Im Berichtszeitraum hat sich ein Kunde mit Erfolg gegen die Berechnung eines Entgelts für die Erstellung einer Saldenbestätigung gewehrt. Ausschlaggebend war, dass die im Preis- und Leistungsverzeichnis enthaltene Entgeltregelung einer AGB-rechtlichen Kontrolle nicht standhielt, wie der folgende Schlichtungsvorschlag S 105/21 aufzeigt:
„Der Antragsteller ist (Mit-)Nachlassverwalter nach dem Tod seiner Mutter, die bei der Bank ein Konto hatte. Er beanstandet, dass die Bank für eine Saldenbestätigung betreffend das Jahr 2020 ein Entgelt in Höhe von 30,00 Euro berechnet hat. Der Antragsteller verlangt Erstattung. Er macht geltend, dass mangels Zustimmung keine wirksame Preisklausel vorliege und das Entgelt wucherisch überhöht sei.
Die Bank hält das Entgelt für berechtigt und verweist auf ihr Preis- und Leistungsverzeichnis (PuLV).
10 Sonstiges
Saldenbestätigung – Einzelkonto (im Auftrag des Kunden außerhalb des vereinbarten Abrechnungsturnus, sofern der Kunde die Umstände, die zur Erstellung geführt haben, zu vertreten hat) | 10,00 Euro |
Saldenbestätigung – Kundenbeziehung (im Auftrag des Kunden außerhalb des vereinbarten Abrechnungsturnus, sofern der Kunde die Umstände, die zur Erstellung geführt haben, zu vertreten hat) | mind. 30,00 Euro pro Stunde 60,00 Euro |
Der Schlichtungsantrag ist begründet und sollte zur Entgelterstattung führen.
Dem Antragsteller steht ein Bereicherungsanspruch (§ 812 Absatz 1 BGB) zu, denn das streitige Entgelt ist nach dem gegebenen Sachstand ohne Rechtsgrund geleistet worden.
Feststellungen dazu, ob das streitige Entgelt aufgrund einer unwirksamen Änderungsklausel (vergleiche dazu BGH, Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20, juris) eingeführt worden ist, sind mir nicht möglich. Wann und auf welche Weise das Entgelt in dieser Höhe eingeführt worden ist, ist nicht feststellbar. Darauf kommt es aber letztlich nicht an, denn die Preisklausel im PuLV ist aus anderen Gründen nicht vertraglich verbindlich.
Im ersten rechtlichen Ansatz ist davon auszugehen, dass die Bank nach dem Regelungszusammenhang in § 675 d BGB zu einer unentgeltlichen Unterrichtung ihrer Kunden über den Kontoverlauf verpflichtet ist. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 675 d Absatz 4 BGB und entspricht auch der zwingenden Richtlinien-Vorgabe von Artikel 32 I Zahlungsdiensterichtlinie (ZDRL).
Der Grundsatz unentgeltlicher Unterrichtung gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Die Bank muss wiederholt verlangte Auskünfte nicht kostenfrei erteilen, denn dabei handelt es sich um eine Sonderleistung, welche die Bank durchaus von einer Entgeltzahlung abhängig machen kann. Der Grundsatz unentgeltlicher Unterrichtung gilt dann nicht, wenn die Bank die geschuldeten Informationen bereits erteilt hat und eine erneute Unterrichtung verlangt wird (§ 675 d Absatz 4 BGB).
Diese Entgeltvoraussetzungen hat die Bank – unter den hier etwas außergewöhnlich gelagerten Umständen – schon nicht dargetan. Auch das muss indessen nicht abschließend geklärt werden. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Bank für den vom Antragsteller angefragten Zeitraum bereits die übliche aktuelle Unterrichtung (zum Beispiel online oder über den Drucker) kostenfrei gewährleistet hat und es sich hier um eine wiederholte Unterrichtung handelte, begegnet die von der Bank zugrunde gelegte Klausel durchgreifenden Wirksamkeitsbedenken.
Eine Entgeltberechnung setzt nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut in § 675 Absatz 4 BGB zum einen voraus, dass die Bank mit ihren Kunden für bestimmte Konstellationen ein solches Entgelt (wirksam) vereinbart hat (vergleiche die Gesetzesmaterialien Bundestagsdrucksache, 16/11643, Seite 100; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – XI ZR 66/13, juris). Zum anderen muss das Entgelt angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein. Vorliegend stehen sowohl die wirksame Vereinbarung als auch die Angemessenheit des Entgelts infrage.
Eine Entgeltvereinbarung kann zwar durchaus durch allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vorgenommen werden, zu denen auch das PuLV gehört. Die Bestimmungen im PuLV sind aber hier unklar, was gemäß § 305 c Absatz 2 BGB zulasten der Bank gehen muss. Die beiden eingangs wiedergegebenen Entgelttatbestände im PuLV lassen sich nicht tauglich voneinander abgrenzen. Weshalb die Bank im hier gegebenen Fall – bei nur einem betroffenen Konto – nicht den ersten Entgelttatbestand (mit einem Preis von 10,00 Euro) hat greifen lassen, erschließt sich nicht.
Auch die Preisangemessenheit steht durchgreifend infrage. Dazu hat die Bank ebenfalls nichts vorgetragen. Die von der Bank verwendete Preisklausel hält einer Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie sich grundlegend von den gesetzlichen Vorgaben entfernt (§ 307 Absatz 2 Nummer 1 BGB). Ausgehend davon, dass Abruf und Ausdruck der angefragten Salden nur wenige Sekunden in Anspruch nehmen und auch der Postversand nicht viel mehr als das Porto ausmachen dürfte, entbehrt ein Entgelt in Höhe von 30,00 Euro, das zudem als Mindestentgelt ausgewiesen ist, jedes erkennbaren Bezugs zu den ‚tatsächlichen Kosten‘ im Sinne von § 675 d Absatz 4 BGB. Ein Kostenanfall in der hier berechneten Höhe ist keineswegs indiziert, denn die Preisklausel würde unterschiedslos auch ganz untergeordnete Informationen erfassen, die gegebenenfalls nur einen ganz begrenzten kleinen Zeitraum zum Gegenstand haben. Einen jedenfalls angemessenen Mindestpreis kann ich hier nicht veranschlagen, weil dies eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion bewirken würde (vergleiche BGH, Urteil vom 12. September 2017 – XI ZR 590/15, Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen 215, 359–388, Randnummer 63, mit weiteren Nachweisen).
Die Bank sollte daher erstatten.“