Typischerweise werden im Bereich der Depotführung Pflichtverletzungen bei der Erhebung der Kapitalertragsteuer behauptet. Mit der Zielsetzung, eine Einbeziehung der Kapitalerträge in die jährliche Veranlagung zur Einkommensteuer zu vermeiden, wird von der Bank die Korrektur des Steuereinbehalts oder, wie im folgenden Schlichtungsvorschlag, die Korrektur der erfassten steuerlichen Anschaffungsdaten verlangt, nachdem Wertpapiere von einem Depot in ein anderes übertragen wurden. Die Ombudsleute lehnen die Durchführung eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens in Fällen dieser Art regelmäßig ab, weil die Erhebung der Kapitalertragsteuer eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Fiskus darstellt, nicht aber eine Bankdienstleistung gegenüber dem Kunden. Es fehlt folglich an der sachlichen Zuständigkeit des Ombudsmannes, wie der folgende Bescheid im Verfahren S 206/21 erläutert:
„Die Antragstellerin hat im Jahr 2006 von ihrer Mutter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Absatz 1 BGB) Wertpapiere erworben, die damals in einem Depot der Antragsgegnerin lagerten. Im Jahr 2017 wurde das Depot auf die GENO Broker GmbH übertragen. Dabei wurden vonseiten der Antragsgegnerin die Anschaffungsdaten der Wertpapiere nicht mitgeteilt.
Im Jahr 2021 wurden die Wertpapiere – Anleihen – schließlich von der Emittentin gekündigt. Vom Veräußerungserlös hat die GENO Broker GmbH die Kapitalertragsteuer sowie den Solidaritätszuschlag in Abzug gebracht.
Die Antragstellerin verweist darauf, dass die Wertpapiere vor 2009 ins Depot aufgenommen worden seien, sodass keine Kapitalertragsteuer anfalle. Für den Steuerabzug macht sie die Antragsgegnerin verantwortlich, nachdem diese die Anschaffungsdaten nicht weitergegeben habe.
Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen. Sie verweist darauf, dass ihr selbst die Anschaffungsdaten nicht bekannt seien, nachdem im Jahr 2006 keine gesetzliche Pflicht zur Mitteilung von Anschaffungsdaten bestanden habe, und dass ihr eine solche Mitteilung an die übernehmende Stelle deshalb auch nicht möglich gewesen sei.
Im hier vorliegenden Verfahren muss ich leider von der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens absehen. Für eine Schlichtung des hier zwischen den Parteien bestehenden Streites besteht keine Zuständigkeit des Ombudsmannes, sodass ich die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens ablehnen muss, § 3 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b) der VerfO.
Nach § 1 der VerfO findet die Schlichtung statt bezüglich aller von der Bank angebotenen Produkte oder Dienstleistungen. Richtig ist zwar, dass die hier zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Antragsgegnerin bei der Abrechnung des Wertpapiergeschäfts vom 10. Mai 2021 zu Recht die Abgeltungsteuer angesetzt hat, ihre Grundlage in der Kundenbeziehung zwischen den Parteien hat. Die Antragsgegnerin wird beim Abzug der Abgeltungsteuer aber nicht in Erfüllung einer Pflicht dem Kunden gegenüber tätig, sondern allein und ausschließlich in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten gegenüber dem Fiskus. Die Vorschriften zum Steuerabzug von Kapitalerträgen dienen nicht dem Schutz des Kunden als dem Gläubiger von Kapitalerträgen, sondern dem Fiskus. Sie enthalten öffentlich-rechtliche Regelungen für eine Quellenbesteuerung, die zur Beschleunigung der Steuererhebung beitragen sollen, vor allem aber Kontroll- und Sicherungsfunktion im Hinblick auf die Erhebung von Steuern eines Kapitalertragsgläubigers haben (vergleiche Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Dezember 2004 – I R 42/04). Als Ombudsmann bin ich jederzeit befugt, die privatrechtlichen Beziehungen zwischen der Bank und dem Kunden zum Gegenstand meiner Prüfung und Bewertung zu machen. Die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben durch die Bank zu überprüfen und zu bewerten, steht mir aber nicht zu.
Ich bedauere deshalb, dass ich vorliegend für die Antragstellerin nicht tätig werden kann. Von dem in Fällen dieser Art üblichen Hinweis, dass an der Beschreitung des Rechtswegs kein Weg vorbeiführt, sehe ich vorliegend aber ab. Dass die Antragsgegnerin sich der Antragstellerin gegenüber nicht schadensersatzpflichtig (§ 280 Absatz 1 BGB) gemacht hat, liegt auf der Hand. Nachdem im Jahr 2006 keine Verpflichtung bestand, die Anschaffungsdaten von Wertpapieren mitzuteilen, konnte die Antragsgegnerin diese ihr nicht bekannten Daten im Jahr 2017 auch nicht an die übernehmende Stelle mitteilen. Im Übrigen scheitert ein Schadensersatzanspruch auch daran, dass der Antragstellerin kein Schaden entstanden ist. Sie kann von der Möglichkeit nach § 32 d Absatz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) Gebrauch machen und wird dadurch die Erstattung der in Abzug gebrachten Kapitalertragsteuer im Wege der Steuerfestsetzung mittels Einkommensteuererklärung erreichen. Anders als die Antragsgegnerin (§ 43 a Absatz 2 Satz 6 EStG) wird das Finanzamt den von der Antragstellerin zu führenden Nachweis der Anschaffungsdaten durch Vorlage der Kaufbelege berücksichtigen.“