Prognosebericht
Gesamt- und Kreditwirtschaft
Im Frühjahr 2024 befindet sich die deutsche Wirtschaft in einer zähen Schwächephase. Die im Herbst für das Winterhalbjahr 2023/24 erwartete Konjunkturbelebung ist ausgeblieben. Zwar dürfte ab dem ersten Quartal 2024 eine gesamtwirtschaftliche Erholung einsetzen. Deren Dynamik wird aber voraussichtlich verhalten ausfallen. Vor diesem Hintergrund haben die an der Gemeinschaftsdiagnose teilnehmenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wachstumseinschätzung für Deutschland merklich nach unten korrigiert. In ihrem aktuellen Frühjahrsgutachten prognostizieren sie für 2024 gegenüber dem Vorjahr einen geringfügigen Anstieg des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent. Im Herbstgutachten hatten die Forschungsinstitute noch mit einer Wachstumsrate von 1,3 Prozent gerechnet.
Laut dem aktuellen Frühjahrsgutachten werden die Wachstumsimpulse 2024 vor allem vom privaten Konsum ausgehen, befördert durch die rückläufige Inflation, steigende Löhne und einen robusten Arbeitsmarkt. Die Aussichten für die Investitionen sind nach Einschätzung der Wirtschaftsforscher dagegen getrübt. Im Wohnungs- und Wirtschaftsbau dürften die Investitionsausgaben erneut sinken. Auch von den Ausrüstungsinvestitionen und vom Außenhandel seien auf Jahressicht keine Wachstumsimpulse zu erwarten. Erst im kommenden Jahr dürfte das Auslandsgeschäft der deutschen Wirtschaft wieder verstärkt zum Konjunkturtreiber werden.
Bezüglich der Verbraucherpreise rechnen die Forschungsinstitute für den Jahresdurchschnitt 2024 mit einer Zunahme um 2,3 Prozent, auf die 2025 ein Anstieg um 1,8 Prozent folgen dürfte. Das Inflationsgeschehen wird im Prognosehorizont bei rückläufigen Preisen für Energierohstoffe vor allem durch die Binnenteuerung geprägt. In Hinblick auf die Arbeitsmarktlage wird ein weiterer Anstieg der Erwerbstätigenzahl um knapp 200.000 auf 46,1 Millionen Menschen prognostiziert. Die Arbeitslosenquote dürfte nur geringfügig um 0,1 Prozentpunkte auf 5,8 Prozent zulegen.
Die geldpolitische Straffung westlicher Notenbanken hat 2024 bisher ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Während die US-Notenbank und die Bank of England ihre Leitzinsen bis in den Juni hinein konstant hielten, hat die EZB im Juni eine erste Zinssenkung beschlossen. Sie senkte am 6. Juni 2024 den Einlagesatz um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent. Bei der Begründung verwies sie auf die rückläufige Inflation im Euroraum, gab aber wegen des fortbestehenden Inflationsrisikos keine klare Indikation über den weiteren zinspolitischen Kurs.
Am 13. März 2024 veröffentlichte die EZB zudem Änderungen ihres geldpolitischen Handlungsrahmens (Changes to the Operational Framework for Implementing Monetary Policy). Demnach werde die Notenbank ein nachfragegesteuertes System der Geldmarktsteuerung mit Zinsuntergrenze in Form der Einlagenfazilität etablieren, wenn der Abbau der Anleihebestände und der Überschussliquidität ausreichend fortgeschritten ist. Dieses System sieht eine größere Überschussliquidität vor, als sie vor der Finanzkrise im Eurosystem existierte. Die EZB begründet dies mit veränderten Liquiditätspräferenzen der Banken, auch aufgrund der regulatorischen Risikovorsorge, und plant mit Blick auf diesen höheren Liquiditätsbedarf längerfristige Refinanzierungsoptionen sowie ein strukturelles Anleiheportfolio aufzubauen.
Die vorgenannten gesamtwirtschaftlichen Effekte beeinflussen in vielerlei Hinsicht auch den Ausblick für die Kreditwirtschaft. So ist zu erwarten, dass die Risikokosten im Kreditgeschäft aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten und des gestiegenen Zinsumfelds erneut steigen werden. Die Resilienz vieler Unternehmer wird aufgrund der schwächeren konjunkturellen Entwicklung als stagnierend bis rückläufig eingeschätzt, was in Kombination mit dem höheren Zinsniveau den Kapitaldienst gefährden kann. Das Zinsergebnis im Geschäftsjahr 2024 wird als stabil bis rückläufig prognostiziert, da einerseits die Leitzinsen der EZB weiter sinken sollten und andererseits die Verzinsung der Passivseite im Jahr 2024 weiter ansteigen wird. Auch wenn das Volumenwachstum durch Kreditneugeschäft im Geschäftsjahr 2024 vergleichsweise verhalten erwartet wird, so wirken Prolongationen erhöhend auf den Zinsertrag. Das Volumen der Immobilienfinanzierungen wird im Jahr 2024 auf dem Niveau des Vorjahres erwartet, da das gestiegene Zinsniveau die Gesamtkosten eines Eigenheims entscheidend erhöht und häufiger zu einer ungeeigneten Kapitaldienstfähigkeit führt. Jedoch wird sich das Wachstum am unteren Ende des langjährigen Trends einpendeln. Auch sollte durch den tendenziellen Rückgang der Immobilienpreise sowie ein Wachstum der durchschnittlichen Kapitaldienstfähigkeit insbesondere durch Tariferhöhungen ein neues Gleichgewicht gefunden werden.
Prognose der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken
Die genossenschaftliche FinanzGruppe ist operativ erfolgreich in das Jahr 2024 gestartet. Die beschriebenen Risiken des gesamtwirtschaftlichen Umfelds als auch der Konditionenwettbewerb auf der Passivseite werden die weitere Ergebnisentwicklung im Jahresverlauf entscheidend beeinflussen. Der Zinsüberschuss wird im Geschäftsjahr 2024 im Rahmen der eingetrübten wirtschaftlichen Prognosen, den damit verbundenen moderaten Aussichten für das Neugeschäft sowie erwartbar steigenden Zinsaufwendungen im Vergleich zum Niveau des Geschäftsjahres 2023 spürbar rückläufig sein. Der Provisionsüberschuss wird im Geschäftsjahr 2024 im Vergleich zum Geschäftsjahr 2023 leicht wachsen und weiterhin maßgeblich zum Ergebnis beitragen. Der wesentliche Anteil der Provisionen stammt weiterhin aus dem Zahlungsverkehr und der Vermittlung von Anlageprodukten.
Das Ergebnis aus Finanzanlagen wird im Geschäftsjahr 2024 durch die erwarteten Wertaufholungen auf die Finanzanlagen erneut positiv, jedoch deutlich geringer als im Geschäftsjahr 2023 ausfallen. Weiterhin rechnen wir nicht mit wesentlichen bonitätsbezogenen Risiken aus den Finanzanlagen. Durch das schwache gesamtwirtschaftliche Umfeld werden die Aufwendungen für die Risikovorsorge im Geschäftsjahr 2024 erneut steigen. Ursächlich hierfür sind die erwarteten höheren Kreditausfälle im Kundengeschäft, insbesondere in der Kundengruppe Firmenkunden. Das Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft dürfte im Geschäftsjahr 2024 stark steigend ausfallen. Diese Prognose stützt sich auf ein erwartet ansprechendes operatives Versicherungsgeschäft.
Im Geschäftsjahr 2024 dürften die Verwaltungsaufwendungen gegenüber dem Geschäftsjahr 2023, hauptsächlich aufgrund der inflationsbedingten Lohnsteigerungen, leicht steigen.
Die regulatorischen Kapitalquoten werden im Jahresverlauf 2024 spürbar steigen, da die Wachstumsraten im Kundenkreditgeschäft beziehungsweise der daraus resultierenden risikogewichteten Aktiva unterhalb der Zunahme der Gewinnthesaurierung erwartet werden.
Im Geschäftsjahr 2023 erzielte die Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken trotz herausfordernder geopolitischer Rahmenbedingungen ein Ergebnis vor Steuern stark über Planniveau. Aus heutiger Sicht wird das Ergebnis vor Steuern im Geschäftsjahr 2024 angesichts des weiterhin schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds auf einem stark geringeren Niveau als im Geschäftsjahr 2023 erwartet.