b) Kontoführung

Bei der Einführung oder Anhebung von Kontoführungsgebühren bedienten sich Banken regelmäßig einer Fingierung der Zustimmung des Kunden in den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach galt ihre Zustimmung zur Vertragsänderung nach Ablauf einer bestimmten Frist als erteilt, wenn die Kunden nicht aktiv widersprachen.

Entsprechende Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 27. April 2021 (Aktenzeichen: XI ZR 26/20) im Verfahren des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen die Postbank jedoch für unwirksam, weil solche Klauseln Kunden unangemessen benachteiligten.

Nach dieser Rechtsprechung des BGH unterliegen allgemeine Geschäftsbedingungen zur Annahme einer stillschweigenden Zustimmung des Bankkunden zu Vertragsänderungen, die nicht nur Anpassungen von einzelnen Details der vertraglichen Beziehungen zum Gegenstand haben, sondern eine fingierte Zustimmung des Kunden für sämtliche Geschäftsbeziehungen und ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkung für jede vertragliche Änderungsvereinbarung vorsehen, der Inhaltskontrolle. Danach sind solche Klauseln im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB unwirksam.

Die von den Banken verwendeten Geschäftsbedingungen haben in Ziffer 1 (2) und 12 (5) einen Änderungsmechanismus mit einer solchen Zustimmungsfiktion im Sinne der Rechtsprechung vorgesehen und sind auch regelmäßig angewendet worden. Diese Bestimmungen sind insgesamt unwirksam und keiner Aufspaltung in gerade noch wirksame und unwirksame Vertragsbestandteile zugänglich.

Demgegenüber hat der BGH betont, dass eine Änderung der allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam sei, wenn die Bank eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden zu neuen Vertragskonditionen einhole, also eine beiderseitige Änderungsvereinbarung getroffen werde.

Über die Konsequenzen dieses Urteils hinsichtlich der Erstattung nichtgeschuldeter Bankentgelte, aber auch hinsichtlich der geschäftspolitischen Schlussfolgerungen aus diesem Urteil für die künftige Geschäftsbeziehung, also die künftigen Möglichkeiten zur Änderung von Vertragsbestimmungen werden die unterschiedlichsten Meinungen vertreten.

Eine enorme Anzahl von Beschwerden war im Berichtszeitraum darauf gerichtet, dass die Bank die berechneten Kontoführungsgebühren beziehungsweise Entgelte, die auf eine unwirksame Vereinbarung zurückgingen, erstatten möge.

Viele Banken fanden in den Streitbeilegungsverfahren nicht zu einer rechtserheblichen Verteidigung: Viele Banken haben regelmäßig eingewendet, dass mehr als drei Jahre zurückliegende, zustimmungslose Vertragsänderungen rechtswirksam (geworden) seien, wenn der Kunde die Entgelterhöhung widerspruchslos bezahlt habe. Die Einrede der Verjährung wurde dagegen von den Banken häufig nicht erhoben, obwohl Antragsteller auch Entgelte aus verjährter Zeit verlangten. Mitunter wurde die Einrede der Verjährung erhoben, mit dem Hinweis darauf, dass die Entgelterhöhung mehr als drei Jahre zurückliege, auch wenn der Antragsteller nur die überzahlten Entgelte im unstreitig nicht verjährten Zeitraum ab dem Jahr 2018 verlangte.

Die Ombudsleute der Kundenbeschwerdestellen haben regelmäßig entschieden, dass die Dreijahreslösung nicht auf das giro- oder depotvertragliche Rechtsverhältnis übertragen werden kann, wie die Schlichtungsvorschläge D 52/21 und K 170/21 aufzeigen:


Schlichtungsvorschlag D 52/21

„Der Antragsteller unterhält bei der Antragsgegnerin seit Jahren ein Girokonto (Nummer XXXXXXXXX), das ursprünglich kostenlos geführt wurde. Der Antragsteller führt aus, dass er keinem der späteren Entgeltverlangen der Antragsgegnerin seit der Begründung der Kontoverbindung zugestimmt hat.

Im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 27. April 2021 (XI ZR 26/20) fordert er von der Antragsgegnerin Erstattung von Kontoführungsgebühren für die Zeit von Januar 2017 bis August 2021 in Höhe von 239 Euro zuzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Die Antragsgegnerin akzeptiert dem Grunde nach eine Erstattung in Höhe von 71 Euro zuzüglich 2,45 Euro Nutzungsentschädigung, wobei sie den Vertragsstand vor dem 1. Januar 2019 zugrunde legt und sich zur Begründung auf die Entscheidung des BGH vom 5. Oktober 2016 (VIII ZR 241/15; Dreijahreslösung) beruft. Eine weitere Erstattung lehnt sie ab.

Das Beschwerdebegehren des Antragstellers ist im Wesentlichen begründet. Der Antragsteller kann verlangen, dass ihm die Entgelte ab Januar 2017 in Höhe von unbestritten 239 Euro auf seinem Konto wieder gutgeschrieben werden. Der Anspruch ergibt sich aus § 812 Absatz 1 Satz 1 1. Alternative BGB. Den Anspruch auf Nutzungsentschädigung kann ich allerdings nicht unterstützen.

Die Antragsgegnerin ist um den genannten Betrag durch die Abbuchungen ungerechtfertigt bereichert, weil ihr zumindest in dem Umfang kein Anspruch auf die Entgelte zusteht.

Hinsichtlich der Entgelte fehlt es bereits für die Zeit ab Einführung der Entgelte durch die Antragsgegnerin an einer wirksamen Änderung der Entgeltvereinbarung.

a) Mit Urteil vom 27. April 2021 (XI ZR 26/20) hat der BGH entschieden, dass Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der AGB und Sonderbedingungen fingieren, im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB, Artikel 229 § 5 Satz 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBG) unwirksam sind. Die von der Bank im Zusammenhang mit den Entgelterhöhungen verwendeten AGB haben einen Änderungsmechanismus mit einer derartigen zusammenfassenden Zustimmungsfunktion im Sinne der BGH-Rechtsprechung vorgesehen. Hierauf gestützte Entgelterhöhungen sind mithin nicht wirksam geworden. Dies gilt unabhängig von der Art des vereinbarten Entgelts. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller den von der Antragsgegnerin nach Eröffnung des vereinbarungsgemäß kostenlos geführten Kontos vorgeschlagenen Änderungen ausdrücklich zugestimmt haben, bestehen nicht. Dies wird von ihr auch nicht behauptet. Das hat zur Folge, dass es aufgrund der Angebote der Antragsgegnerin nach Eröffnung des Kontos zu keiner Änderung/Einführung der Vergütung und des Vertrags gekommen ist, weil der Antragsteller diesen Angeboten nicht aktiv zugestimmt hat. Die Regelung in den AGB der Antragsgegnerin ist nach der bereits dargestellten Rechtsprechung des BGH unwirksam. Damit ist es bei dem ursprünglichen Kontomodell (kostenlose Kontoführung) geblieben.

Die Entscheidung des BGH betrifft nicht nur Vertragsänderungen, die ab Januar 2018 stattgefunden haben, sondern alle, die auf der oben geschilderten Klausel beruhen.

Sie hat zur Folge, dass sämtliche Vertragsänderungen, die nach den AGB der Antragsgegnerin auf dem unterlassenen Widerspruch des Antragstellers beruhen, unwirksam sind. Dies betrifft nicht nur die Zeit ab Januar 2018, sondern auch bereits die Zeit davor.

Der Zeitraum ab Januar 2018 ist nur hinsichtlich einer eventuellen Verjährung der Rückerstattungsansprüche relevant (§§ 194 folgende BGB), die für die Zeit ab Januar 2018 wegen der Regelverjährung von drei Jahren auf keinen Fall eingetreten ist. Für die Zeit vor Januar 2018 stellt sich die Verjährungsfrage schon. Die hierfür erforderliche Einrede (§ 214 Absatz 1 BGB) wurde von der Antragsgegnerin jedoch nicht erhoben. Sie beschäftigt sich zwar mit Verjährungsfragen, die ausdrücklich oder konkludente Erhebung der Einrede kann ich darin jedoch nicht erkennen. Die Frage der maßgeblichen Verjährungsfrist kann deshalb hier offenbleiben.

b) Auch eine konkludente Zustimmung des Antragstellers zu den Änderungsangeboten der Antragsgegnerin durch aa) die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung und bb) die Akzeptanz der Abbuchung der erhöhten Kontogebühren durch den Antragsteller, die nach §§ 145 folgende BGB grundsätzlich möglich wäre, liegt nicht vor.

aa) Der Antragsteller hat auf die Änderungsangebote der Antragsgegnerin geschwiegen, sonst nichts. Schweigen ist keine Willenserklärung. Die Aufrechterhaltung einer Geschäftsbeziehung ist kein konkludentes Verhalten, das eine Vertragsänderung zu begründen vermag.

bb) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller über Jahre hinweg die Kontogebühren durch die unbeanstandete Abbuchung von seinem Girokonto akzeptiert hat. Insoweit ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Antragsteller den jeweiligen Rechnungsabschlüssen nicht widersprochen hat, nichts anderes. Zum einen haben Rechnungsabschlüsse keine konstitutive Wirkung. Sie schließen eine Korrektur einer fehlerhaften Buchung nicht aus, sondern führen lediglich zu einer Umkehr der Beweislast. Im Übrigen ergibt sich auch insoweit aus dem Schweigen des Antragstellers nicht, dass er damit in das ihm berechnete Entgelt rechtsgeschäftlich einwilligt. Es sind vielerlei Gründe denkbar, weshalb ein Kunde gegen einen Rechnungsabschluss keine Einwendungen erhebt (Lethargie, Desinteresse, intellektuelle Überforderung, Unbeholfenheit, Krankheit oder tatsächliches Einverständnis; vergleiche hierzu BGH, am angegebenen Ort). Dass bei dem Antragsteller lediglich der letztgenannte Grund für das Fehlen eines Widerspruchs ursächlich war, ist fernliegend und kann deshalb auch nicht unterstellt werden.

Aus der rügelosen Duldung der Abbuchungen seitens des Kunden kann deshalb aus der Sicht der Bank nicht auf dessen Einverständnis mit der Erhöhung der Entgelte geschlossen werden. Schließlich hat der BGH auch in seiner Entscheidung zu den Energielieferungsverträgen (Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (BGHZ) 192,372–384 Randnummer 17, 18) ein konkludentes Einverständnis des Kunden durch die Zahlungen abgelehnt, wenn auch aus anderen rechtlichen Erwägungen.

c) An dem Ergebnis ändert auch der wohl gemeinte Hinweis der Antragsgegnerin auf die Rechtsprechung des BGH zur Dreijahreslösung nichts. Die Grundsätze sind auf Verträge über die Nutzung eines Girokontos nicht übertragbar.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2011 (VIII ZR 295/09; Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2011, 1342–1346) zunächst Folgendes ausgeführt (Randnummern 38, 39):

‚Ein einseitiges Preisänderungsrecht der Beklagten lässt sich für die Preisanpassungen vom 1. Januar 2004 bis zum 1. April 2007 ebenso wenig aus einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten. Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag grundsätzlich nach § 306 Absatz 1 BGB im Übrigen wirksam und richtet sich sein Inhalt gemäß § 306 Absatz 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Dazu zählen zwar auch die Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB über die ergänzende Vertragsauslegung. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt aber nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (Senatsurteile vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 246/08, am angegebenen Ort, Randnummer 50; vom 15. Juli 2009 – VIII ZR 225/07, am angegebenen Ort, Randnummer 36; jeweils mit weiteren Nachweisen). Das ist hier nicht der Fall.

Der Beklagten steht gemäß Nummer 2 Satz 3 der Bedingungen das Recht zu, sich mit einer Kündigungsfrist von einem Monat vom Vertrag zu lösen. In einem solchen Fall ist ihr, auch wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, ein Festhalten am Vertrag zu den bestehenden Bedingungen nicht ohne Weiteres unzumutbar (vergleiche Senatsurteile vom 14. Juli 2010 –

VIII ZR 246/08, am angegebenen Ort, Randnummer 51; vom 15. Juli 2009 – VIII ZR 225/07, am angegebenen Ort, Randnummer 37; jeweils mit weiteren Nachweisen). Der Kläger hat am 20. Dezember 2004 erstmals Widerspruch gegen eine Preiserhöhung der Beklagten erhoben und in der Folgezeit durch Erhebung der vorliegenden Klage deutlich gemacht, dass er mit den weiteren Preisänderungen durch die Beklagte nicht einverstanden ist. Für die Beklagte bestand deshalb seither Anlass, auch eine Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Vertrages etwa mit dem Ziel der Rückkehr in ein Tarifkundenverhältnis in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen.‘

Aus diesen Ausführungen wird Folgendes deutlich: Ist eine Klausel in den AGB unwirksam, führt dies im Regelfall nach § 306 Absatz 1 BGB zur Unwirksamkeit der einzelnen Klausel. An der Wirksamkeit des Vertrags selbst ändert sich nichts. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt das BGB. Ist das von den Vertragsparteien vereinbarte Entgelt für eine Seite nicht mehr adäquat, kann sie kündigen. Für eine ergänzende Vertragsauslegung besteht kein Anlass. Genau das ist hier der Fall (vergleiche Ziffer 19 der AGB).

Der BGH hat sich nun in seiner späteren Entscheidung vom 14. März 2012 (Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (BGHZ) 192, 372–384) weiter mit den Folgen der Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel auseinandergesetzt. In der Entscheidung hat er es nämlich nicht nur bei der bereits geschilderten Möglichkeit der Kündigung als Rechtsfolge bewenden lassen, die nach seiner Auffassung bei Energielieferungsverträgen nur für die Zukunft eine sachgerechte Lösung bietet. Er ist vielmehr auf der Grundlage des § 306 Absatz 3 BGB zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags gelangt, weil er die Aufrechterhaltung des Vertrags für die Vergangenheit ohne Änderungsmöglichkeit für die Lieferanten als unzumutbare Härte angesehen hat.

Er meint, beide Parteien seien sich bei Vertragsschluss einig gewesen, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen der allgemeinen Tarife ein anderer Preis geschuldet sein solle. Denn die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeige den Willen der Parteien, dass der Kunde – und nicht das Versorgungsunternehmen – Preisänderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der Brennstoffbezugskosten oder der Lohn- und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei Vertragsschluss werde deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein hätten leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwarten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in angemessener Weise zu begegnen ist. Da die von den Parteien vereinbarte Preisänderungsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhalte, sei daher im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten (vergleiche Senatsurteile vom 1. Februar 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 74, und VIII ZR 106/83, juris Randnummer 27).

Bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, bestehe ein anerkennenswertes Bedürfnis, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten (vergleiche Senatsurteile vom 1. Februar 1984 – VIII ZR 106/83, am angegebenen Ort, Randnummer 32; vom 16. Januar 1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252, 258). Diesem Bedürfnis liefe es zuwider, wenn bei einem Energielieferungsvertrag mit langer Laufzeit die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen rückwirkend ohne zeitliche Begrenzung geltend gemacht werden könnte. Denn dies hätte zur Folge, dass der Energieversorger ohne Rücksicht auf Schwankungen seiner eigenen Bezugspreise für die gesamte Vertragslaufzeit nur den ursprünglich vereinbarten Preis beanspruchen könnte. Angesichts der Entwicklung der Energiepreise entstünde dadurch bei langfristigen Versorgungsverträgen regelmäßig ein gravierendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung. Dies wäre unbillig und würde dem Kunden einen unverhofften und ungerechtfertigten Gewinn verschaffen (vergleiche Senatsurteile vom 1. Februar 1984 – VIII ZR 54/83, am angegebenen Ort, Seite 77 folgende, und VIII ZR 106/83, am angegebenen Ort; vom 12. Juli 1989 – VIII ZR 297/88, am angegebenen Ort unter II 2 b, III 1 b). Dies entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen.‘

Diese oben erwähnte Lücke hat der BGH aus den schon dargestellten Gründen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise geschlossen, dass die Unwirksamkeit einer Entgelterhöhung dann nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet worden ist.

Für den hier maßgeblichen Vertrag über die Nutzung des Girokontos bedeutet dies, dass man zur Dreijahreslösung nur dann kommen kann, wenn die Unwirksamkeit der Klauseln über die Änderung von Vertragsbedingungen in der Vergangenheit zur Unwirksamkeit des gesamten Girokontovertrags wegen einer unzumutbaren Härte für einen der Vertragsbeteiligten führen würde. Das ist jedoch nicht der Fall.

Zwar mag es durchaus naheliegend sein, dass die Vertragsparteien aufgrund des vereinbarten Vorbehalts zur Änderung von Entgelten davon ausgegangen sind, dass es zu entsprechenden Erhöhungen kommt. Zweifelhaft ist dies jedoch schon, wenn das Konto ursprünglich bei Einbeziehung der AGB kostenlos geführt wurde.

Entscheidend ist jedoch, dass im Recht der Energielieferung stets vorausgesetzt wurde, dass die Möglichkeit der Versorger besteht, Änderungen der Bezugspreise weiterzugeben, ohne den mit dem Kunden bestehenden Versorgungsvertrag kündigen zu müssen. Damit sollte die Versorgungssicherheit gewährleistet werden (BGH, NJW 2012, 1865, Randnummer 28, 29 mit Nachweisen).

In seiner ergänzenden Entscheidung vom 5. Oktober 2016 (Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), 557–560) hat der BGH weiter auf Folgendes hingewiesen:

‚Ohne diese auf der Grundlage einer objektiv-generalisierenden Abwägung der Interessen der Parteien vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung bestünde aufgrund des Wegfalls des die Vertragsstruktur prägenden und für den Vertragsbestand essenziellen Preisanpassungsrechts ein auch nach objektiven Maßstäben schlechterdings untragbares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung mit der Folge, dass der Energielieferungsvertrag sowohl gemäß § 306 Absatz 3 BGB insgesamt unwirksam wäre.‘

Damit ist die Ausgangslage bei Anpassungsklauseln von Energieversorgungsverträgen eine völlig andere.

Die Möglichkeit der Preisanpassung aufgrund der vom BGH für unwirksam erklärten Änderungsklauseln ist keineswegs für die Vertragsstruktur einer Vereinbarung über die Nutzung eines Girokontos prägend. Auch geht es für die Bank nicht darum, Kosten eines Vorlieferanten, die sie kaum beeinflussen kann, an den Endkunden weiterzugeben. Schließlich hat die hier strittige Preisanpassungsmöglichkeit auch nichts mit der Versorgungssicherheit zu tun. Der Wegfall der Änderungsmöglichkeit auf der Basis einer Widerspruchslösung führt auch keineswegs zu einem untragbaren Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung, die den Vertrag insgesamt unwirksam machen würde. Schließlich wurde das Konto auch jahrelang kostenlos geführt.

Die Erhöhung der Entgelte für die Führung eines Girokontos mag wirtschaftlich durchaus notwendig sein. Dies ist der Antragsgegnerin auch nicht verwehrt. Die einzige Unannehmlichkeit besteht darin, dass, wie bisher auch praktiziert, ein Angebot zur Änderung von Gebühren erfolgen muss und seitens des Kunden eine Zustimmung zu erfolgen hat, die ausdrücklich vorgenommen werden muss. Dies ist der einzige Unterschied. Wieso sich hieraus eine unzumutbare Härte für die Antragsgegnerin ergeben soll, erschließt sich nicht.

Auch aus der Höhe der insgesamt für die Vergangenheit vorzunehmenden Rückerstattungen ergibt sich eine solche nicht. Eine Gefährdung der Antragsgegnerin oder generell der Banken ist nicht ersichtlich. Dass den Banken insoweit kein Vertrauensschutz zuzubilligen ist, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 27. April 2021 (Randnummer 35) bereits dezidiert ausgeführt.

d) Den von dem Antragsteller geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsersatz in Form einer Verzinsung des Erstattungsbetrags mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann ich allerdings nicht unterstützen.

Richtig ist, dass der BGH mit Urteil vom 7. Juni 2011 entschieden hat, dass ein Bereicherungsgläubiger – das ist hier der Antragsteller – nach § 818 Absatz 1 BGB Anspruch auf Erstattung der von der Bank aus den ohne Rechtsgrund vereinnahmten Beträgen gezogenen Nutzungen hat und dass dann, wenn Geld Gegenstand des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung ist, die tatsächlich erlangten Zinsen seit der Entstehung des Anspruchs herauszugeben sind. Die Höhe der von der Bank gezogenen Nutzungen ist dann, wenn hinreichende Angaben zur Berechnung der durchschnittlichen Wiederanlagezinsen fehlen, gemäß § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) zu schätzen. Dies kann durch Anknüpfung an den jeweiligen Basiszinssatz und einen Aufschlag von 5 Prozentpunkten erfolgen (BGH, am angegebenen Ort). Allerdings hat der BGH auch klargestellt, dass bei dieser Schätzung ‚das allgemeine Zinsniveau und seine Veränderungen in dem Zeitraum, in dem der rechtgrundlos erlangte Betrag zur Anlage zur Verfügung stand, zu berücksichtigen‘ sind. Die aus dieser Entscheidung gezogene Vermutung, dass Banken Erstattungsbeträge immer mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hätten, trifft deshalb in dieser Eindeutigkeit nicht zu. Dies konnte der BGH für den dort zu entscheidenden Fall, bei dem es um den Zeitraum von 2003 bis 2008 ging, guten Gewissens annehmen. Von solchen Nutzungsvorteilen aus zu Unrecht erlangtem Geld kann man heutzutage – und auch schon seit 2018 – allenfalls noch träumen. Die Zeiten, zu denen Banken Geld mit solchem Gewinn anlegen konnten, sind lange vorbei. Aus diesem Grund hat der BGH in seiner neueren Rechtsprechung von dieser Vermutung auch keinen Gebrauch mehr gemacht, sondern vom Anspruchsberechtigten einen konkreten Sachvortrag zur Ertragslage des Bereicherungsschuldners – das ist die Bank – verlangt (BGH, Urteil vom 21. Juni 2017 – IV ZR 176/15).

Aus diesen Gründen und angesichts des Umstandes, dass die Verzinsung demnach allenfalls einen minimalen Betrag ausmachen wird, halte ich es für gut vertretbar, dem Antragsteller im Rahmen einer Schlichtung vorzuschlagen, dass er sich mit dem Erstattungsbetrag zufriedengeben soll.

Zur gütlichen Beilegung des Streits schlage ich deshalb vor, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller insgesamt 239 Euro erstattet.“


Schlichtungsvorschlag K 170/21

„Die Antragsteller, die seit 1992 bei der Bank ein zunächst gebührenfrei geführtes Girokonto unterhalten, verlangen für den Zeitraum seit 2018 Erstattung der von der Bank inzwischen erhobenen Kontoführungsgebühren in Höhe von 165,10 Euro. Diese Gebühren habe die Bank aufgrund ihrer fingierten Zustimmung nach Maßgabe der Nummer 12 Absatz 5 Satz 3 AGB der Banken eingeführt. Sie berufen sich auf das Urteil des BGH vom 27. April 2021 (XI ZR 26/20, Wertpapier-Mitteilungen (WM) 2021, 1128). Danach hält die Zustimmungsfiktion der Entgeltänderungsklausel in Nummer 12 Absatz 5 Satz 3 AGB der Banken einer Inhaltskontrolle nach § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB nicht stand. Außerdem verlangen sie nach § 818 Absatz 1 BGB als Nutzungsersatz 5 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz.

Die Bank lehnt es ab, die Gebühren zu erstatten, weil ihre nachträgliche Preisanpassung zuletzt zum 1. Juli 2017 erfolgt sei und damit länger als drei Jahre vor der Beanstandung der Antragsteller zurückliege. Sie beruft sich dafür auf das Urteil des VIII. Zivilsenats des BGH vom 5. Oktober 2016 (VIII ZR 241/15; WM 2017, 974 = NJW-RR 2017, 557).

Die Beschwerde ist begründet.

1. Den Antragstellern steht ein Anspruch auf Erstattung der Kontoführungsgebühren von 165,10 Euro zu, die ihnen die Bank für den von ihnen geltend gemachten Zeitraum seit 2018 offenbar auf der Grundlage der Nummer 12 Absatz 5 Satz 3 AGB der Banken in Rechnung gestellt hat (§§ 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1, 432 BGB). Der BGH (WM 2021, 1128, Randnummer 37 folgende) hat diese Anpassungsklausel der AGB, die bei der Einführung oder zur Erhöhung von Kontoführungsgebühren unter Umständen die Zustimmung des Bankkunden fingiert, wegen Verstoßes gegen § 307 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Nummer 1 BGB für unwirksam erklärt. Die Bank erhalte nämlich mit dieser Regelung eine Handhabe, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position ihres Vertragspartners zu entwerten. Für solche weitreichenden, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffenden Änderungen sei ein den Erfordernissen der §§ 305 Absatz 2, 311 Absatz 1, 145 folgende BGB genügender Änderungsvertrag notwendig. Unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Verwendungsgegners reiche hierfür eine Zustimmungsfiktion bei fehlender fristgerechter Ablehnung nicht aus. Ungeachtet der Unwirksamkeit der Nummer 12 Absatz 5 AGB der Banken bleibt also der Girovertrag nach § 306 Absatz 1 BGB mit seiner ursprünglichen Entgeltvereinbarung wirksam. Die Beträge, mit denen die Bank das Konto der Antragsteller belastet hat, sind ihnen wieder gutzuschreiben. Soweit die Bank die Belastung wegen der (unberechtigten) Kontoführungsgebühren in einen Rechnungsabschluss einbezogen hat (Nummer 7 Absatz 1 AGB der Banken), schließt dies den Bereicherungsanspruch nicht aus (Nummer 7 Absatz 2 Satz 4 AGB der Banken).

Die Bank kann sich nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH zu unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen berufen. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat im Urteil vom 5. Oktober 2016 (VIII ZR 241/15; WM 2017, 974 = NJW-RR 2017, 557) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, dass die bei unwirksamer Preisanpassungsklausel in einem langjährigen Stromlieferungsvertrag sich ergebende vertragliche Regelungslücke im Wege einer ergänzenden gerichtlichen Vertragsauslegung zu schließen sei, und zwar so, dass der Kunde die Unwirksamkeit einer Preiserhöhung dann nicht mehr geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalt eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Preisabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt wurde, beanstandet hat (Dreijahreslösung). Der danach maßgeblich bleibende erhöhte Preis trete endgültig an die Stelle des Anfangspreises und sei wie ein zwischen den Parteien vereinbarter Preis zu behandeln. Nach Ansicht des VIII. Zivilsenats (am angegebenen Ort, Randnummer 24; Leitsatz c) bestünde ohne die ergänzende Vertragsauslegung aufgrund des Wegfalls des die Vertragsstruktur prägenden und für den Vertragsbestand essenziellen Preisanpassungsrechts ein auch nach objektiven Maßstäben schlechterdings untragbares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung mit der Folge, dass der Energielieferungsvertrag gemäß § 306 Absatz 3 BGB insgesamt unwirksam wäre (BGH, WM 2017, 974 Randnummer 24 = NJW-RR 2017, 557). Diese Begründung des VIII. Zivilsenats des BGH für eine ergänzende Vertragsauslegung beim kaufrechtlichen Energielieferungsvertrag im Sinne der (Dreijahreslösung) lässt sich auf ein girovertragliches Geschäftsbesorgungsverhältnis nicht übertragen. Der XI. Zivilsenat des BGH (am angegebenen Ort, Randnummer 38) geht nämlich nicht davon aus, dass die Unwirksamkeit der Nummer 12 Absatz 5 Satz 3 AGB der Banken zur Unwirksamkeit des Girovertrags insgesamt führt (§ 306 Absatz 3 BGB), wenn die entstandene Vertragslücke nicht durch gerichtliche ergänzende Auslegung gefüllt würde. Dies wird schon allein durch die Tatsache belegt, dass die Bank das Giroverhältnis mit dem Antragsteller zunächst gebührenfrei geführt und erst zum 11. Juli 2017 Kontoführungsgebühren eingeführt hat. Trotz der Unwirksamkeit der Entgeltanpassungsregel in Nummer 12 Absatz 5 Satz 3 BGB bleibt der Girovertrag also wirksam (§ 306 Absatz 1 BGB); es bedarf zu seiner Aufrechterhaltung keiner ergänzenden Vertragsauslegung.

Die Bank kann einen Vergütungsanspruch auch nicht auf § 354 Handelsgesetzbuch (HGB) stützen (dazu Münchner Kommentar zum HGB//Hadding/Häuser, Band 6: Bankvertragsrecht, 3. Auflage, Randnummer A 77). Denn ohne wirksame Entgeltabrede ist das Giroverhältnis, vorliegend sogar ausdrücklich, gebührenfrei vereinbart und § 354 BGB damit abbedungen (Baumbach/Hopt/Leyens, HGB, 40. Auflage 2021, § 354 Randnummer 4).

2. Neben der Rückzahlung der Kontoführungsgebühren können die Antragsteller die begehrten Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz als Nutzungsersatz nach § 818 Absatz 1 BGB aus den 165,10 Euro verlangen. Bei Zahlungen an eine Bank besteht nämlich eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (vergleiche § 288 Absatz 1 BGB; BGHZ 203, 115, Randnummer 71 = WM 2014, 2261).“


Gegenüber dem Erstattungsverlangen bei betrieblich genutzten Konten haben die Banken eingewendet, dass das Urteil des BGH nur gegenüber Verbrauchern gelte. Auch hier haben die Ombudsleute dargelegt, dass die Vorschriften für die AGB-Klauselkontrolle, die zur Unwirksamkeit der Preisanpassungsvorschriften führten, auch bei Unternehmern zur Anwendung kommen, wie der Schlichtungsvorschlag A 48/21 darlegt:


„Der Antragsteller, der als selbstständiger Unternehmer in der Werbebranche tätig ist, verlangt von der Antragsgegnerin unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20 – die Erstattung der ihm seit dem 1. Januar 2018 berechneten Kontoführungsentgelte, soweit diese über das bei Vertragsschluss am 7. Februar 2001 vereinbarte Entgelt von 3,00 Euro monatlich hinausgehen. Er hat die Höhe seiner Forderung zuletzt für den Zeitraum bis zum 31. August 2021 mit 302,27 Euro berechnet. Er verlangt zudem Ersatz für die gezogenen Nutzungen in Form von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Sie verweist darauf, dass das Urteil auf Verbraucher bezogen ist, und vertritt die Ansicht, dass es auf Unternehmer nicht anzuwenden sei.

Nach meiner Auffassung ist der Schlichtungsantrag begründet. Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin mit Recht auf der Grundlage von § 812 Absatz 1 Satz 1 BGB die Erstattung der ihm seit dem 1. Januar 2018 berechneten höheren Entgelte für die Kontoführung, nachdem die früheren Entgeltänderungen nicht wirksam geworden sind. Dem steht der Umstand, dass es sich beim Antragsteller nicht um einen Verbraucher, sondern um einen Unternehmer (§ 14 BGB) handelt, nicht entgegen.

1. Mit Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20 – hat der BGH entschieden, dass Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren, im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Absatz 1 Seite 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB unwirksam sind.

Die von der Bank im Zusammenhang mit den seit 2001 durchgeführten Entgelterhöhungen verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen haben einen Änderungsmechanismus mit einer derartigen umfassenden Zustimmungsfiktion im Sinne der BGH-Rechtsprechung vorgesehen. Die hierauf gestützten Entgelterhöhungen sind mithin nicht wirksam geworden. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller einer der von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Änderung ausdrücklich zugestimmt hat, bestehen nicht. Dies macht die Antragsgegnerin auch nicht geltend.

2. Bei dem vom Antragsteller geführten Konto handelt es sich um ein Firmenkonto. Die Entscheidung des BGH vom 27. April 2021 bezieht sich ausdrücklich nur auf die Anwendung der Ziffern 1 Absatz 2 und 12 Absatz 5 der damaligen allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern. Nach meiner Überzeugung ist die genannte Entscheidung des BGH aber auch auf den Verkehr mit Unternehmern anzuwenden.

Anders als beim Verkehr mit Verbrauchern gelten für die Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einem Unternehmer gegenüber verwendet werden, lediglich die §§ 307, 308 b Nummer 1a und 1b BGB mit der in § 310 Absatz 1 Satz 2 aufgeführten Ergänzung; die weiteren Klauselverbote in §§ 308 und 309 BGB gelten nicht, § 310 Absatz 1 BGB. Der dadurch reduzierte Kontrollmaßstab bedingt indes keine qualitativ abweichende Bewertung und führt somit zu keinem anderen Ergebnis.

Nach der genannten Entscheidung des BGH sind die Klauseln betreffend die einseitig veranlasste Änderung von Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen beziehungsweise von Entgelten deswegen für unwirksam erklärt worden, weil ‚eine Handhabe, unter Zuhilfenahme einer Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten, […] von wesentlichen Grundgedanken der § 305 Absatz 2, § 311 Absatz 1, §§ 145 folgende BGB abweicht, indem sie das Schweigen des Verwendungsgegners als Annahme eines Vertragsänderungsantrags qualifiziert‘ (BGH, am angegebenen Ort). Diese Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligt die Kunden der Bank unangemessen nach § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB.

Bereits aus dieser Passage der Entscheidung des BGH wird der maßgebliche Unterschied zwischen den §§ 305 Absatz 2, 311 Absatz 1, 145 folgende BGB einerseits und § 307 BGB andererseits deutlich: Während § 307 (nur) die Vorgaben für die Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen enthält, regeln die §§ 305 Absatz 2, § 11 Absatz 1 BGB in Verbindung mit den §§ 145 folgende BGB das ‚gesetzliche Leitbild‘, an dem die Inhaltskontrolle sich auszurichten hat. Das Benachteiligungsverbot des § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB gilt aber gegenüber Verbrauchern und Unternehmern in gleicher Weise. Die nunmehr maßgebliche Frage lautet also, ob das gesetzliche Leitbild für das Zustandekommen beziehungsweise die Änderung von Verträgen im Verkehr mit Unternehmern ein anderes ist als im Verkehr mit Verbrauchern. Diese Frage ist zu verneinen. §§ 305 Absatz 2, 310 Absatz 1 BGB regeln lediglich den Sonderfall der – erleichterten –

Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Unternehmern. Sie ändern nichts an der grundsätzlichen Notwendigkeit von schuldrechtlichen Vereinbarungen nach den §§ 311 Absatz 1, 145 folgende BGB auch im Verkehr zwischen Unternehmern. Das gesetzliche Leitbild über das Zustandekommen beziehungsweise die Änderung von Verträgen ist deshalb im Verkehr mit Unternehmern allenfalls marginal anders als im Verkehr mit Verbrauchern. Bezogen auf die Argumentation des BGH ergibt sich somit kein entscheidungserheblicher Unterschied zwischen einem Konto eines Verbrauchers und einem Firmenkonto. Die Unwirksamkeit der Änderungsklauseln ergibt sich auch nicht etwa aus einer situativen Unterlegenheit oder einem Druck auf den Kontoinhaber, sondern aus der Unvereinbarkeit der vom BGH beanstandeten Änderungsklauseln mit dem – auch für Unternehmer geltenden – gesetzlichen Leitbild der §§ 305 Absatz 2, 311 Absatz 1, 145 folgende BGB. Dies benachteiligt nicht nur Verbraucher, sondern alle Kontoinhaber in gleichem Maße unangemessen. Zwar kann im Rahmen der Auslegung des § 307 BGB angenommen werden, dass ein Unternehmer nicht in gleichem Maße schutzbedürftig ist wie ein Verbraucher, weil er Geschäfte dieser Art eventuell häufiger abschließt, über größere Geschäftserfahrung verfügt und seine Interessen grundsätzlich besser zu wahren weiß. Dies ändert aber nichts daran, dass die Bank sich durch die einseitig initiierte Änderungsmöglichkeit einen Vorteil verschafft, der ihr nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 305 Absatz 2, 311 Absatz 1, 145 folgende BGB nicht zusteht.

Die nach § 310 Absatz 1 Satz 2 BGB gebotene angemessene Rücksichtnahme auf die ‚im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche‘ führt zu keiner anderen Bewertung. Richtig ist insoweit zwar, dass es im Verkehr zwischen Kaufleuten, über §§ 305 Absatz 2, 311 Absatz 1 BGB hinaus, Erleichterungen bezüglich des Abschlusses von Vereinbarungen gibt, nämlich in Form des kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Dem Grundsatz, dass im Handelsverkehr der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen muss, wenn er den Inhalt nicht gegen sich gelten lassen will, liegt ein Handelsbrauch zugrunde, der zwischenzeitlich zu Gewohnheitsrecht geworden ist und im persönlichen Anwendungsbereich nicht mehr auf Kaufleute beschränkt ist (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – VII ZR 186/09). Die Pflicht zum sofortigen Widerspruch wird aus im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen und auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abgeleitet (BGH, am angegebenen Ort). Ein Bestätigungsschreiben muss sich aber immer auf eine bereits getroffene Absprache beziehen, also das Ergebnis von vorausgegangenen Vertragsverhandlungen verbindlich festlegen, und es muss dem Verhandlungspartner in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit diesen Vertragsverhandlungen zugegangen sein (BGH, am angegebenen Ort). Schon von diesem Ausgangspunkt her ist die Situation, die einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben zugrunde liegt, mit derjenigen Situation, die durch die Ziffern 1 Absatz 2 und 12 Absatz 5 der früheren allgemeinen Geschäftsbedingungen geschaffen worden ist, in keiner Weise vergleichbar. Einen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben hinausgehenden Handelsbrauch in diesem Zusammenhang gibt es aber nicht. Deshalb fordert auch § 310 Absatz 1 Satz 2 BGB keine Korrektur des auf § 307 BGB gestützten Ergebnisses.

3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 5. Oktober 2016 im Verfahren VIII ZR 241/15 (sogenannte Dreijahreslösung). Die dort vom VIII. Zivilsenat des BGH ersichtlich auf Energielieferungsverträge zugeschnittenen Erwägungen sind auf Kontoverträge der hier vorliegenden Art nicht übertragbar.

4. Den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsersatz in Form einer Verzinsung des Erstattungsbetrages mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz kann ich nicht unterstützen.

Richtig ist, dass der BGH mit Urteil vom 7. Juni 2011 – XI ZR 212/10 – entschieden hat, dass ein Bereicherungsgläubiger – das ist hier der Antragsteller – nach § 818 Absatz 1 BGB Anspruch auf Erstattung der von der Bank aus den ohne Rechtsgrund vereinnahmten Beträgen gezogenen Nutzungen hat und dass dann, wenn Geld Gegenstand des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung ist, die tatsächlich erlangten Zinsen seit der Entstehung des Anspruchs herauszugeben sind. Die Höhe der von der Bank gezogenen Nutzungen ist dann, wenn hinreichende Angaben zur Berechnung der durchschnittlichen Wiederanlagezinsen fehlen, gemäß § 287 Zivilprozessordnung zu schätzen. Dies kann durch Anknüpfung an den jeweiligen Basiszinssatz und einen Aufschlag von 5 Prozentpunkten erfolgen (BGH, am angegebenen Ort). Allerdings hat der BGH auch klargestellt, dass bei dieser Schätzung ‚das allgemeine Zinsniveau und seine Veränderungen in dem Zeitraum, in dem der rechtgrundlos erlangte Betrag zur Anlage zur Verfügung stand, zu berücksichtigen‘ sind (Randnummer 25, zitiert nach juris). Die aus dieser Entscheidung gezogene Vermutung, dass Banken Erstattungsbeträge immer mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen hätten, trifft deshalb in dieser Eindeutigkeit nicht zu. Dies konnte der BGH für den dort zu entscheidenden Fall, bei dem es um den Zeitraum von 2003 bis 2008 ging, guten Gewissens annehmen. Von solchen Nutzungsvorteilen aus zu Unrecht erlangtem Geld kann man heutzutage – und auch schon seit 2018 – allenfalls noch träumen. Die Zeiten, zu denen Banken Geld mit solchem Gewinn anlegen konnten, sind lange vorbei. Aus diesem Grund hat der BGH in seiner neueren Rechtsprechung von dieser Vermutung auch keinen Gebrauch mehr gemacht, sondern vom Anspruchsberechtigten einen konkreten Sachvortrag zur Ertragslage des Bereicherungsschuldners – das ist die Bank – verlangt (BGH, Urteil vom 21. Juni 2017 – IV ZR 176/15). An einem solchen Sachvortrag fehlt es hier.

Aus diesen Gründen und angesichts des Umstandes, dass die Verzinsung demnach allenfalls einen minimalen Betrag ausmachen wird, halte ich es für gut vertretbar, dem Antragsteller im Rahmen einer Schlichtung vorzuschlagen, dass er sich mit dem Erstattungsbetrag zufriedengeben soll.

5. Einwendungen gegen die Berechnung der Höhe des Erstattungsbetrags hat die Antragsgegnerin nicht erhoben.

Zur gütlichen Beilegung des Streits schlage ich deshalb vor, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller das vom 1. Januar 2018 bis zum 31. August 2021 berechnete erhöhte Entgelt in Höhe von 302,27 Euro ohne Verzinsung erstattet.“


Oft wurde seitens der Banken gegen entsprechende Erstattungsforderungen eingewendet, dass die Rechtsprechung des BGH nur Dauerentgelte betreffe, nicht hingegen Einmalentgelte, sodass zustimmungslos vereinbarte Entgelte für Debitkarten, Porto oder Spesen nicht zu erstatten seien. Die Ombudsleute mussten in diesen Fällen darüber aufklären, dass jegliches Entgelt einer schuldrechtlichen Grundlage bedarf und eine Aufteilung in Dauer- und Einmalentgelte, die auf denselben Vertragsanpassungsmechanismus zurückgehen, weder möglich noch sinnvoll ist, wie der folgende Schlichtungsvorschlag H 137/21 aufzeigt:


„Die Antragstellerin war bis zum 21. Dezember 2018 Kundin der Antragsgegnerin. Sie verlangt die Erstattung von 27,00 Euro nebst Nutzungsersatz:

16. Januar 2018: Jahresgebühr BankCard 2018 für die Kartennummer XXXXXXXXX in Höhe von 12,00 Euro

29. März 2018: Spesen in Höhe von 1,65 Euro und Porto in Höhe von 2,10 Euro

26. Juni 2018: Spesen in Höhe von 1,65 Euro und Porto in Höhe von 2,10 Euro

Sie begründet das näher wie folgt:

‚Im Juni 1994 habe ich ein kostenfreies Girokonto bei der Sparda-Bank eröffnet. Den Kontoeröffnungsvertrag kann ich nicht mehr vorlegen. Nach Sichtung meiner Kontoauszüge habe ich festgestellt, dass mein Girokonto erstmals am 30. März 2000 mit Portogebühren pro Quartal, erstmals am 29. Juni 2009 mit Spesen pro Quartal und erstmals am 19. Januar 2016 mit einer Jahresgebühr für die EC-Karte belastet wurde. Zu keiner dieser Entgelteinführungen habe ich aktiv meine Zustimmung erteilt. Mögliche Schreiben der Sparda-Bank, aus denen jeweilige Entgelteinführung hervorgehen, kann ich nicht vorlegen.‘

Die Bank lehnt eine Erstattung mit der Begründung ab, dass sie lediglich Kosten und Gebühren erstatte, die ab dem 1. Januar 2018 durch den AGB-Änderungsmechanismus angepasst worden seien. Die von der Antragstellerin genannten Kosten fielen nicht darunter.

Der zulässige Schlichtungsantrag hat in der Hauptsache Erfolg und sollte zu einer antragsgemäßen Erstattung führen. Ein Anspruch auf Nutzungsersatz ist dagegen nicht zu befürworten.

1. Der Antragstellerin steht ein bereicherungsrechtlicher Erstattungsanspruch im Sinne von § 812 Absatz 1 BGB zu, weil die streitigen Entgelte ohne Rechtsgrund geleistet worden sind.

a) Gegenüber dem geltend gemachten Anspruch zeigt die Stellungnahme der Bank schon keine rechtliche (vertragliche) Grundlage auf, die eine Berechnung der streitigen Kosten überhaupt rechtfertigen könnte. Vertragliche Vereinbarungen hierüber oder wirksam einbezogene allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), mit denen etwa auf der Grundlage eines Preis- und Leistungsverzeichnisses ein Entgelttatbestand begründet worden wäre, werden insgesamt nicht ersichtlich. Schon danach fehlt es an einem Rechtsgrund für die Leistung der streitigen Kosten.

b) Die Antragstellerin hat darüber hinaus im Einzelnen ausgeführt, dass die ihr berechneten Positionen nach zunächst entgeltfreier Kontoführung erst nachträglich ohne ihre Zustimmung eingeführt wurden. Die Antragstellerin beruft sich insoweit mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BGH, der zufolge eine nur fingierte Zustimmung keinen vertraglichen Entgeltanspruch begründen kann.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20, juris) unterliegen AGB zur Annahme einer stillschweigenden Zustimmung des Bankkunden zu Vertragsänderungen, die nicht nur Anpassungen von einzelnen Details der vertraglichen Beziehungen zum Gegenstand haben, sondern eine fingierte Zustimmung des Kunden für sämtliche Geschäftsbeziehungen und ohne inhaltliche oder gegenständliche Beschränkung für jede vertragliche Änderungsvereinbarung vorsehen, der Inhaltskontrolle. Danach sind solche Klauseln im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB unwirksam.

Die von der Bank verwendeten AGB haben in Ziffern 1 (2) und 12 (5) einen solchen Änderungsmechanismus mit einer Zustimmungsfiktion im Sinne der BGH-Rechtsprechung vorgesehen. Diese Bestimmungen sind insgesamt unwirksam und keiner Aufspaltung in gerade noch wirksame und unwirksame Vertragsbestandteile zugänglich (vergleiche BGH, am angegebenen Ort).

Soweit die Bank womöglich davon ausgehen will, dass das Urteil des BGH die hier streitigen Kostenpositionen generell nicht erfasse, unterliegt sie einem Rechtsirrtum. Unstreitig handelt es sich um zunächst nicht berechnete Gebühren und Auslagen, deren spätere Einführung irgendeine rechtliche Grundlage haben müsste. Gegenüber der Antragsbegründung, die von unwirksamen Entgelteinführungen aufgrund des AGB-Änderungsmechanismus ausgeht, zeigt die Bank eine solche Grundlage nicht auf.

2. Vertragsänderungen sind auch nicht nachträglich verbindlich geworden.

Dass seitens der Antragstellerin ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erklärt wurde, die geänderte Entgeltberechnung akzeptieren zu wollen, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Bank hat keine Tatsachen dargetan, die einen solchen Erklärungswillen zeigen.

3. Soweit die Bank sich mit ihrem Hinweis darauf, nur solche Entgelte erstatten zu wollen, die nach dem 1. Januar 2018 eingeführt oder erhöht wurden, auf die sogenannte Dreijahreslösung berufen will, kann diese ebenfalls nicht zu ihren Gunsten durchgreifen.

Der BGH hat zwar (unter anderem mit Urteil vom 5. Oktober 2016 – VIII ZR 241/15, juris, mit weiteren Nachweisen) entschieden, dass bei langjährigen Energielieferungsverträgen, bei denen der Kunde längere Zeit Preiserhöhungen unbeanstandet hingenommen hat und nun auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht, die durch die Unwirksamkeit oder die unwirksame Einbeziehung einer Preisanpassungsklausel entstandene Regelungslücke regelmäßig im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dadurch zu schließen ist, dass der Kunde die Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnungen, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat. Der BGH hat dies so begründet, dass ohne eine ergänzende Vertragsauslegung aufgrund des Wegfalls des die Vertragsstruktur prägenden und für den Vertragsbestand essenziellen Preisanpassungsrechts ein auch nach objektiven Maßstäben schlechterdings untragbares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung bestünde mit der Folge, dass der Energielieferungsvertrag dann sowohl gemäß § 306 Absatz 3 BGB insgesamt unwirksam wäre als auch im Sinne des Artikel 6 Absatz 1 Halbsatz 2 der Richtlinie 93/13/EWG (Klausel-Richtlinie) insgesamt nicht bestehen könnte.

Diese Argumentationslinie lässt sich entgegen einer von Omlor (NJW 2021, 2243) vertretenen Auffassung nicht auf Verträge der hier zugrunde liegenden Art übertragen. Schon im ersten rechtlichen Zugriff ist vielmehr festzuhalten, dass eine ergänzende Vertragsauslegung vorliegend nicht deshalb geboten sein kann, weil die bankvertraglichen Vereinbarungen ansonsten insgesamt nach § 306 Absatz 3 BGB unwirksam wären. Zur etwaigen Gesamtunwirksamkeit von Verträgen hat der BGH in der hier einschlägigen grundlegenden Entscheidung (Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20, juris) kein Wort verloren, sondern lediglich die Unwirksamkeit der Änderungsklausel festgestellt. Das hat entsprechend der allgemeinen Vorgabe in § 306 Absatz 1 BGB zur Folge, dass der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Diese Rechtsfolge umschreibt den gesetzlichen Regelfall. Eine ergänzende Vertragsauslegung, die gleichsam der Rettung des gesamten Vertrags dienen müsste, ist daher schon im Ansatz obsolet.

Selbst wenn zu unterstellen wäre, dass der XI. Zivilsenat des BGH (am angegebenen Ort) nicht veranlasst war, sich auch zur Gesamtunwirksamkeit von Verträgen mit dem fraglichen AGB-Änderungsmechanismus zu erklären, wäre eine solche hier auszuschließen. § 306 Absatz 3 BGB setzt das Vorliegen einer unzumutbaren Härte voraus, wenn bei Unwirksamkeit einer Klausel im Übrigen am Vertrag festgehalten würde. Es müsste sich bei der Änderungsklausel also auch vorliegend um ein essenzielles Anpassungsrecht handeln, wie es der BGH (Urteil vom 5. Oktober 2016 – VIII ZR 241/15, juris) angenommen hat, um auf dieser Grundlage (ohne die gebotene ergänzende Vertragsauslegung) zur Annahme der Gesamtunwirksamkeit zu gelangen. Das liegt hier indessen fern.

Es geht vorliegend nicht um langfristige Energielieferungsverträge mit ihrem flächendeckenden, wirtschaftlich essenziellen Versorgungscharakter, mit ständigen Preisschwankungen und spezifischen Kostendeckungs- und Preisanpassungsmechanismen. Ein essenzielles Anpassungsrecht der Bank kann im hier gegebenen Zusammenhang nicht angenommen werden. Selbst eine unentgeltliche Kontoführung umschreibt eine weithin übliche und immer noch anzufindende Vertragspraxis. Unstreitig galt anfänglich eine solche auch hier und entsprach mithin auch dem Vertragswillen der Bank. Eine unzumutbare Härte im Sinne von § 306 Absatz 3 BGB geht mit dem Andauern einer solchen Regelung nicht einher.

Auch im Übrigen wird eine den gesamten Vertrag tragende Bedeutung des fraglichen AGB-Änderungsmechanismus nicht greifbar. Das läge auch fern, zumal auch die Stellungnahme der Bank hierfür nichts aufgezeigt hat. Natürlich können nach wie vor Vertragsänderungen auch über Entgeltfragen getroffen werden, allerdings nicht unter Fingierung einer tatsächlich nicht abgegebenen Zustimmung des Kunden.

Da die Bank zur Forderungshöhe im Übrigen nichts eingewendet hat, sollte sie erstatten.

4. Ein Anspruch auf Nutzungsersatz im Sinne von § 818 Absatz 1 BGB wird nicht befürwortet.

Die von der Rechtsprechung früher zugrunde gelegte Annahme, dass die Bank aus ihr zugeflossenen Geldern Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ziehe (vergleiche zum Beispiel BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 – XI ZR 79/97, juris), hat angesichts der zwischenzeitlichen Zinsentwicklung keine tragfähige Grundlage mehr, weil die Zinsen im Allgemeinen dauerhaft weit unter dieses Niveau gesunken sind. § 818 Absatz 1 BGB erfasst auch nicht die bloße (abstrakte) Gelegenheit zur Ziehung von Nutzungen, deren Ziehung zwar möglich war, tatsächlich aber unterblieben ist (vergleiche Martinek/Heine in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, juris Praxiskommentar BGB, 9. Auflage, § 818 BGB (Stand: 1. Februar 2020), Randnummer 12). Da im Zusammenhang mit bankvertraglichen Leistungen zusätzlich in Rechnung zu stellen ist, dass Entgelten wirtschaftlich auch ein bestimmter Leistungsaufwand aufseiten der Bank als Gegenleistung gegenübersteht, bleibt für die Vermutung gezogener Nutzungen praktisch kein Raum mehr. Auch der BGH verlangt nunmehr vom Anspruchsteller einen konkreten Tatsachenvortrag, der nicht ohne Bezug zur tatsächlichen Ertragslage des Anspruchsgegners auf die bloße Vermutung einer Gewinnerzielung gestützt werden kann (BGH, Urteile vom 29. April 2020 – IV ZR 5/19, Randnummer 16, juris; vom 19. Dezember 2018 – IV ZR 255/17, Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (BGHZ) 220, 297 Randnummer 20 mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es hier. Eine Schätzung im Sinne von § 287 Zivilprozessordnung (analog) ist mangels tauglicher Schätzgrundlagen nicht möglich.

Die Antragstellerin sollte diesen Anspruch nicht weiterverfolgen. Es dürfte schwierig bis unmöglich sein, gezogene Nutzungen für die berechneten Kleinbeträge zu spezifizieren.“


Schließlich hatten sich die Ombudsleute mit der Rechtsfrage zu beschäftigen, wann Ansprüche auf Erstattung überzahlter Kontoführungsgebühren verjähren. Nicht selten wurden Entgelte der letzten zehn Jahre verlangt, unter Berufung auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 10. Juni 2021 in den Verfahren C-776/19 bis C-782/19. Die Ombudsleute haben mangels einer anderweitigen Entscheidung des BGH die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist nach den §§ 195, 199 Absatz 1 BGB zugrunde gelegt, wobei die Kenntnis des Gläubigers/Kunden dann angenommen wird, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt sind, wie der folgende Schlichtungsvorschlag K 154/21 aufzeigt:


„Der Antragsteller verlangt mit seinem Schlichtungsantrag unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20 – die Erstattung der ihm von der Antragsgegnerin in den vergangenen zehn Jahren berechneten Entgelte für die Kontoführung.

Betroffen ist ein Konto, das der Antragsteller schon seit Jahrzehnten unterhält und das anfangs als kostenloses Kinderkonto geführt worden ist. Die Umstellung auf ein normales Konto erfolgte im Jahr 2002. Welches Entgelt damals für das vom Antragsteller genutzte Kontomodell vereinbart war, ist mir von keiner der beiden Parteien mitgeteilt worden.

Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin jedenfalls pauschal monatlich 4,50 Euro, mithin insgesamt 540,00 Euro.

Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Sie legt, ohne den Begriff ‚Dreijahreslösung‘ zu erwähnen, die Entgeltregelung, die am 1. Januar 2018 Geltung hatte, als vereinbart zugrunde und ist deshalb nur bereit, dem Antragsteller diejenige Differenz zu erstatten, die sich aus den nachfolgenden Entgelterhöhungen vom 1. Juli 2018 und vom 1. April 2021 ergibt. Sie erhebt zudem die Einrede der Verjährung.

Das hier vorliegende Schlichtungsverfahren leidet darunter, dass mir wesentliche Informationen fehlen, die für die Beurteilung der Rechtslage einfach erforderlich wären. Insoweit ist dieses Verfahren allerdings kein Einzelfall; ich erlebe diese Situation derzeit des Öfteren. Die genannte Entscheidung des BGH, auf die ich noch näher eingehen werde, macht es gelegentlich erforderlich, weit in die Vergangenheit einer Kontobeziehung einzutauchen. Dies scheitert oft daran, dass, wie auch hier, bei der Bank Unterlagen nur für circa zehn Jahre aufbewahrt werden – weil sie auch nur so lange aufbewahrt werden müssen – und auch die Bankkunden ihre Unterlagen nicht so lange aufbewahren, wie es eigentlich nötig wäre. Ich kann jetzt schon prognostizieren, dass die gleichen Probleme die Parteien auch dann wieder ereilen werden, wenn sie ihren Streit vor Gericht austragen. Aus diesen Gründen – und wegen einer weiteren, noch darzustellenden Unsicherheit – drängt es sich nahezu auf, den Parteien einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten, der den Streit für die Vergangenheit ein für alle Mal erledigt. Dabei nehme ich, um dies gleich vorweg klarzustellen, für mich keineswegs in Anspruch, dass dieser Vorschlag der Weisheit letzter Schluss wäre. Er soll nur befrieden.

Nunmehr in der Sache selbst:

1. Mit Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20 – hat der BGH entschieden, dass Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren, im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB unwirksam sind.

Die Entscheidung bedeutet konkret, dass Entgelteinführungen oder Entgelterhöhungen, durch die entweder die bei Vertragsschluss bestehende oder aber die letzte mit ausdrücklicher und nicht nur fingierter Zustimmung des Kontoinhabers vereinbarte Entgeltregelung zu Lasten des Bankkunden verändert wird, dann, wenn die erforderliche Zustimmung des Kunden zu diesen Änderungen lediglich durch dessen Schweigen gemäß Ziffer 12 Absatz 5 der damaligen allgemeinen Geschäftsbedingungen fingiert worden ist, nicht wirksam geworden sind. Dies hat wiederum zur Folge, dass der Kunde in einem solchen Fall nach § 812 Absatz 1 Satz 1 BGB die Erstattung der ihm berechneten – neu eingeführten oder erhöhten – höheren Entgelte verlangen kann.

Die von der Bank im Zusammenhang mit den seit der Kontoeröffnung beziehungsweise seit der Umstellung auf ein normales Girokonto erfolgten Entgelterhöhungen verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen haben einen Änderungsmechanismus mit einer derartigen umfassenden Zustimmungsfiktion im Sinne der Rechtsprechung des BGH vorgesehen. Die hierauf gestützten Entgelterhöhungen sind mithin nicht wirksam geworden. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller einer von der Antragsgegnerin angebotenen Änderung ausdrücklich zugestimmt hat, bestehen nicht. Dies macht die Antragsgegnerin auch nicht geltend.

Dies bedeutet, dass zwischen den Parteien weiterhin diejenige Entgeltregelung galt und gilt, die für das Konto des Antragstellers im Jahr 2002 gegolten hat. Die kenne ich nicht!

2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 5. Oktober 2016 im Verfahren VIII ZR 241/15.

Der BGH hat dort zwar entschieden, dass bei langjährigen Energielieferungsverträgen, bei denen der Kunde längere Zeit Preiserhöhungen unbeanstandet hingenommen hat und nun auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht, die durch die Unwirksamkeit oder die unwirksame Einbeziehung einer Preisanpassungsklausel entstandene Regelungslücke regelmäßig im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dadurch zu schließen ist, dass der Kunde die Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnungen, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (sogenannte Dreijahreslösung).

Diese ersichtlich auf Energielieferungsverträge zugeschnittenen Erwägungen sind auf Kontoverträge der hier vorliegenden Art nicht übertragbar. Diese Dreijahreslösung stützt sich nämlich auf eine Besonderheit, die für Energielieferungsverträge zutreffen mag, die aber bei einem Vertrag über die Führung eines Girokontos schlichtweg nicht gegeben ist. Diese Besonderheit bezieht sich auf die gesetzliche Regelung in § 306 BGB. Der Gesetzgeber hat dort in Absatz 1 angeordnet, dass grundsätzlich dann, wenn eine in einem vorformulierten Vertrag enthaltene Bestimmung unwirksam ist oder nicht Vertragsinhalt geworden ist, der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Anstelle der unwirksamen Klausel gilt das Gesetz, Absatz 2. Eine Ausnahme gilt nach Absatz 3 aber dann, wenn das Festhalten an dem Restvertrag einschließlich der gesetzlichen Regelung eine unzumutbare Härte für eine der Parteien darstellen würde. Einen solchen Fall einer unzumutbaren Härte hat der VIII. Zivilsenat des BGH bei Energielieferungsverträgen angenommen. Er meint, es ‚bestünde aufgrund des Wegfalls des die Vertragsstruktur prägenden und für den Vertragsbestand essentiellen Preisanpassungsrechts ein auch nach objektiven Maßstäben schlechterdings untragbares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung mit der Folge, dass der Energielieferungsvertrag gemäß § 306 Absatz 3 BGB insgesamt unwirksam wäre‘. Diese Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel und damit die Unwirksamkeit des Energielieferungsvertrags insgesamt führt nach Ansicht des VIII. Zivilsenats des BGH zu einer Regelungslücke, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Diese hat er in dem oben dargestellten Sinn geschlossen.

Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Hier geht es nicht um langfristige Energielieferungsverträge mit zahllosen Kunden und mit spezifischen Kostendeckungsmechanismen, deren Funktionsweise noch dadurch erschwert wird, dass die Versorgungsunternehmen – was der Kunde auch weiß – selbst die Energie zu stark schwankenden Preisen beschaffen und natürlich kostendeckend weitergeben müssen. Bei Bankverträgen vermögen demgegenüber solche betriebswirtschaftlichen Erwägungen nach Ansicht des XI. Zivilsenats des BGH die einschränkungslose Zustimmungsfiktion nicht zu rechtfertigen (Urteil, am angegebenen Ort, Randnummer 31, zitiert nach juris). Erst recht geht es nicht um eine durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließende Regelungslücke. Eine Vertragslücke liegt hier im Verhältnis zwischen den Parteien nicht vor. Die Parteien haben irgendwann vor dem Jahr 2002 einen Vertrag mit einer bestimmten Entgeltregelung geschlossen. Diese sieht eine Kontoführung für ein bestimmtes Entgelt – hier die entgeltfreie Kontoführung, solange die Voraussetzungen für ein Kinderkonto vorlagen, danach möglicherweise eine andere Regelung – vor. Bei ausbleibender oder unwirksamer Vertragsänderung gilt der Vertrag mit diesem Inhalt fort, wie dies § 306 Absatz 1 BGB vorsieht. An die Anwendung von § 306 Absatz 3 BGB mit der Folge der Unwirksamkeit der Entgeltregelung oder gar des Kontovertrags ist hier nicht ernsthaft zu denken. Die entgeltfreie Kontoführung beziehungsweise die Kontoführung für ein nur geringes Entgelt war über Jahre und Jahrzehnte hinweg Standard und sie ist auch heute noch anzutreffen. Dass das Festhalten an der bisherigen Entgeltregelung für die Bank eine unzumutbare Härte darstellt, wird von der Antragsgegnerin auch weder geltend gemacht noch wird es sonst ersichtlich.

Im Übrigen hat der gleiche VIII. Zivilsenat des BGH in der Entscheidung vom 9. Februar 2011 – VIII ZR 295/09 klargestellt, dass eine nach § 306 Absatz 3 BGB die Unwirksamkeit des Vertrags begründende Unzumutbarkeit einer Partei, an einem Vertrag zu den bestehenden Bedingungen festzuhalten, dann nicht vorliegt, wenn diese Partei die Möglichkeit hat, sich durch Kündigung von dem Vertrag zu lösen, und zwar auch dann, wenn dies nur durch eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist der Fall ist. Akkurat diese Konstellation liegt hier aber vor. Die Antragsgegnerin kann sich, wie dies Banken derzeit auch praktizieren, jederzeit durch eine Kündigung auf der Grundlage von Ziffer 19 Absatz 1 der allgemeinen Geschäftsbedingungen von dem Vertrag lösen. In einem solchen Fall ist ihr, auch wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an das vereinbarte Entgelt gebunden bleibt, ein Festhalten am Vertrag zu den bestehenden Bedingungen nicht ohne Weiteres unzumutbar (ebenso schon BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 246/08; Urteil vom 15. Juli 2009 – VIII ZR 225/07). Auch dies steht der Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne der Dreijahreslösung entgegen.

Somit bemüht die Antragsgegnerin die Dreijahreslösung ohne Erfolg. Ihrer Annahme, für die Vergleichsberechnung sei die Entgeltsituation am 1. Januar 2018 zugrunde zu legen, kann ich mich deshalb nicht anschließen. Maßgeblich für die Vergleichsberechnung ist, sofern danach keine andere vom Kunden ausdrücklich angenommene Preisvereinbarung erfolgt ist, ausschließlich die Entgeltsituation im Jahr 2002.

3. Wie bereits dargelegt, ist mir die Entgeltregelung für das Konto des Antragstellers im Jahr 2002 nicht bekannt. Sicherlich spricht vieles, wenn nicht sogar alles dafür, dass die Kontoführung im Jahr 2002 entgeltfrei erfolgt ist. Völlig sicher ist das allerdings nicht.

4. Zu den vorstehend aufgezeigten Unsicherheiten in Bezug auf die Sachlage – die Rechtslage ist meines Erachtens insoweit eindeutig – kommt noch eine weitere Unsicherheit in Bezug auf die Rechtslage hinzu, nämlich soweit es die Frage der Verjährung anbelangt.

Sicher ist lediglich, dass der dem Antragsteller zustehende Erstattungsanspruch nicht verjährt ist, soweit er sich auf Entgelte bezieht, die ihm nach dem 31. Dezember 2017 berechnet worden sind. Insoweit ist die dreijährige Verjährungsfrist nach den §§ 195, 199 Absatz 1 BGB durch den Schlichtungsantrag gehemmt worden, § 204 Absatz 1 Nummer 4 BGB.

Die Frage, ob ein Anspruch auf Erstattung von zu Unrecht berechneten Kontoführungsentgelten der dreijährigen Verjährungsfrist nach den §§ 195, 199 Absatz 1 BGB oder der zehnjährigen Verjährungsfrist nach § 199 Absatz 4 BGB unterliegt, ist bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Verbraucherschützer und Bankkunden beziehen sich insoweit auf die Entscheidungen des EuGH vom 10. Juni 2021 in den Verfahren C-776/19 bis C-782/19. Der EuGH hat dort entschieden, dass Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Licht des Effektivitätsgrundsatzes dahin auszulegen sind, dass sie einer innerstaatlichen Regelung entgegenstehen, wonach die Stellung eines Antrags durch einen Verbraucher auf Rückerstattung von aufgrund missbräuchlicher Klauseln rechtsgrundlos gezahlten Beträgen einer fünfjährigen Verjährungsfrist unterliegt, wenn diese Frist zum Zeitpunkt der Annahme des Darlehensangebots – in dieser Entscheidung ging es um einen Darlehensvertrag und nicht etwa um Kontoführungsentgelte – zu laufen beginnt und es somit möglich ist, dass der Verbraucher zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von sämtlichen Rechten hatte, die ihm aus dieser Richtlinie erwachsen. Aus dieser Entscheidung wird der Schluss gezogen, dass die dreijährige Verjährung nicht – wie bislang angenommen – mit der jeweiligen Zahlung oder Berechnung der Kontoführungsentgelte, sondern erst dann beginnt, wenn der Bankkunde vom aktuellen Urteil zur Unwirksamkeit der Gebührenanpassungsklausel erfährt.

Legt man demgegenüber die bisherige Rechtsprechung des BGH hierzu zugrunde, dann ist von einer dreijährigen Verjährung des Erstattungsanspruchs gemäß §§ 195, 199 Absatz 1 BGB auszugehen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist hinsichtlich der Kenntnis als dem für den Beginn der Verjährung maßgeblichem Kriterium zu unterscheiden: Für den Beginn der Verjährung reicht die Kenntnis der Tatsachen, die die Kenntnis begründen, aus. Dass der Anspruchsberechtigte hieraus auch die richtigen rechtlichen Schlüsse zieht, ist für den Beginn der Verjährung nicht erforderlich.

Ob der BGH im Hinblick auf die genannten Entscheidungen des EuGH diese seine Rechtsprechung in Zukunft ändern wird, halte ich für zumindest zweifelhaft. Meiner Meinung nach ist die Rechtsprechung des BGH nämlich richtlinienkonform und widerspricht somit nicht europäischem Recht. Bei der Frage, wann die Verjährung des Anspruchs auf Erstattung unrechtmäßig berechneter Kontoführungsentgelte beginnt, handelt es sich allerdings um eine grundsätzliche Rechtsfrage. Sie betrifft Hunderte von Banken, Tausende von Kunden und wahrscheinlich mehrere Millionen von Konten und letztlich Kosten der Banken im mindestens zweistelligen Millionenbereich. Eine Rechtsfrage von solcher Tragweite kann nicht in einem Schlichtungsverfahren durch einen Ombudsmann entschieden werden, sondern nur durch ein Urteil des BGH. Nur dieses hat Bindungswirkung zwischen den Streitparteien und nur diesem kommt darüber hinaus die erforderliche Autorität zu. Nach meiner Kenntnis gibt es bereits Bemühungen, zu dieser Frage eine nochmalige Entscheidung des BGH in einem Musterprozess herbeizuführen. Bis dahin haben sich Ombudsleute aus dieser Rechtsfrage herauszuhalten, sodass insoweit an sich von einer Schlichtung abzusehen wäre, § 3 Absatz 2 Satz 1 Buchstabe a) der VerfO. Dies hat zur Folge, dass ich die Parteien üblicherweise darauf verweise, diese irgendwann zu erwartende Entscheidung des BGH abzuwarten.

Dies wird jedoch dauern.

Angesichts dieser eingangs bereits angedeuteten und dann näher ausgeführten Schwierigkeiten bei der Feststellung des der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalts können die Parteien von mir keinen Schlichtungsvorschlag erwarten, der die Höhe des dem Antragsteller zustehenden Erstattungsanspruchs auf Mark und Pfennig ausrechnet. Verantwortlich dafür, und auch das muss und darf ich zum Ausdruck bringen, ist aber nicht die Antragsgegnerin, sondern der Antragsteller. Dieser und nicht die Antragsgegnerin ist verantwortlich dafür, die Höhe eines ihm zustehenden Erstattungsanspruchs darzulegen und zu begründen. Anstatt mit dem Anwalt und der BaFin zu drohen, hätte der Antragsteller seine Energie besser darauf verwenden sollen, alles zu unternehmen, um herauszufinden, welche Entgeltvereinbarung für ihn im Jahr 2002 galt. Bei diesem Problem, nämlich die Entgeltsituation im Jahr 2002 darzulegen, wird ihm auch ein Anwalt nicht helfen können. Und die BaFin erst recht nicht!

Andererseits komme ich aber auch nicht umhin, dem Antragsteller zugutezuhalten, dass der von ihm unterbreitete Vergleichsvorschlag nach meiner Einschätzung jedenfalls alles andere als unfair und auch keineswegs völlig realitätsfremd erscheint. Die Alternative zu einer jetzigen vergleichsweisen umfassenden Einigung besteht halt darin, dass die Parteien die Entscheidung des BGH abwarten und bis dahin den Vorgang offen lassen müssen.

Um dies zu vermeiden, unterbreite ich den Parteien den Vorschlag, sich auf den Abschluss des folgenden Vergleichs zu einigen:

1. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, ohne Anerkenntnis einer entsprechenden Rechtspflicht und ohne jedes Präjudiz, aber gleichwohl mit dem erforderlichen Rechtsbindungswillen, dem Antragsteller pauschal 420,00 Euro zu erstatten.

2. Mit Abschluss dieses Vergleichs sind die dem Antragsteller zustehenden Ansprüche wegen unwirksamer Entgeltvereinbarungen für die Kontoführung für die Vergangenheit und die Gegenwart bis einschließlich heute, den 27. Oktober 2021, vollständig abgegolten und erledigt.“


Im Berichtszeitraum hat schließlich eine von einer Rechtsanwaltskanzlei eigens hierzu gegründete Gesellschaft in mehreren Hundert Fällen Ansprüche auf Erstattung von Kontoführungsgebühren gegen verschiedene Mitgliedsinstitute geltend gemacht, die im Rahmen einer Treuhandabrede von den Bankkunden an diese Gesellschaft abgetreten worden sind. Dabei verlangte die Gesellschaft als Zessionarin von den Banken, zunächst Auskunft darüber zu erteilen, wie hoch der Erstattungsanspruch sei, also der Differenzbetrag zwischen den wirksam vereinbarten und den tatsächlich berechneten Bankentgelten. In einer weiteren Stufe verlangte die Gesellschaft die Begleichung des so ermittelten Erstattungsbetrags zuzüglich Herausgabe der Nutzungen. Schließlich verlangte die Gesellschaft, es zu unterlassen, das streitgegenständliche Girokonto des Zedenten weiterhin mit den rechtswidrigen Gebühren zu belasten.

Die Ombudsleute haben aus verschiedenen Gründen diese Vorgehensweise als unzulässig qualifiziert, wie die folgende Entscheidung im Verfahren S 426/21 aufzeigt:


„Die Antragstellerin, eine GmbH, geht in diesem und etwa 100 weiteren vor der hiesigen Kundenbeschwerdestelle anhängig gemachten Verfahren aus abgetretenem Recht gegen eine als Antragsgegnerin in Anspruch genommene Bank vor. Sie verlangt unter anderem die Erstattung der dem Zedenten auf der Grundlage der Entscheidung des BGH vom 27. April 2021 – XI ZR 26720 – zu Unrecht berechneten Entgelte für die Kontoführung.

Diesen Erstattungsanspruch verbindet sie im Wege einer Art ‚Stufenschlichtungsantrag‘ mit einem Auskunftsverlangen des Inhalts, dass die Antragsgegnerin Auskunft erteilt darüber,

a) in welchem Umfang die seit dem 1. Januar 2018 auf dem streitgegenständlichen Konto erhobenen Entgelte auf Entgeltanpassungen beruhen, denen der Zedent nicht ausdrücklich zugestimmt hat;

b) hilfsweise zu a): über die Entgeltsätze, die sich ohne Berücksichtigung aller Entgeltanpassungen ergeben, bei denen die Zustimmung des Zedenten fingiert wurde, weil er der Anpassung nicht widersprochen hat, sowie über alle Entgeltsätze, die seit dem 1. Januar 2018 tatsächlich, also auch unter Berücksichtigung fingierter Zustimmungen, auf das oben genannte Konto angewendet wurden;

c) ebenfalls hilfsweise zu a): über sämtliche Entgeltbuchungen auf dem oben genannten Konto seit dem 1. Januar 2018.

Der sich aus dieser Auskunft ergebende und bislang unbezifferte Zahlungsanspruch wird im Anschluss daran verfolgt.

Schließlich verlangt die Antragstellerin von der Antragsgegnerin, dass diese es zukünftig unterlässt, ‚von dem … Girokonto des Zedenten weiterhin Zahlungen auf der Grundlage der mittels Zustimmungsfiktion unwirksam vereinbarten Gebührentatbestände oder Gebührenerhöhungen einzuziehen‘.

Von der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist vorliegend aus mehreren Gründen abzusehen.

Zum einen steht die Art der hier erfolgten Abtretung des Erstattungsanspruchs der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens entgegen, weil das Ziel eines Schlichtungsverfahrens, nämlich einen Streit zwischen einer Bank und ihrem Kunden so einer gütlichen Lösung zuzuführen, dass die Geschäftsbeziehung danach unbeeinträchtigt fortgeführt werden kann, dann nicht erreicht werden kann, wenn der betroffene Kunde seine – tatsächliche oder vermeintliche – Forderung einem gewerblichen Forderungskäufer zum Zwecke der Geltendmachung abgetreten hat. Kann die Bank-Kunden-Beziehung aber durch das Schlichtungsverfahren und den sich anschließenden Schlichtungsvorschlag nicht befriedet werden, dann fehlt es an der Zuständigkeit der Schlichtungsstelle gemäß § 1 der VerfO mit der Folge, dass von der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b) der VerfO abzusehen ist.

Der Schlichtungsantrag ist aber auch deshalb unzulässig, weil die Antragstellerin ihr Schlichtungsbegehren mit einem Antrag verfolgt, der in dieser gestuften Form im Schlichtungsverfahren nicht sinnvoll behandelt werden kann. Dies hat zur Folge, dass kein ausreichender Antrag im Sinne von § 5 der VerfO gestellt worden und die Durchführung des Schlichtungsverfahrens abzulehnen ist, § 3 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a) der VerfO.

Dazu nunmehr im Einzelnen:

1. Nach § 1 der VerfO findet die Schlichtung statt bezüglich aller von der Bank angebotenen Produkte oder Dienstleistungen. Damit bringt § 1 der VerfO zum Ausdruck, dass der Streit zwischen den Parteien des Schlichtungsverfahrens seine Grundlage in der Kundenbeziehung des jeweiligen Antragstellers zur Bank haben muss. Der Annahme einer solchen Kundenbeziehung steht die Abtretung der aus dem Streit resultierenden Forderung eines Bankkunden durch diesen an einen Dritten grundsätzlich nicht entgegen. Durch die Abtretung verändert sich der Charakter des Anspruchs nicht. Auch nach erfolgter Abtretung hat dieser weiterhin seine Grundlage in der Bank-Kunden-Beziehung. Hier liegt der Fall aber anders. Vorliegend hat nicht etwa in einem Einzelfall ein Bankkunde eine von ihm der Bank gegenüber erhobene Forderung abgetreten, sondern die Antragstellerin hat sich im großen Umfang und offensichtlich nach werbender Tätigkeit eine Vielzahl von Forderungen zum Zwecke der Geltendmachung abtreten lassen. Damit verfolgt sie ersichtlich wirtschaftliche Interessen. Hierdurch wird die geltend gemachte Forderung der Bank-Kunden-Beziehung förmlich enthoben. Im Raum steht nun nicht mehr eine von einem Bankkunden geltend gemachte Forderung, die – mit dem Ziel, das gestörte Vertrags- und oft auch Vertrauensverhältnis wiederherzustellen – der Schlichtung zugeführt werden soll, sondern Gegenstand des Schlichtungsverfahrens ist nunmehr die gewerbliche Tätigkeit der Antragstellerin. Das von der Antragsgegnerin angebotene Produkt oder die von ihr erbrachte Dienstleistung stellt allenfalls noch den Anlass des Vorgehens der Antragstellerin dar. Die hier erfolgte massenhafte Abtretung von vermeintlichen Erstattungsansprüchen und deren Geltendmachung durch die Antragstellerin hat aber auch zur Folge, dass der mit der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden kann. Wie bereits erwähnt, soll die Schlichtung sicherstellen, dass der Streit zwischen den Parteien gütlich geregelt wird und die Geschäftsverbindung danach unbeeinträchtigt fortgesetzt werden kann. Darum geht es hier längst nicht mehr. Die jeweiligen Zedenten haben sich der Forderung begeben, und zwar endgültig. Ob dies im Wege einer einfachen Abtretung erfolgt ist oder im Wege des Forderungskaufs, spielt keine entscheidende Rolle. Dieses Schlichtungsverfahren dient allein der erleichterten Durchsetzung der wirtschaftlich-gewerblichen Interessen der Antragstellerin. Dies ist aber nicht Sinn und Zweck einer Schlichtung.

2. Nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er aus dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/5089) ersichtlich ist, zielt die Verbraucherstreitbeilegung ‚auf die zügige Beilegung einfach gelagerter, häufig wiederkehrender Streitigkeiten und nicht auf komplexe Tatsachenfeststellungen oder die Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen‘ (am angegebenen Ort, Seite 61). Schlichtungsverfahren sollen demnach bei einfach gelagerten Sachverhalten durchgeführt werden und nicht nur zu einem unbürokratischen, sondern insbesondere auch zu einem schnellen Ergebnis führen. Dieses Ziel einer schnellen Durchführung und Erledigung von Schlichtungsverfahren kommt insbesondere auch dadurch zum Ausdruck, dass Schlichtungsvorschläge innerhalb von 90 Tagen ab Vorliegen aller erforderlichen Informationen zu unterbreiten sind (§ 20 Absatz 2 VSBG; § 7 Absatz 1 der VerfO).

a) Mit diesem vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziel ist es unvereinbar, wenn Ansprüche, wie bei einer Stufenklage, stufenweise geltend gemacht werden. Ein solches Vorgehen führt zu einer erheblichen Verzögerung der Durchführung des Schlichtungsverfahrens. Es setzt voraus, dass vorerst die sogenannte Auskunftsstufe behandelt und durchgeführt wird. Erst danach kann die Leistungsstufe in Angriff genommen werden. Ein solches Vorgehen dauert erfahrungsgemäß erheblich und steht dem Wesen des Schlichtungsverfahrens deshalb diametral entgegen. Insbesondere ist aber auszuschließen, dass ein solches stufenweise angelegtes Verfahren innerhalb der vom Gesetzgeber vorgegebenen Frist von 90 Tagen abgeschlossen werden kann.

b) Die Verfolgung stufenweise gestellter Anträge in einem Schlichtungsverfahren ist aber, und dies kommt noch hinzu, auch aus praktischen Gründen ungeeignet. Die gerichtliche Stufenklage zeichnet sich dadurch aus, dass sie das gesamte Spektrum zwischen Auskunftserteilung und der abschließenden Leistung vollständig abdeckt. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass im gerichtlichen Verfahren nicht nur die zu erteilende Auskunft zwangsweise durchgesetzt werden kann, sondern die gerichtliche Stufenklage auch eine Möglichkeit bietet, den – nahezu regelmäßig auftretenden – Streit über die Richtigkeit und/oder Vollständigkeit der auf der ersten Stufe erteilten Auskunft zu lösen. In diesem Fall kann der Kläger der Stufenklage verlangen, dass der Auskunftspflichtige die Richtigkeit der von ihm erteilten Auskunft an Eides statt versichert. Diese Möglichkeit bietet das Schlichtungsverfahren nicht. Somit besteht im Schlichtungsverfahren weder eine Handhabe, dass die Antragsgegnerin überhaupt eine Auskunft erteilt, noch eröffnet das Schlichtungsverfahren Möglichkeiten, die Antragsgegnerin zur Erteilung einer richtigen Auskunft anzuhalten. Vor diesem Hintergrund macht es aber keinerlei Sinn, einem Leistungsantrag ein Auskunftsverlangen voranzustellen, das weder Gewähr bietet, dass überhaupt eine Auskunft erteilt wird, noch die Gewähr, dass die erteilte Auskunft richtig ist.

c) Derartige ‚Stufenschlichtungsanträge‘ sind letztlich auch, jedenfalls in Fällen der hier vorliegenden Art, überflüssig und deshalb entbehrlich. Die für die Kundenbeschwerdestelle des BVR tätigen Ombudsleute sind derzeit in erheblichem Ausmaß mit Schlichtungsverfahren, die die Erstattung unrechtmäßig berechneter Bankentgelte zum Inhalt haben, beschäftigt. In nahezu allen dieser Fälle war es dem jeweiligen Antragsteller relativ problemlos möglich, die Höhe seines Erstattungsanspruchs selbst zu berechnen, darzulegen und zu begründen. Hierfür genügt in aller Regel die Prüfung, wann zuletzt welche Entgeltvereinbarung einvernehmlich, also nicht nur mit fingierter Zustimmung des Bankkunden, getroffen worden ist. Sodann bedarf es nur noch der Addition der danach berechneten, darüber hinausgehenden Entgelte, deren Höhe aus den Kontoauszügen jeweils problemlos ersichtlich ist. Weshalb vorliegend hiervon abgewichen werden und die Antragsgegnerin zur Berechnung des gegen sie selbst gerichteten Erstattungsanspruchs in die Pflicht genommen werden soll, erschließt sich, auch in materiell-rechtlicher Hinsicht, nicht.

Dies führt zu dem Ergebnis, dass sogenannte Stufenschlichtungsanträge vom Gesetzgeber nicht vorgesehen und nach den Regelungen der VerfO unzulässig sind.

3. Der mit dem Stufenantrag hier verbundene Unterlassungsantrag ist ebenfalls unzulässig, sodass auch insoweit von der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens abzusehen ist. Zum einen gelten die obigen Ausführungen unter 2a) hier ebenso. Die Antragstellerin hat es aber auch versäumt, insoweit ein konkretes Begehren im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 2 der VerfO zu formulieren. Zur Darstellung des konkreten Begehrens muss die Antragstellerin schon darlegen, welche Entgelte beziehungsweise in welcher Höhe Entgelte nicht mehr eingezogen werden sollen. Die hier vorliegende Formulierung stellt dies nicht klar. Sie bringt die Rechtslage zum Ausdruck, sonst nichts. Zu einer Klärung der zwischen den Parteien streitigen Fragen ist dieser Antrag nicht geeignet.

Außerdem wird nicht greifbar, aus welchem Recht die Antragstellerin sich als befugt ansehen könnte, Unterlassungsansprüche, die allenfalls dem jeweiligen Kontoinhaber zustehen, im Schlichtungsverfahren geltend zu machen. Gegenstand der Forderungsabtretung, auf die sich die Antragsbegründung im Übrigen bezieht, sind solche Ansprüche nicht. Dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin insoweit auch von den jeweiligen Kontoinhabern bevollmächtigt sind und sich (auch) für diese haben bestellen wollen, geht aus dem Schlichtungsantrag und der Antragsbegründung gerade nicht hervor. Das Auftreten eines Verfahrensvertreters ohne Vertretungsmacht führt zu dessen Zurückweisung und macht seine Verfahrenshandlungen rückwirkend unzulässig (vergleiche Zöller/Althammer, Zivilprozessordnung, 33. Auflage, § 89 Zivilprozessordnung, Randnummer 8, in entsprechender Anwendung).

Für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ist der Schlichtungsantrag deshalb insgesamt ungeeignet. Dies hat zur Folge, dass die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach den genannten Bestimmungen abzulehnen ist.“


Kontoinhaber können ihr Girokonto als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) führen lassen, was immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten führt. In den meisten Fällen geht es um Meinungsverschiedenheiten über bestehende oder nichtbestehende Ansparmöglichkeiten im Rahmen der monatlichen Pfändungsfreibeträge. Viele Antragsteller gehen rechtsirrig davon aus, dass Guthaben auf einem P-Konto für immer und ewig vor Pfändungen geschützt sind.

Im Berichtszeitraum 2021 beschwerten sich – wie in den Vorjahren auch – Empfänger von Sozialhilfeleistungen darüber, dass vormonatlich geleistete und wiederkehrende Einzahlungen auf das Pfändungsschutzkonto im Falle einer Kontopfändung bereits nach Ablauf des Folgemonats an einen Pfändungsgläubiger ausgekehrt wurden. Die Antragsteller berufen sich dabei auf die im Jahr 2014 entwickelte und seitdem bestätigte Rechtsprechung des BGH, wonach wiederkehrende Leistungen, die am Ende eines Monats für den Folgemonat dem P-Konto gutgeschrieben werden, in den hierauf folgenden Monat übertragen werden. Somit unterliegen solche Zahlungseingänge auch im übernächsten Monat nach dem Eingangsmonat (Monat der Gutschrift) dem Schutz des Pfändungsschutzkontos und werden mithin von einer Pfändung nicht erfasst. Exemplarisch dokumentiert dies der Schlichtungsvorschlag H4/21:


„Die Antragstellerin, die im vorliegenden Verfahren durch ihren Betreuer vertreten wird, unterhält bei der Antragsgegnerin ein Girokonto, das als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Das Guthaben auf dem Konto ist gepfändet.

Am 30. Oktober 2020 wurde auf dem Konto der Antragstellerin ein Betrag von 551,13 Euro verbucht. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien handelt es sich hierbei um eine Rente, die für den Monat November 2020 bestimmt ist. Das Guthaben auf dem Konto der Antragstellerin betrug zum 31. Oktober 2020 565,55 Euro. Im Monat November 2020 hat die Antragstellerin über 457,57 Euro verfügt.

Die Differenz in Höhe von 107,98 Euro hat die Antragsgegnerin im Dezember 2020 an die Pfändungsgläubigerin ausgekehrt.

Dies hält der Betreuer der Antragstellerin für nicht zulässig. Mit dem Schlichtungsantrag verlangt er von der Antragsgegnerin die Erstattung dieses Betrags.

Der Schlichtungsantrag ist begründet. Die Antragsgegnerin hat den Betrag von 107,98 Euro zu Unrecht ausgekehrt, sodass der Antragstellerin ein Anspruch auf Wiedergutschrift in Höhe von 155,32 Euro gegen die Bank aus § 675 u Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 2 BGB zusteht.

Dieser Anspruch aus § 675 u Satz 2 BGB ist nicht gemäß § 676 c Nummer 2 BGB ausgeschlossen. Zwar gilt diese Vorschrift auch für die Auskehrung eines gepfändeten Guthabens auf einem Pfändungsschutzkonto. Im vorliegenden Fall hat allerdings die Pfändung den an die Pfändungsgläubigerin überwiesenen Betrag gemäß § 850 k Absatz 1 Halbsatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht erfasst, sodass die Belastung des Pfändungsschutzkontos auf einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang zurückzuführen ist.

Dies ergibt sich aus der Entscheidung des BGH vom 4. Dezember 2014 im Verfahren XII ZR 115/14. Danach kann gepfändetes Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto, das erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Kalendermonats an den Gläubiger geleistet werden darf, soweit der Schuldner hierüber in diesem Kalendermonat nicht verfügt und dabei seinen Pfändungsfreibetrag nicht ausschöpft, in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang übertragen werden und erhöht dort den Pfändungsfreibetrag. Dies führt dazu, dass der ausgekehrte Betrag im Dezember 2020 nicht von der Pfändung erfasst war.

Diese Entscheidung des BGH hat zwar heftige Kritik erfahren. Ihr ist aber gleichwohl zu folgen, weil sie überzeugend und richtig ist. Der BGH weist in den Gründen seiner Entscheidung – quasi als Vorgriff auf zu erwartende Kritik – selbst darauf hin, dass sich seine Lösung ‚nicht unmittelbar‘ aus dem Gesetz ergibt (Randziffer 9, zitiert nach juris). Maßgeblich war für den BGH vielmehr die Erwägung, dass derjenige Schuldner, der seine Einkünfte bereits im Vormonat erhält, dem Schuldner gegenüber, der seine Einkünfte in dem Monat erhält, für den sie bestimmt sind, nicht benachteiligt werden darf. Ein Schuldner soll nicht dadurch schlechter stehen, dass ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erst in dem Monat, für den die Leistungen gedacht sind, sondern bereits im Vormonat überwiesen werden. Aus der Auszahlung im Vormonat darf dem Schuldner kein Schaden entstehen. Ein Guthaben, das aus Gutschriften im Vormonat herrührt, soll einem Guthaben aus Gutschriften im laufenden Monat gleichstehen. Deshalb darf auch bezüglich der Möglichkeit, Guthaben pfändungsfrei in den nachfolgenden Monat zu übertragen, kein Unterschied bestehen.

Aus der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung vom 19. Oktober 2017 im Verfahren IX ZR 3/17 ergibt sich nichts anderes. Ganz im Gegenteil: Der BHG hält dort ausdrücklich an der Entscheidung vom 4. Dezember 2014 fest, wie sich aus Randnummer 16 der Entscheidung, zitiert nach juris, ergibt. Maßgeblich dafür, dass in dem dortigen Fall der ausgekehrte Betrag der Pfändung unterlag, war vielmehr der Umstand, dass der Gutschrift auf dem Konto eine einmalige Leistung des Jobcenters zugrunde lag und nicht eine Zahlung, die für einen bestimmten Zeitraum gedacht war, vergleiche dazu Randnummer 18 der Entscheidung. Anders als einmalige Leistungen, die dem Gesetz entsprechend bei Nichtverbrauch nach Ablauf des Folgemonats der Pfändung unterliegen, sind monatlich wiederkehrende Leistungen, die im Voraus erbracht werden, einen Monat länger vor Pfändung geschützt.

Zur gütlichen Beilegung des Streits kann ich deshalb nur vorschlagen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin den ausgekehrten Betrag wieder gutschreibt.“