht ausgewiesene Kosten nicht geschuldet werden.

Die Antragsgegnerin scheint auf dem Standpunkt zu stehen, dass zur Erfüllung der Verpflichtung jede Information über zu berücksichtigende Kostenarten genügt, auch wenn die Information nicht zeitgerecht erfolgt.

Diese Auffassung halte ich in dem Umfang zumindest für fraglich. Zweck der Informationspflicht ist, den Kunden über die Kosten zu informieren, die von dem angesparten Kapital abgezogen werden, um ihm einen Vergleich mit anderen Anbietern und gegebenenfalls einen Anbieterwechsel zu ermöglichen. Dieser Zweck der Informationspflicht wird nicht mehr erfüllt, wenn in dem Informationsschreiben nach § 7 b AltZertG Kosten ausgewiesen werden, die tatsächlich später berücksichtigten Kosten aber höher sind. Die frühere Information, die geringere Kosten ausweist, erfüllt damit den Zweck der Vorschrift nicht. Daraus ließe sich entsprechend dem Wortlaut des § 7 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG die Konsequenz ziehen, dass nur die früher mitgeteilten, niedrigeren Kosten angesetzt werden dürfen. Das ist hier aber nicht der Fall. Die in dem Informationsschreiben vom Mai 2021 ausgewiesenen Kosten wurden offensichtlich tatsächlich auch berücksichtigt. Damit lässt sich nicht sagen, dass die Information vom Mai 2021 keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für den Antragsteller geboten hat.

Zu dem vom Antragsteller gewünschten Ergebnis könnte man deshalb nur dann kommen, wenn man § 7 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG dahingehend auslegt, dass jede Differenz zwischen der nach § 7 b Absatz 1 AltZertG geschuldeten Information und den später einkalkulierten Kosten dazu führt, dass der Versorger keinerlei Kosten berücksichtigen darf. Diese Konsequenz lässt sich meines Erachtens aber weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus deren Zweck ableiten. Nach dem Wortlaut sind nur nicht mitgeteilte Kosten nicht geschuldet. Sind die in der Information ausgewiesenen Kosten geringer als die tatsächlich später entstehenden, darf der Anbieter nur die geringeren berücksichtigen, über die er den Kunden unterrichtet hat.

Auch der Zweck der Vorschrift, nämlich Gewährleistung der Vergleichbarkeit mit Angeboten anderer Anbieter, wird garantiert, weil der Kunde die Mindestbelastung durch die zu berücksichtigenden Kosten kennt. Ein Vergleich ist ihm damit möglich.

Im vorliegenden Fall kann sich der Antragsteller auch nicht darauf berufen, dass er davon ausgegangen ist, dass keine Kosten entstehen. Durch das Informationsblatt vom Mai 2021 wurde er darauf hingewiesen.

Damit ließe sich die Forderung des Antragstellers nur dann begründen, wenn man § 7 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG dahingehend auslegt, dass Kosten in der Auszahlungsphase auch dann nicht von der Antragsgegnerin berücksichtigt werden durften, wenn sie dem Antragsteller nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind. Auch das ist meines Erachtens aber nicht der Fall.

Aus der nicht rechtzeitigen Übermittlung der Information werden durch § 7 b Absatz 3 AltZertG bereits rechtliche Konsequenzen gezogen. Zu einer weiteren Sanktion des Anbieters durch § 7 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG besteht vor dem Hintergrund kein Anlass. Ein vollständiger Wegfall der Kosten des Anbieters lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus deren Zweck ableiten. Der mit der Informationspflicht bezweckte Schutz des Kunden wird bereits dadurch gewährleistet, dass der Anbieter nur Kosten berücksichtigen darf, die nach Grund und Höhe dem Kunden mitgeteilt worden sind und zwar unabhängig davon, ob der zeitliche Rahmen eingehalten wurde.

Abschließend muss ich allerdings darauf hinweisen, dass die Voraussetzungen des § 7 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG in Rechtsprechung und Literatur in keiner Weise geklärt sind. Es gibt ersichtlich hierzu keinerlei gerichtliche Entscheidungen. Als Jurist würde ich mich freuen, wenn die oben dargestellten Rechtsfragen obergerichtlich oder höchstrichterlich geklärt werden würden. Für die Parteien würde das allerdings einen langwierigen und kostenträchtigen Weg bedeuten. Vor dem Hintergrund des Zwecks des Schiedsverfahrens, nämlich Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen, halte ich deshalb für sachgerecht, den Beteiligten eine gütliche Beilegung nahezulegen.

Ein weiteres Problem steckt allerdings nun darin, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen in der Auszahlungsphase angeboten hat, die Kosten berücksichtigt haben, die in dem im Jahre 2006 abgeschlossenen Altersvorsorgevertrag überhaupt nicht vorgesehen waren. Dort ist unter Ziffer 5 unter anderem nämlich zu lesen:

„Darüber hinaus können einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden.“

Welche Bedeutung die in Ziffer 5 des Vertrags enthaltene Bestimmung, wonach Abschluss- und Vertriebskosten für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet werden und einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden können, ist bislang völlig ungeklärt.

In diese Frage ist durch die – soweit ersichtlich – bislang allerdings nicht rechtskräftigen Urteile des LG Dortmund (Urteil vom 1. September 2020 – 25 O 8/20), des LG Kaiserslautern (Urteil vom 14. August 2020 – 2 0 850/19; aufgehoben durch Urteil des OLG Zweibrücken vom 6. Juli 2022, 7 U 106/20, weil es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt) und des LG München I (Urteil vom 15. März 2021 – 27 O 230/20) Bewegung geraten. Richtig ist zwar, dass sich diese Entscheidungen auf eine anderslautende Klausel bezogen. Die von den dort verklagten Sparkassen verwendete Klausel hatte folgenden Wortlaut:

„Im Falle des Abschlusses einer Leibrente werden dem Sparer gegebenenfalls Abschluss- und/ oder Vermittlungskosten belastet.“

Demgegenüber lautet die hier verwendete Vertragsklausel wie folgt:

„Darüber hinaus können einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden.“

Damit liegt zwar ein sprachlicher, aber kein inhaltlicher Unterschied vor. Setzt sich demnach die von den genannten Gerichten begründete Rechtsprechung durch, wonach es sich bei diesen Vertragsklauseln nicht nur um Hinweise, sondern um den Vertragsinhalt regelnde Bestimmungen handelt, die wegen fehlender Transparenz unwirksam sind, dann bedeutet dies, dass die Antragsgegnerin als Vertragspartnerin des Altersvorsorgevertrags die Klausel, wonach beim Übergang in die Auszahlungsphase Kosten erhoben werden können, nicht nur bei Neuverträgen nicht mehr verwenden darf, sondern dass sie sie auch bei bestehenden Verträgen nicht mehr anwenden darf.

Dies führt zu der weiteren Frage, ob die Antragsgegnerin in diesem Fall Kosten in der Auszahlungsphase überhaupt noch erheben darf.

Ich tendiere dazu, dass dies grundsätzlich möglich ist, weil der Gesetzgeber nach den oben geschilderten Regelungen davon ausgegangen ist, dass die Höhe der Kosten in der Auszahlungsphase erst vor Beginn der Auszahlungsphase mitgeteilt und vereinbart wird (vergleiche § 7 b AltZertG) und dem Kunden bei fehlendem Einverständnis die Kündigungsmöglichkeit nach § 1 Absatz 1 Nummer 10 b AltZertG zusteht. Die vom Gesetz vorgesehene Verpflichtung, darauf hinzuweisen, dass in der Auszahlungsphase überhaupt Kosten entstehen, ist durch die Regelung in Nummer 5 des Vertrags auf jeden Fall erfüllt. Damit lässt sich aus den oben zitierten Instanzentscheidungen auch nichts Entscheidendes für die vorliegende Frage ableiten. Die mögliche Unwirksamkeit der Regelung in Ziffer 5 des Vertrags wegen unzureichender Bestimmtheit führt nur zum Wegfall der Klausel, bedeutet allerdings nicht, dass die Antragsgegnerin in der Auszahlungsphase keine Kosten verlangen kann. Hierzu ist nach den Gesetzen nur der entsprechende Hinweis auf anfallende Kosten erforderlich.

Damit verbleibt als letztes Problem nur die Frage, ob durch die Regelung in Ziffer 5 des Vertrags nicht eine Beschränkung der Antragsgegnerin dahingehend eingetreten ist, dass sie in der Auszahlungsphase nur einmalige Kosten in Ansatz bringen darf. Daran ändert das Einverständnis des Antragstellers mit der Ausgestaltung der Auszahlungsphase nichts. Das könnte nur dann angenommen werden, wenn die Unterzeichnung des Angebots der Antragsgegnerin durch den Antragsteller dahingehend verstanden werden durfte, dass er den im Jahre 2006 abgeschlossenen Vertrag hat abändern wollen. Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller im Zusammenhang mit dem Angebot nicht darüber informiert, dass sie nicht mehr bereit ist, sich an den ursprünglichen Vertrag zu halten. Damit kann nicht unterstellt werden, dass sich der Antragsteller einer Vertragsänderung überhaupt bewusst war. In der Folge ist es bei der ursprünglichen Vereinbarung aus dem Jahre 2006 geblieben, wonach nur einmalige Kosten verlangt werden dürfen. An einer entsprechenden Vereinbarung waren die Parteien auch durch die Regelungen im AltZertG nicht gehindert. Durch das Gesetz wird nur eine Art Mindeststandard festgelegt. Ein Anbieter wird dadurch nicht gehindert, geringere oder in Teilbereichen überhaupt keine Kosten zu verlangen.

Damit steht dem Antragsteller aus dem ursprünglich abgeschlossenen Vertrag ein Rechtsanspruch zu, dass die Auszahlungsphase so gestaltet wird, indem nur einmalige Kosten berücksichtigt werden.

Zugegebenermaßen handelt es sich dabei um einen Fragenkomplex, der weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur nur ansatzweise geklärt ist. Als Jurist würde ich mich sicherlich freuen, wenn er höchstrichterlich geklärt werden würde. Für die Beteiligten würde dies allerdings einen langwierigen und kostenträchtigen Weg bedeuten.

Um dem vorzubeugen, unterbreite ich den Parteien den Vorschlag, sich auf die folgende, nach meiner Meinung ausgewogene Lösung zu einigen:

Der Anfall von einmaligen Verwaltungskosten beim Übergang von der Ansparphase in die Auszahlungsphase ist in dem ursprünglichen Vertrag schon angelegt beziehungsweise vorgesehen. Sicherlich ist deren Höhe damals noch (zulässigerweise) offengelassen worden. Abschluss- und Vertriebskosten in Höhe von 121,58 Euro sind meines Erachtens durchaus angemessen. Sie entsprechen etwa 1 Prozent der Beitragssumme. Aus anderen Verfahren ist mir bekannt, dass in anderen Fällen prozentual deutlich höhere Summen verlangt werden. Der Antragsteller sollte deshalb diesen Abzug akzeptieren.

Einmal abgesehen davon, was sich hinter dem Sprachmonster „einmalig übrige einkalkulierte Kosten“ überhaupt verbirgt, gibt der Altersvorsorgevertrag für den Anfall solcher Kosten nichts her, nicht einmal ansatzweise. Diese Kosten sollten der Antragstellerin voll erstattet werden.

Die jährlichen Verwaltungskosten in Höhe von 8,45 Euro stellen die „Fortsetzung“ der der Bank geschuldeten Kosten für die Verwaltung des Vertrags dar. Diese Leistung – Verwaltung des Vertrags – erfolgt nunmehr durch den Rentenversicherer.

Die Belastung in Höhe von 2 Prozent an den Überschussbeteiligungen dürfte wirtschaftlich völlig unbedeutend sein. Eine Änderung zugunsten des Antragstellers erscheint mir insoweit verzichtbar.

Abschließend: Sollten sich die Parteien nicht auf diesen oder einen ähnlichen Vorschlag verständigen können, bleibt ihnen sicherlich keine andere Wahl, als das Gericht anzurufen. Als Jurist würde ich mich darüber freuen, weil dadurch wieder etwas mehr an Rechtssicherheit und -klarheit erzielt werden kann. Als Ombudsmann würde ich dies bedauern, weil angesichts des mit einem Rechtsstreit – für beide Parteien – verbundenen Risikos jedwede vermittelnde gütliche Einigung vernünftiger erscheint als ein gerichtlich ausgetragener Streit.

Vor dem Hintergrund schlage ich den Beteiligten deshalb vor, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller 328,27 Euro erstattet und es bei dem vom Antragsteller akzeptierten Vertrag mit der R+V Lebensversicherung AG verbleibt.