Im Bereich des kartengebundenen Zahlungsverkehrs ging es wie in den Vorjahren überwiegend um die Frage der Haftung für Schäden aufgrund missbräuchlicher Verwendung abhandengekommener Zahlungskarten. Fast regelmäßig werden mit der Originalkarte unter korrekter Eingabe der PIN Abhebungen vom Konto vorgenommen. Signifikant viele Antragsteller, denen die Karte abhandengekommen war, verlangten von der Bank die Wiedergutschrift eines unter Verwendung der PIN verfügten Betrags mit der Begründung, die Transaktion sei nicht von ihnen autorisiert worden.
Der Kontoinhaber hat seine Bankkarte mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren, um zu verhindern, dass sie abhandenkommt oder missbräuchlich verwendet wird. Außerdem hat der Karteninhaber dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von der persönlichen Geheimzahl (PIN) erlangt. Die PIN darf insbesondere nicht auf der Karte vermerkt oder in anderer Weise zusammen mit dieser aufbewahrt werden, um die Gefahr missbräuchlicher Verfügungen abzuwehren.
Der Streitschlichter gab den Antragstellern recht, wenn der von der Rechtsprechung entwickelte Beweis des ersten Anscheins, dass bei missbräuchlicher Verwendung unter Eingabe der zutreffenden PIN-Nummer entweder der Karteninhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder ein Dritter nach der Entwendung der Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der Karte Kenntnis erlangen konnte (vergleiche BGH vom 29. November 2011 – XI ZR 370/10; BGH vom 5. Oktober 2004 – XI ZR 210/03), vom Antragsteller erfolgreich widerlegt werden konnte.
Im Rahmen der Streitbeilegungsverfahren gelingt dies allerdings eher selten, wie der nachfolgende Schlichtungsvorschlag K 32/20 zeigt:
„Dem Antragsteller wurde am 17. September 2019 zwischen 11:00 Uhr und 12:00 Uhr in Venedig in der Nähe des Markusplatzes die Geldbörse mitsamt der darin befindlichen Kreditkarte sowie der Debitkarte entwendet.
Mit Hilfe dieser beiden Karten wurden am gleichen Tag um 12:05 Uhr beziehungsweise um 12:10 Uhr Kartenverfügungen durchgeführt. Der unbekannte Dieb hat in zwei Fällen mit der Kreditkarte Lastschriften mit Einzugsermächtigung über insgesamt 500,00 Euro erteilt und in zwei weiteren Fällen mit Hilfe der Debitkarte Abhebungen in Höhe von jeweils 1.000,00 Euro getätigt. Mit dem Gesamtbetrag von 2.500,00 Euro zuzüglich 20,00 Euro Entgelt hat die Antragsgegnerin das Konto des Antragstellers belastet.
Mit seinem Schlichtungsantrag verlangt der Antragsteller die Wiedergutschrift dieses Betrags.
Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen.
Den Schlichtungsantrag kann ich nicht unterstützen. Der Antragsteller hat gegenüber der Antragsgegnerin keinen Anspruch darauf, dass diese ihm den aufgrund der verfahrensgegenständlichen Verfügungen abgebuchten Betrag wieder gutschreibt.
Dazu im Einzelnen:
1. Ausgangspunkt in rechtlicher Hinsicht ist die gesetzliche Regelung in §§ 675 Absatz 1, 670 BGB. Nach diesen Vorschriften kann die Bank den am Geldausgabeautomaten herausgegebenen Geldbetrag vom Auftraggeber, das ist der Karteninhaber, erstattet verlangen. Gleiches gilt für die aufgrund der erteilten Lastschriften erbrachten Zahlungen seitens der Bank.
2. Modifiziert wird diese Regelung für den Bereich der Zahlungsdienste durch die Bestimmungen der §§ 675 j sowie 675 u bis 675 w BGB, mit deren Einführung die Richtlinie 2007/64/EG vom 13. November 2007 (Zahlungsdiensterichtlinie – ZDRL) in deutsches Recht umgesetzt wurde. Nach § 675 u BGB hat der Zahlungsdienstleister (das ist die Bank) im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs keinen Anspruch gegen den Bankkunden auf Erstattung seiner Aufwendungen. Er ist vielmehr verpflichtet, dem Kunden den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte.
Der Antragsteller hat die Zahlungsvorgänge vom 17. September 2019, also die Abhebungen am Geldautomaten und die erteilten Lastschriften, jedenfalls nicht ausdrücklich autorisiert im Sinne von § 675 u BGB. § 675 u BGB knüpft insoweit an § 675 j Absatz 1 BGB an, wonach ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nur wirksam ist, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Dies ist vorliegend auszuschließen. Allerdings ist durch eine Entscheidung des BGH, die zu § 675 w Satz 3 BGB in der Fassung vom 29. Juli 2009 ergangen ist – auf den hier vorliegenden Fall ist § 675 w Satz 3 BGB in der nur geringfügig abgeänderten Fassung vom 17. Juli 2017, in Kraft seit dem 13. Januar 2018, anzuwenden –, klargestellt worden, dass der von der Bank zu erbringende Beweis für eine Zustimmung des Kunden zu den Geldabhebungen auch nach den Grundsätzen des sogenannten Anscheinsbeweises erbracht werden kann (BGH, Urteil vom 26. Januar 2016 – XI ZR 91/14).
Diese Entscheidung des BGH ist – nicht nur aus laienhafter Sicht – nur schwer verständlich und bedarf deshalb der Erläuterung. Damit hat es Folgendes auf sich:
Die Vorschrift des § 675 l BGB verpflichtet den Bankkunden, unmittelbar nach Erhalt eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Diese Verpflichtung wird in den am 17. September 2019 gültigen Sonderbedingungen für die girocard (Debitkarte) und in den Vertragsbedingungen für Mastercard- und Visa-Karten (Debit- oder Kreditkarten) – auf Letztere habe ich nur bezüglich der seit Februar 2020 gültigen Fassung Zugriff, weiter dahin konkretisiert, dass die Karte mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren ist, um zu verhindern, dass sie abhandenkommt oder missbräuchlich verwendet wird (A, II, Ziffer 6.2); außerdem hat der Karteninhaber dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von der persönlichen Geheimzahl (PIN) erlangt. Die PIN darf insbesondere nicht auf der Karte vermerkt oder in anderer Weise zusammen mit dieser aufbewahrt werden. Denn jede Person, die die PIN kennt und in den Besitz der Karte kommt, hat die Möglichkeit, zu Lasten des auf der Karte angegebenen Kontos Verfügungen zu tätigen (A, II, Ziffer 6.3).
Dass der Antragsteller gegen diese in Ziffer 6.2 und 3 der Sonderbedingungen beziehungsweise der Vertragsbedingungen konkretisierten Sorgfaltspflichten grob fahrlässig verstoßen hat, steht keineswegs fest. Tatsache ist, dass die genauen Umstände, wie der oder die Täter sich Kenntnis von der PIN verschaffen konnten, im Wesentlichen ungeklärt sind. In solchen Fällen, in denen der tatsächliche Geschehensablauf nicht geklärt ist und auch nicht mehr geklärt werden kann, arbeitet die Rechtsprechung mit sogenannten Beweisregeln. Dazu gehört auch die Regel über den sogenannten Anscheinsbeweis. Der Anscheinsbeweis greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (BGH, Urteil vom 27. Mai 1957 – II ZR 132/56). Dafür, dass der Antragsteller gegen diese in Ziffer 6.3 der jeweiligen Nutzungsbedingungen konkretisierten Sorgfaltspflichten grob fahrlässig verstoßen hat, spricht vorliegend tatsächlich der Beweis des ersten Anscheins. Nach Sachlage ist davon auszugehen, dass die am 17. September 2019 erfolgten Verfügungen unter Verwendung der Originalkarte und unter Eingabe der richtigen PIN erfolgt sind. Dies hat zur Folge, dass nach der Rechtsprechung des BGH der Beweis des ersten Anscheins dafürspricht, dass der Karteninhaber pflichtwidrig die PIN auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat (BGH, Urteil vom 29. November 2011 – XI ZR 370/10). Durch die dadurch ermöglichte Eingabe der richtigen PIN als Zahlungsauthentifizierungsinstrument wird der Zahlungsvorgang somit nach den Regeln des Anscheinsbeweises autorisiert. Damit hat die Antragsgegnerin den ihr obliegenden Beweis für eine Autorisierung erbracht.
3. Dieser Beweis des ersten Anscheins ist vorliegend nicht erschüttert. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Karten in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den Karteninhaber entwendet worden sind, wenn also ein Fall des Ausspionierens vorliegt (BGH vom 5. Oktober 2004 – XI ZR 210/03). Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.
4. Ein Anspruch des Antragstellers auf Wiedergutschrift des seinem Konto belasteten Betrags besteht deshalb nicht. Aus dem Umstand, dass die Sparkasse dem Antragsteller die mit Hilfe der von ihr ausgestellten Debitkarte, die gleichzeitig entwendet worden ist, getätigten Verfügungen ersetzt hat, kann der Antragsteller nichts herleiten. Welchen Inhalt die Sonderbedingungen haben, die der Antragsteller mit der Sparkasse vereinbart hat, ist mir nicht bekannt. Möglicherweise hat die Sparkasse eine Erstattung auch nur aus Kulanz vorgenommen: Welche Erwägungen sie dazu veranlasst haben, ist mir ebenfalls nicht bekannt. Ich kann lediglich feststellen, dass ein Vorgehen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin keinerlei Aussicht auf Erfolg hat, sodass ich ihm nur raten kann, von der weiteren Verfolgung des geltend gemachten Anspruchs abzusehen.“
Auffallend häufig auch in diesem Berichtszeitraum und regelmäßig gänzlich ohne Aussicht auf Erfolg verlangten Antragsteller die Rückgängigmachung der von ihnen autorisierten Zahlungen – meist weil der Zahlung ein nicht wirksames oder angefochtenes oder gar nur unliebsam gewordenes Rechtsgeschäft zugrunde lag. Oft fallen Bankkunden auf professionell agierende Trickbetrüger herein und überweisen hohe sechsstellige Beträge an diese. Im Nachhinein wird den Banken vorgeworfen, gegen eine etwaige Warn- und Hinweispflicht verstoßen zu haben, bei deren Beachtung die Überweisung(en) nicht in Auftrag gegeben worden wären.
Im folgenden Schlichtungsvorschlag H 20/21 klärte der Streitschlichter darüber auf, dass die Bank in ihrer Funktion als Zahlungsdienstleister keine Wiedergutschrift des überwiesenen Betrags schuldet und ihr auch keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann.
„Der Antragsteller verlangt von der Bank die Erstattung von 222.222 Euro, weil sie es versäumt habe, ihn vor Überweisungen an ein betrügerisches Forex-CFD-Unternehmen, 365easymarket, London, zu warnen. Er legt dazu einen umfangreichen E-Mail-Verkehr mit einer Mitarbeiterin dieses Unternehmens vor. Man habe ihn telefonisch zu Überweisungen in Höhe von insgesamt 221.780 Euro aufgefordert, und zwar auf verschiedene Konten im Ausland. Es seien ihm gefälschte Dokumente vorgelegt worden, auf die er reingefallen sei, und man habe ihm garantiert, dass er mit offenen Handelsgeschäften Geld verdienen werde, die aber alle verloren gingen, weil sein überwiesenes Geld nicht investiert wurde. Professionelle Trickbetrüger hätten ihn manipuliert. Er habe die Bank gebeten, diese Betrüger ausfindig zu machen und seine Gelder zurückzuüberweisen, was Pflicht der Bank sei. Eine von ihm in Auftrag gegebene Nachforschung sei aber erfolglos geblieben. Die fragliche Empfängerfirma sei unauffindbar. Dies alles wäre ohne die betrügerischen Überweisungen oder ohne eine Warnung der Bank nicht geschehen. Da die Bank die Überweisungen autorisiert und ausgeführt habe, sei sie indirekt in die Betrügereien verwickelt. Bei einem Offshore-Versand von Geld an ihr unbekannte Personen müsse eine Bank die Kunden auf die geringe Wahrscheinlichkeit hinweisen, Geld bei einem Betrug wiederzuerlangen. Es treffe die Bank nach der Rechtsprechung des BGH auch eine Warnpflicht. Außerdem stehe ihm nach Artikel 76 Absatz 1 ZDRL ein Rückforderungsanspruch zu.
Die Bank wendet ein, ihr Überweisungsrückruf sei erfolglos geblieben. Artikel 76 Absatz 1 ZDRL betreffe einen Erstattungsanspruch bei SEPA-Lastschriften. Sie sei nicht in der Lage, jede einzelne Online-Überweisung zu kontrollieren. Mit Rücksicht auf die Internationalisierung des Zahlungsverkehrs seien Auslandsüberweisungen nicht ungewöhnlich und böten als solche keinen Anlass für Warnungen. Es fehlten auch die für eine Warnung notwendigen massiven Anhaltspunkte für eine Straftat im Zusammenhang mit den konkreten Zahlungen. Vor dem 28. Dezember 2020 habe sie von der Anlagetätigkeit des Antragstellers bei dem fraglichen Unternehmen keine Kenntnisse gehabt. Weder der BVR noch die Bundesbank noch eine andere Einrichtung hätten vor 365easymarket oder dem HBC-Market gewarnt. Außerdem hätte ein Mitarbeiter der Bank auf Anfrage des Antragstellers Bedenken geäußert. Gleichwohl habe er weitere Überweisungen getätigt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
a) Dem Antragsteller steht aus dem offenbar mit der Bank vereinbarten Zahlungsdiensterahmenvertrag (Girovertrag; § 675 f Absatz 2 BGB) kein Anspruch auf Wiedergutschrift der Überweisungsbeträge zu; denn es handelt sich bei den von der Bank ausgeführten Überweisungen um vom Antragsteller durch Überweisungsaufträge autorisierte Zahlungsvorgänge (vergleiche §§ 675 j, 675 u Satz 2 BGB). Es trifft nicht zu, dass die Bank die Überweisungen autorisiert habe; denn dies geschieht bei einer Überweisung durch den überweisenden Zahler und nicht durch die überweisende Bank (§ 675 j Absatz 1 BGB). An der Autorisierung durch den Antragsteller ändert sich durch den Umstand nichts, dass er nach seiner Behauptung durch den Überweisungsempfänger getäuscht worden ist. Eine Willenserklärung wie ein Überweisungsauftrag kann zwar bei einer arglistigen Täuschung gegenüber dem Anfechtungsgegner angefochten werden (§§ 123 Absatz 1, 143 Absatz 3 Satz 1 BGB). Erfolgt die Täuschung – wie hier – durch einen Dritten, setzt die Anfechtbarkeit allerdings voraus, dass der Adressat der Willenserklärung – hier die Bank – die Täuschung kannte oder kennen musste (§ 123 Absatz 2 BGB; Münchner Kommentar zum HGB/Häuser, Band 6: Bankvertragsrecht (4. Auflage 2019), Teil B, Randnummer 159 am Ende). Der Antragsteller hat nichts dazu vorgetragen, dass die Bank wusste oder wissen konnte, dass er von dem Überweisungsempfänger über die Verwendung der überwiesenen Mittel getäuscht worden ist. Die Auffassung des Antragstellers, die Bank hätte ihn über Risiken bei Auslandsüberweisungen warnen müssen, beinhaltet nicht auch die Behauptung, dass sie von einem Missbrauch im konkreten Fall Kenntnis hatte.
Der Hinweis des Antragstellers auf den Erstattungsanspruch nach Artikel 76 Absatz 1 ZDLR geht fehl; denn diese Vorschrift betrifft nur die Zahlung durch Inkasso einer SEPA-Lastschrift, wie ihre Umsetzung in nationales Recht durch § 675 x BGB verdeutlicht.
b) Dem Antragsteller steht kein Schadenersatzanspruch wegen der Verletzung einer Schutzpflicht zu seinen Gunsten aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag zu (§§ 241 Absatz 2 280 Absatz 1 BGB). Einer Bank obliegen nämlich bei der Abwicklung des Überweisungsverkehrs wegen der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge regelmäßig keine Warn- oder Schutzpflichten gegenüber dem Überweisenden. Es ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung auch des BGH nicht Aufgabe einer Bank im Zahlungsverkehr, Kontobewegungen zu kontrollieren und Überlegungen über die Zweckmäßigkeit der einzelnen Überweisung anzustellen sowie Kunden vor Fehlern zu warnen (BGH, Wertpapier-Mitteilungen (WM) 2012, 983, Randnummer 32; BGH, WM 2010, 1393, Randnummer 18; Oberlandesgericht München, Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht 2020, 601, Randnummer 11; Münchner Kommentar zum HGB/Häuser, Band 6: Bankvertragsrecht (4. Auflage 2019), Teil B, Randnummer 271). Eine Pflicht der Bank zur Rückfrage beim Kunden und dessen Warnung besteht ausnahmsweise nur dann, wenn sie ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Straftat schöpft (BGH, WM 2012, 983, Randnummer 32; Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen 176, 281, Randnummer 15, 16 = WM 2008, 1252 = Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2008, 2245; Münchner Kommentar zum HGB/Häuser, Band 6: Bankvertragsrecht (4. Auflage 2019), Teil B, Randnummer 272). Der Antragsteller hat aber keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich für die Bank ergeben konnte, dass er offensichtlich einem Betrugsmanöver unterlegen ist. Dass es sich um Auslandsüberweisungen handelte, reicht angesichts der Üblichkeit von internationalen Zahlungsvorgängen dafür nicht aus.“
Immer wieder beschweren sich Antragsteller darüber, dass Zahlungsaufträge von der Bank abgelehnt worden seien, obwohl genügend Guthaben auf dem Konto verwaltet oder durch kurz vorher getätigte Überweisungen auf das streitgegenständliche Konto geschaffen worden sei. In diesen Fällen ist entscheidend, ob die Buchung des Zahlvorgangs vor der vermeintlichen Deckung des Kontos erfolgte. Da diese Reihenfolge für die erfolgreiche Ausführung des Zahlungsauftrags entscheidend ist und nur vom System des Dienstleisters abhängt und gerade nicht vom Kunden oder der Bank beeinflusst werden kann, raten die Ombudsleute regelmäßig dazu, die notwendige Deckung bereits einen Bankarbeitstag vor der Buchung des Zahlungsvorgangs herzustellen, wie der folgende Schlichtungsvorschlag W 31/21 aufzeigt:
„Die Antragsgegnerin hat einen von der Antragstellerin erteilten Zahlungsauftrag wegen nicht vorhandener Deckung nicht ausgeführt und der Antragstellerin hierfür ein Entgelt von 1,50 Euro berechnet. Die Information über die Nichtausführung des Zahlungsauftrags stammt vom 4. Mai 2021.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Schlichtungsantrag. Sie verweist darauf, dass von einem anderen, von ihr bei der DKB geführten Konto der Zahlungsbetrag am 3. Mai 2021 um 04:41 Uhr auf das Konto bei der Antragsgegnerin überwiesen worden sei, sodass der Betrag jedenfalls am 3. Mai 2021 um 12:00 Uhr und erst recht am folgenden Tag um 12:00 Uhr zur Verfügung stand.
Auf eine in dieser Sache am 12. Juli 2021 ergangene Aufklärungsverfügung hin hat die Antragstellerin klargestellt, dass es sich bei dem betroffenen Zahlungsauftrag um einen Dauerauftrag handelt und dass für die Ausführung dieses Dauerauftrags jeweils der 2. eines Monats vorgesehen war.
Den Schlichtungsantrag kann ich nicht unterstützen. Die Antragsgegnerin hat das streitige Entgelt mit Recht verlangt.
1. Nach dem Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung war der Dauerauftrag durch die Antragsgegnerin jeweils am 2. eines Monats auszuführen. Nachdem es sich bei dem 2. Mai 2021 um einen Sonntag handelte, war vorliegend die Ausführung durch die Antragsgegnerin am darauffolgenden Bankarbeitstag, mithin am Montag, den 3. Mai 2021 geschuldet.
2. Der Gesetzgeber hat den Banken für die Ausführung von Zahlungsaufträgen sehr knappe Fristen vorgegeben: Nach § 675 s Absatz 1 Satz 1 BGB muss der Zahlungsbetrag spätestens am Ende des auf den Zugang des Zahlungsauftrags folgenden Geschäftstags bei der Bank des Zahlungsempfängers eingehen. Um die Einhaltung dieser Fristen angesichts der massenhaften Zahlungsvorgänge einhalten zu können, beginnen die von den Banken beauftragten Dienstleister mit den Buchungsvorgängen jeweils bereits mit Beginn des Tages, an dem die Buchungen auszuführen sind. Deshalb ist es ohne Weiteres möglich, dass zwar im Laufe des Tages, an dem der Zahlungsauftrag auszuführen ist, auf dem belasteten Konto für eine ausreichende Deckung gesorgt wird, dass aber der Zahlungsauftrag buchungsmäßig bereits zu einer Zeit behandelt worden ist, zu der das Belastungskonto noch keine ausreichende Deckung aufwies. Ist in dem Moment, in dem der Zahlungsauftrag buchungsmäßig erfasst war, keine Deckung vorhanden, so wird der Zahlungsauftrag vom System abgelehnt und der Zahlungsauftrag ist damit in Bezug auf den Buchungsvorgang erledigt. Er wird vom Buchungssystem auch dann nicht wieder aufgegriffen, wenn im Laufe des Tages für eine ausreichende Deckung auf dem Konto gesorgt wird. Banken sind auch nicht etwa verpflichtet, mangels Deckung nicht ausführbare Zahlungsaufträge gleichsam auszusortieren, zurückzulegen und darauf zu warten, ob eventuell im Laufe des Tages für Deckung gesorgt wird. Ein solches Szenario wäre angesichts des heutigen Massenverkehrs bei Zahlungsaufträgen und der ausschließlich digitalen Erledigung von Buchungsvorgängen eine unrealistische, allenfalls romantische Vorstellung von Bankarbeit. Der Zahlungsauftrag aus dem Dauerauftrag ist deshalb nicht etwa, wie die Antragstellerin meint, am 4. Mai 2021 um 14:26 Uhr abschließend bearbeitet worden, sondern bereits lange vorher. Deshalb reicht es, wie der vorliegende Fall zeigt, gegebenenfalls nicht aus, für Deckung im Laufe eines Buchungstages zu sorgen, und zwar selbst dann nicht, wenn diese Deckung, was hier nicht einmal feststeht, bereits um 04:41 Uhr – das ist allerdings nur der Zeitpunkt der Bearbeitung durch die DKB und nicht die Erfassung der Buchung im System der Antragsgegnerin – geschaffen wird. Nach Sachlage muss ich deshalb davon ausgehen, dass hier ein solcher Fall vorliegt und das Konto der Antragstellerin bei Erfassung des Zahlungsauftrags die erforderliche Deckung nicht aufwies. Dies rechtfertigt die Ablehnung des Zahlungsauftrags durch die Antragsgegnerin nach § 675 o Absatz 2 BGB in Verbindung mit Ziffer 1.6 der Sonderbedingungen für den Überweisungsverkehr.
Hierfür darf die Antragsgegnerin nach § 675 o Absatz 1 Satz 4 BGB mit dem Zahlungsdienstnutzer – das ist die Antragstellerin – ein Entgelt vereinbaren. Nun haben sowohl die Antragsgegnerin als auch deren anwaltliche Vertreter davon abgesehen, mir das zwischen den Parteien vereinbarte Preis- und Leistungsverzeichnis vorzulegen. Ich kann deshalb letztlich nicht überprüfen, ob dieses Preis- und Leistungsverzeichnis tatsächlich das hier berechnete Entgelt von 1,50 Euro vorsieht. Üblicherweise weichen allerdings Banken nach meinen Erfahrungen so gut wie nie von den Bestimmungen in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis ab, sodass ich auch vorliegend keine Zweifel daran habe, dass die Bank das Entgelt der Höhe nach richtig berechnet hat.
Ich kann deshalb der Antragstellerin nur raten, zukünftig dafür zu sorgen, dass die für die Ausführung eines Zahlungsauftrags erforderliche Deckung früher, mindestens einen Bankarbeitstag vor dem vorgesehenen Ausführungstag, geschaffen wird. Nur so kann sie sicher sein, dass bei der Buchung die erforderliche Deckung vorhanden ist. Ein gerichtliches Vorgehen gegen die Bank macht keinen Sinn. Davon sollte sie absehen.“