f) Sparverkehr

Die Streitschlichter haben sich auch in diesem Berichtszeitraum öfter mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob ein langfristiger Sparvertrag, der ein langjähriges Zins- und Bonuszinsversprechen mit über die Laufzeit des Vertrags ansteigenden Bonuszinsen enthält, einseitig von der Bank gekündigt werden kann. Etliche Banken haben solche Bonussparverträge unter Berufung auf Ziffer 19 Absatz 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ordentlich gekündigt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18 – mit der Kündbarkeit von Bonussparverträgen auseinandergesetzt und befunden, dass für diejenige Vertragslaufzeit, für die die Bank Bonuszinsen als Sparanreiz vereinbart, kein ordentliches Kündigungsrecht bestehe, weil die Vereinbarung einer Bonusverzinsung einer Abbedingung des Kündigungsrechts seitens der Bank gleichkomme.

Obwohl die Berichterstattung der letzten Jahre bereits ausführlich auf die rechtlichen Zusammenhänge und die Rechtsprechung des BGH eingegangen ist und die Streitschlichter die Rechtslage ausführlich erläutert haben, sind zahlreiche Anträge zu diesem Thema im Berichtszeitraum bei der Kundenbeschwerdestelle eingegangen.

Die Kundenbeschwerdestelle empfiehlt den betroffenen Banken, sich nicht weiterhin über die Rechtsprechung des BGH hinwegzusetzen.

Anträge, die auf Fortsetzung des Sparvertrags gerichtet waren, sind begründet, wie der nachfolgende Schlichtungsvorschlag K 42/23 aufzeigt:


I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Kündigung seines Bonussparvertrags, die von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 19. November 2020 mit Wirkung zum 31. März 2021 ausgesprochen wurde. Der Sparvertrag vom 25. März 2010 sieht (bei datumsgleichem Vertragsbeginn) eine Laufzeit von längstens 25 Jahren vor und regelt für den Zeitraum von 25 Jahren ansteigende Bonuszahlungen, wobei der höchste Bonussatz von 50 Prozent bereits für das 15. Jahr vorgesehen ist und für die Folgejahre weiter gelten soll.

Die Bank geht von einem Recht zur ordentlichen Kündigung aus und wendet sich insoweit gegen die Rechtsprechung des BGH.

Ihre Rechtsauffassung hat sie (die Bank) wie folgt zusammengefasst:

„Den Prämiensparverträgen, der der vorliegenden Beschwerde zugrunde liegen, ist eine ausdrückliche oder stillschweigende (Zeit-)Vereinbarung für die Dauer der Sparverträge wesensfremd. Es handelt sich um unbefristete Verträge, deren Flexibilität sich dadurch auszeichnet, dass der Kunde jederzeit nach seinem Belieben unter Beachtung der ordentlichen Kündigungsfrist von drei Monaten aus diesen Verträgen aussteigen kann. Hinzu treten vorschusszinsfreie Verfügungsmöglichkeiten.

Auch die Zeitdauer der Prämienstaffel ist für die Laufzeit des Darlehens kein ergiebiges Kriterium. Sie ist ein Ausfluss der Vergütungsvereinbarung und hat nichts mit der Laufzeit zu tun, was man im anwendbaren Darlehensrecht durch die unterschiedlichen Regelungen der § 488 und § 489 BGB sehen kann.

Verbleibt es wie oben ausgeführt beim ordentlichen Kündigungsrecht für beide Parteien, so ergibt sich dies bei den vorliegenden Verträgen aus den Sonderbedingungen für den Sparverkehr, Ziffer 4 SOB Sparvertrag.

Unstreitig ist, dass eine ordentliche Kündigung aus kaufmännischer Sicht nachvollziehbar sein muss, anderenfalls sie willkürlich wäre.“

II.
Der Schlichtungsantrag ist begründet und sollte zur Fortsetzung des Sparvertrags führen.

Die von der Bank ausgesprochene Kündigung hat nicht zur Beendigung des Sparvertrags geführt. Sie ist unwirksam.

Die Bank argumentiert dezidiert gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung und trägt damit der Bedeutung des Richterrechts nicht hinreichend Rechnung. Als Streitschlichter bin ich gehalten, Streitfälle rechtlich zu prüfen und Schlichtungsvorschläge nach geltendem Recht zu erlassen (vergleiche § 7 Absatz 2 der Verfahrensordnung). Diese Aufgabe kann ich nicht ohne Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfüllen.

In der Rechtspraxis haben höchstrichterliche Entscheidungen eine richtungsweisende Bedeutung, und zwar nicht nur für untergeordnete Gerichte, sondern – als sogenanntes Richterrecht – auch für den allgemeinen Rechtsverkehr. So wie Gerichte sich an der Rechtsprechung ihrer Obergerichte zu orientieren haben, sollten alle Rechtsanwender sich an Rechtssätze halten, die von der Rechtsprechung (und auch von der Rechtslehre) zur Ausgestaltung des Rechts entwickelt wurden. Das gilt nicht nur für Anwälte oder Ombudsleute, sondern für alle praktischen Rechtsanwender, die im Rechtsverkehr Regeln und Grundsätze beachten sollten, die über den oft dürftigen Wortlaut der gesetzlichen Regelungen hinaus zu deren Anwendungsbereich entwickelt worden sind. Dies verhindert nicht nur die Aufhebung von gerichtlichen Entscheidungen, sondern vermeidet auch im Rahmen des allgemeinen Rechtsverkehrs für alle Beteiligten unnötige Verfahren und Kosten. Ein entsprechendes Rechtsverständnis führt zu einer allgemein erhöhten Rechtssicherheit (vergleiche Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Kommentar zum Grundgesetz, Vorbemerkung vor Artikel 92 Randnummer 27).

Mit diesen Vorgaben fasse ich die einschlägige Rechtsprechung des BGH – bezogen auf den vorliegenden Fall – wie folgt zusammen:

Ein ordentliches Kündigungsrecht hat zugunsten der Bank nicht bestanden. Kündigungsrechte der Bank sind vertraglich für den Zeitraum des vertraglichen Bonusversprechens ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18, juris). Das gilt jedenfalls bis zum Erreichen der höchsten Bonusstufe (vergleiche hierzu BGH, Verfügungen vom 21. Juni 2022, XI ZR 528/21 und 534/21, Edelmann, BankenTimes Spezial Bankrecht (BTS), Februar 2022, 5).

Diesen Kündigungsausschluss bringt der Sparvertrag konkludent zum Ausdruck. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18, juris), die mit der Stellungnahme der Bank letztlich zugunsten einer ihr wirtschaftlich günstigeren Handhabung übergangen wird, ist vorliegend einschlägig und gebietet die Annahme eines noch fortbestehenden Kündigungsausschlusses.

Die Bank hat mit der vereinbarten Bonusstaffel einen besonderen Sparanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz bewirkt den Ausschluss eines Kündigungsrechts bis zum Ablauf des 25. Ansparjahres, weil die Bank der Antragstellerin andernfalls vertragswidrig einen ausdrücklich zugesicherten Anspruch auf Gewährung der konkret benannten und mit zunehmendem Zeitablauf ansteigenden Sparprämien entziehen könnte (BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18, Randnummer 39, juris; Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart, Wertpapier-Mitteilungen. Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM) 2016, 311, 318). An die vertraglichen Bonuszusagen ist die Bank gebunden.

Eine Kündigungsbefugnis ergibt sich weder aus Ziffer 6 des Sparvertrags noch aus Ziffer 4 der Sonderbedingungen für den Sparverkehr oder aus Ziffer 19 Absatz 1 der zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Der vertragliche Kündigungsverzicht ginge einer (formular-)vertraglichen Kündigungsklausel generell vor.

Der Wortlaut der Überschrift zu Ziffer 6 des Vertrags („Kündigung der Spareinlage“) umschreibt außerdem schon begrifflich nur ein Recht des „Einlegers“, also des Sparers. Über den Vertragswortlaut hinaus verfolgt der Sparvertrag außerdem den wirtschaftlichen Zweck, dem Sparer als Gegenleistung für die Kapitalnutzung langfristig einen Zinsertrag mit anwachsenden Bonusleistungen zu gewähren. Dieses Konzept ginge bei einem vorzeitigen Kündigungsrecht nicht auf. Die Bank würde dann ihr vertragliches Ertragsversprechen brechen.

Im Hinblick auf Ziffer 4 der – aus der Schlichtungspraxis bekannten – Sonderbedingungen ergibt sich der Ausschluss eines Kündigungsrechts der Bank überdies aus Absatz 2 dieser Bestimmung. Das dort angesprochene Kündigungsrecht begünstigt allein den Sparer, weil danach nur angespartes Kapital bis zu einem bestimmten Betrag ohne Kündigung innerhalb eines Monats zurückgefordert werden kann (vergleiche BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 – XI ZR 345/18).

Die Bank sollte den Vertrag nach vorstehender Maßgabe fortsetzen.

Der Schlichtungsantrag und die Stellungnahme der Bank veranlassen keine weitergehenden Hinweise und Erläuterungen zu hier nicht streitgegenständlichen Fragen.


Eine Vielzahl von Antragstellern, die einen Riestervertrag mit der Bank abgeschlossen hatten, der sich entweder bereits in der Auszahlungsphase oder kurz vor dem Wechsel der Ansparphase in die Auszahlungsphase befand, monierten verschiedene Bankentgelte, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Auszahlungsphase seitens der Bank berechnet und von dem angesparten Kapital abgezogen wurden. Die Ombudsleute hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, für welche Entgelte im Riestervertrag eine schuldrechtliche Regelung besteht und unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen andere Entgelte berechnet werden können.

Der unter anderem für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 21. November 2023 – XI ZR 290/22 – entschieden, dass die in Altersvorsorgeverträgen mit der Bezeichnung „S VorsorgePlus Altersvorsorgevertrag nach dem Altersvermögensgesetz (Sparkonto mit Zinsansammlung)“ einer Sparkasse enthaltene Klausel zu Abschluss- und Vermittlungskosten unwirksam ist. Die vom BGH beurteilte Klausel findet sich in einer vergleichbaren Formulierung auch in Verträgen der Volksbanken und Raiffeisenbanken wieder.

Der folgende Schlichtungsvorschlag ist im Berichtszeitraum, jedoch vor der Verkündung des vorbenannten Urteils des BGH ergangen und zeigt auf, weshalb die Banken auf Basis der aktuell verwendeten Klauseln die streitgegenständlichen Entgelte mangels einer wirksamen schuldrechtlichen Grundlage nicht berechnen dürfen:


Der am 30. Januar 1955 geborene Antragsteller hat bei der Antragsgegnerin 2006 einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag (Ratensparvertrag) nach dem Modell XXX-RentePlus mit jährlichen Raten in Höhe von 1.500 Euro für die Zeit ab 20. Dezember 2006 abgeschlossen.

Unter Ziffer 5 enthält die Vereinbarung folgende Regelung:

„Entgelt, Abschluss- und Vertriebskosten werden für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet. Die Kosten für die Verwaltung des Altersvorsorgevertrags sowie die im Fall des Wechsels in einen anderen Altersvorsorgevertrag anfallenden Kosten gibt die Bank im Preisaushang beziehungsweise Preisverzeichnis bekannt. Derzeit belaufen sich die Kosten auf 10 Euro jährlich für die Verwaltung und 150 Euro einmalig für den Fall eines Vertragswechsels. Darüber hinaus können einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden.“

Der Beginn der Auszahlungsphase war frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahrs und spätestens ab dem 1. Januar des auf den in § 35 Nummer 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI bezeichneten Zeitpunkt folgenden Jahres (maßgeblich ist die zur Zeit des Vertragsschlusses geltende Rechtslage) festgelegt, wobei sich die Antragsgegnerin verpflichtete das zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehende Kapital für einen Auszahlungsplan mit anschließender lebenslanger Restverrentung zu verwenden oder das bei Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehende Kapital in eine sofort beginnende Rentenversicherung einzubringen, aus der der Antragsteller eine gleichbleibende oder steigende monatliche lebenslange Leibrente erhalten sollte.

Der Vertrag befindet sich aufgrund eines Antrags des Antragstellers seit 1. Juni 2021 in der Auszahlungsphase.

Am 12. Mai 2021 unterzeichnete der Antragsteller ein Angebot der Antragsgegnerin, mit dem sie sich verpflichtete von dem voraussichtlichen Guthaben einen Teil auf ein Konto des Antragstellers auszuzahlen und den Restbetrag von 12.157,32 Euro in eine bei der R+V Lebensversicherung AG für den Antragsteller als versicherte Person abzuschließende Rentenversicherung einzubringen.

Dem entsprechenden Angebot der Antragsgegnerin waren Informationen der R+V Lebensversicherung AG vom 6. Mai 2021 beigefügt, aus denen zu entnehmen war, dass bei der Kalkulation der monatlichen Rente Abschluss- und Vertriebskosten in Höhe von einmalig 121,58 Euro und übrige einkalkulierte Kosten in Höhe von 328,27 Euro berücksichtigt worden waren. Zusätzlich wurde darauf hingewiesen, dass während des Rentenbezugs übrige einkalkulierte Kosten in Höhe von jährlich 8,45 Euro abgezogen würden. Weiter wurde darüber informiert, dass während des Rentenbezugs aus der Überschussbeteiligung übrige einkalkulierte Kosten von 2 Prozent jeder Überschussrente berücksichtigt seien. Diese Verwaltungskosten würden dem Deckungskapital entnommen.

Mit Schreiben vom 10. August 2021 wies der Antragsteller die Antragsgegnerin darauf hin, dass nach seiner Auffassung keine Kosten in der Auszahlungsphase berücksichtigt werden dürften. Er verlangt eine entsprechende Erhöhung der Rente. Mit seiner Beschwerde verfolgt er dieses Ziel weiter.

Die Antragsgegnerin lehnt eine Erstattung ab und verweist darauf, dass nach dem Vertrag einmalige Kosten in der Übergangsphase zu der Auszahlungsphase berücksichtigt werden durften. Deren Höhe sei bei Abschluss des Vertrags noch nicht bekannt gewesen. Dies habe auch der Gesetzgeber akzeptiert. Im Übrigen habe der Antragsteller das Angebot für die Auszahlungsphase in Kenntnis der berücksichtigten Kosten angenommen.

Das Beschwerdebegehren des Antragstellers ist meiner Auffassung nach teilweise begründet.

Der Schlichtungsantrag führt zur Unterbreitung des am Ende formulierten Vergleichsvorschlags.

1. Vorweg erlaube ich mir auf einige grundlegende Fragen und die zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen einzugehen:

Maßgeblich für die Rechtsbeziehung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ist der zwischen ihnen abgeschlossene Vertrag, der allerdings ergänzt und begrenzt wird durch das Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz = AltZertG), das in der Zeit seit Abschluss des gegenständlichen Vertrags im Jahre 2006 allerdings mehrfach abgeändert wurde.

Aus der aktuellen Fassung des Gesetzes ist auf folgende Regelungen hinzuweisen:

Nach § 1 Absatz 5 Satz 2 AltZertG sind von dem gebildeten Kapital nur Abzüge zulässig, die in dem

Gesetz vorgesehen sind.

§ 2a Satz 2 Nummer 1f AltZertG lässt den Abzug von Kosten in der Auszahlungsphase nur als Prozentsatz der gezahlten Leistung zu.

Nach § 7 AltZertG besteht die Verpflichtung, vor Vertragsschluss dem Kunden bestimmte, benannte Informationen zu erteilen. In § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 AltZertG wird vorgeschrieben, dass die Kosten nach § 2a Satz 1 Nummer 2a–c AltZertG in dem Informationsblatt anzugeben sind. Kosten, auf die nicht hingewiesen wurde, sind nicht geschuldet (§ 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 AltZertG).

Hinsichtlich der Kosten in der Auszahlungsphase (§ 2a Satz 2 Nummer 1f AltZertG) macht das Gesetz jedoch eine Ausnahme und lässt es zu, dass nur ein allgemeiner Hinweis auf in dieser Phase anfallende Kosten erfolgt.

Weiter verpflichtet § 7b Absatz 1 AltZertG den Anbieter zur rechtzeitigen Information über die Form und die Höhe der vorgesehenen Auszahlungen sowie hinsichtlich der in der Auszahlungsphase anfallenden Kosten. Kosten, auf die nicht hingewiesen wurde, sind nicht geschuldet. Erfüllt der Anbieter diese Verpflichtung nicht, räumt ihm Absatz 3 der Vorschrift das Recht ein, so gestellt zu werden, wie zu Beginn der Auszahlungsphase, wobei er die Übertragung des gebildeten Kapitals auf einen anderen Versorgungsträger verlangen kann, der ihm möglicherweise Leistungen mit geringeren Kosten anbietet.

Darüber hinaus sieht § 7c AltZertG Regelungen für den Fall vor, dass bei einem Anbieter Änderungen bei den Kosten entstehen. Ihn trifft eine Anzeigepflicht, die auch die Kosten in der Auszahlungsphase umfasst. Satz 7 der Vorschrift sieht vor, dass Kostenänderungen in der Auszahlungsphase auf einem gesonderten Blatt auszuweisen sind.

2. Aus dem Gesamtzusammenhang dieser Regelungen wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Festlegung der Kosten in der Auszahlungsphase bereits durch den Altersvorsorgevertrag keineswegs für notwendig und möglich gehalten hat.

Er hat hierzu in Bundestagsdrucksache 17/10818, Seite 26 ausgeführt (vergleiche auch: Bundeszentralamt für Steuern, Kommentar zum AltZertG, Stand November 2018, Seite 109):

„Von den Versicherungsunternehmen werden jedoch keine Konditionen für in ferner Zukunft liegende Restverrentungskontrakte angeboten, da hierfür aktuarisch faire Konditionen nur schwer kalkuliert werden können. Die Kostenbelastung des Altersvorsorgevertrages in der Auszahlungsphase ist daher in vielen Fällen bei Vertragsschluss noch nicht bekannt. In diesen Fällen kann die Angabe zu den Kosten als Prozentsatz der gezahlten Leistung ab Beginn der Auszahlungsphase entfallen.“

Darüber hinaus wird durch die Regelung in § 7c AltZertG deutlich, dass der Gesetzgeber Veränderungen selbst der ursprünglich festgelegten Kosten für möglich gehalten hat. Als Konsequenz hieraus hat er nur die Verpflichtung aus § 7c AltZertG abgeleitet, damit der Kunde die Möglichkeit eines Anbieterwechsels bei geänderter Kostenbelastung hat (Bundestagsdrucksache 17/10818, Seite 27).

In der Tat ist der Kunde damit zumindest theoretisch Veränderungen in der Kostenbelastung nicht schutzlos ausgeliefert, weil er die Kündigungsmöglichkeit nach § 1 Absatz 1 Nummer 10 AltZertG (auch in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung) hat.

Nun ist der gegenständliche Vertrag aber bereits 2006 abgeschlossen worden, sodass ein Teil der oben dargestellten Vorschriften hier nicht anwendbar ist.

So sind nach § 14 Absatz 6 AltZertG die Regelung in § 7c AltZertG und die Informationspflichten nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 AltZertG auf Verträge, die vor dem 1. Januar 2017 abgeschlossen wurden, nicht anzuwenden.

Auch die Regelung in § 2a AltZertG gilt für den gegenständlichen Vertrag nicht. Der Gesetzgeber hat hierzu in Bundestagsdrucksache 17/10818, Seite 25/26 ausgeführt:

„Für alle Verträge, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zertifiziert werden, muss der Anbieter sehr sorgfältig alle Kosten nach § 2a AltZertG in der Fassung dieses Gesetzes angeben.“

3. Daraus folgt, dass die Antragsgegnerin nicht darauf beschränkt ist, ihre Kosten prozentual auf Basis der in der Auszahlungsphase zu erbringenden Leistung zu berechnen. Sie kann grundsätzlich auch die Kosten in der Auszahlungsphase geltend machen, die ihr in dieser Phase entstehen und die dem Kunden rechtzeitig vorab mitgeteilt wurden.

Ihre Verpflichtung aus § 7b Absatz 1 AltZertG, die nach § 14 Absatz 6 AltZertG auch für den gegenständlichen Vertrag gilt (vergleiche Bundeszentralamt für Steuern, Kommentar zum AltZertG, Stand November 2018, Seite 143), hat die Antragsgegnerin aber zumindest nicht rechtzeitig erfüllt.

Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

㤠7b Information vor der Auszahlungsphase des Altersvorsorgevertrags

(1) Sind aus einem Altersvorsorgevertrag Leistungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zu erbringen, hat ein Anbieter von Altersvorsorgeverträgen den Vertragspartner frühestens zwei Jahre vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase schriftlich über folgende Punkte zu informieren:

1. die Form und Höhe der vorgesehenen Auszahlungen einschließlich Aussagen zu einer Dynamisierung der monatlichen Leistungen sowie

2. die in der Auszahlungsphase anfallenden Kosten; Kosten nach § 2a Satz 1, die im Rahmen dieser Information nicht ausgewiesen sind oder auf die nicht hingewiesen wurde, sind vom Vertragspartner nicht geschuldet.

Ist kein Beginn der Auszahlungsphase vereinbart, so gilt für Altersvorsorgeverträge, die nach dem 31. Dezember 2011 abgeschlossen wurden, die Vollendung des 62. Lebensjahres als Beginn der Auszahlungsphase, im Übrigen die Vollendung des 60. Lebensjahres.

3. Der Vertragspartner ist dann vom Anbieter im Rahmen der Mitteilung nach Satz 1 darüber zu informieren, dass ein tatsächlicher Beginn der Auszahlungsphase nicht vereinbart wurde.

4. Sofern ein Anbieter von Altersvorsorgeverträgen bereit ist, nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b übertragenes Altersvorsorgevermögen anzunehmen, muss er dem Anleger auf Verlangen die Information nach Satz 1 und gegebenenfalls Satz 3 zur Verfügung stellen, wenn bis zum Beginn der Auszahlungsphase weniger als zwei Jahre verbleiben. Dieser Information sind der vom Anleger angegebene Übertragungswert und Übertragungszeitpunkt zugrunde zu legen. Der Anbieter kann dem Vertragspartner mit dessen Einverständnis die Informationen nach den Sätzen 1 und 3 elektronisch bereitstellen.

(2) Die Information durch den Anbieter muss spätestens drei Monate vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase erfolgen. Sofern ein Anbieter von Altersvorsorgeverträgen den Vertragspartner nicht spätestens neun Monate vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase gemäß Absatz 1 informiert, hat der Vertragspartner das Recht, den Altersvorsorgevertrag zum Beginn der Auszahlungsphase bis spätestens drei Monate vor dem Beginn zu kündigen, um das gebildete Kapital nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b übertragen zu lassen. Erfolgt sie später als sechs Monate vor Beginn der Auszahlungsphase, hat der Vertragspartner das Recht, den Altersvorsorgevertrag zum Beginn der Auszahlungsphase mit einer Frist von 14 Tagen zu kündigen, um das gebildete Kapital nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b übertragen zu lassen. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Abweichend von den Sätzen 1 bis 4 muss die Information für Verträge, die längstens drei Monate vor Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase beginnen, spätestens zu Beginn der vertraglich vereinbarten Auszahlungsphase erfolgen. Die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen bleiben in diesen Fällen unberührt.

(3) Erfüllt ein Anbieter seine Verpflichtungen nach Absatz 1 oder 2 nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig, kann der Vertragspartner innerhalb eines Jahres nach Beginn der Auszahlungsphase vom Anbieter verlangen, unter Anrechnung der an ihn schon geleisteten Zahlungen so gestellt zu werden, wie er zu Beginn der Auszahlungsphase gestanden hat. Er kann die Übertragung des so errechneten Kapitals nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 Buchstabe b verlangen. Der Anbieter des bisherigen Altersvorsorgevertrags darf dann vom Vertragspartner keine Kosten für die Übertragung des Kapitals verlangen. Das nach Satz 1 errechnete Kapital ist ab Beginn der Auszahlungsphase bis zu dessen Übertragung auf den anderen Altersvorsorgevertrag in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes nach § 246 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen.“

Dass die Antragsgegnerin ihre Verpflichtung aus dieser Vorschrift nicht rechtzeitig erfüllt hat, ist offensichtlich. Nach Absatz 1 der Vorschrift durfte sie frühestens zwei Jahre vor Beginn der Auszahlungsphase erfolgen und musste nach Absatz 2 spätestens drei Monate vor Beginn der Auszahlungsphase vorgenommen werden. Die Auszahlungsphase hat am 1. Juli 2021 begonnen. Die Übermittlung des Informationsblattes im Mai 2021 stellt damit keine zeitgerechte Erfüllung der.

Die entscheidende Frage ist allerdings, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben.

Klar ist, dass der Antragsteller berechtigt gewesen war nach § 7b Absatz 3 AltZertG die Auszahlung des Kapitals zu verlangen, um einen Anbieterwechsel durchzuführen. Allerdings hatte er dieses Recht nur innerhalb eines Jahres nach Beginn der Auszahlungsphase. Diese Frist ist um.

Die entscheidende Frage ist, ob sich der Antragsteller auf § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Alt-ZertG berufen kann, nach der in der Information nicht ausgewiesene Kosten nicht geschuldet werden.

Die Antragsgegnerin scheint auf dem Standpunkt zu stehen, dass zur Erfüllung der Verpflichtung jede Information über zu berücksichtigende Kostenarten genügt, auch wenn die Information nicht zeitgerecht erfolgt.

Diese Auffassung halte ich in dem Umfang zumindest für fraglich. Zweck der Informationspflicht ist, den Kunden über die Kosten zu informieren, die von dem angesparten Kapital abgezogen werden, um ihm einen Vergleich mit anderen Anbietern und gegebenenfalls einen Anbieterwechsel zu ermöglichen. Dieser Zweck der Informationspflicht wird nicht mehr erfüllt, wenn in dem Informationsschreiben nach § 7b AltZertG Kosten ausgewiesen werden, die tatsächlich später berücksichtigten Kosten aber höher sind. Die frühere Information, die geringere Kosten ausweist, erfüllt damit den Zweck der Vorschrift nicht. Daraus ließe sich entsprechend dem Wortlaut des § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG die Konsequenz ziehen, dass nur die früher mitgeteilten, niedrigeren Kosten abgesetzt werden dürfen. Das ist hier aber nicht der Fall. Die in dem Informationsschreiben vom Mai 2021 ausgewiesene Kosten wurden offensichtlich tatsächlich auch berücksichtigt. Damit lässt sich nicht sagen, dass die Information vom Mai 2021 keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für den Antragsteller geboten hat.

Zu dem vom Antragsteller gewünschten Ergebnis könnte man deshalb nur dann kommen, wenn man § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG dahingehend auslegt, dass jede Differenz zwischen der nach § 7b Absatz 1 AltZertG geschuldeten Information und den später einkalkulierten Kosten dazu führt, dass der Versorger keinerlei Kosten berücksichtigen darf. Diese Konsequenz lässt sich meines Erachtens aber weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus deren Zweck ableiten. Nach dem Wortlaut sind nur nicht mitgeteilte Kosten nicht geschuldet. Sind die in der Information ausgewiesenen Kosten geringer als die tatsächlich später entstehenden, darf der Anbieter nur die geringeren berücksichtigen, über die er den Kunden unterrichtet hat.

Auch der Zweck der Vorschrift, nämlich Gewährleistung der Vergleichbarkeit mit Angeboten anderer Anbieter, wird garantiert, weil der Kunde die Mindestbelastung durch die zu berücksichtigenden Kosten kennt. Ein Vergleich ist ihm damit möglich.

Im vorliegenden Fall kann sich der Antragsteller auch nicht darauf berufen, dass er davon ausgegangen ist, dass keine Kosten entstehen. Durch das Informationsblatt vom Mai 2021 wurde er darauf hingewiesen.

Damit ließe sich die Forderung des Antragstellers nur dann begründen, wenn man § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG dahingehend auslegt, dass Kosten in der Auszahlungsphase auch dann nicht von der Antragsgegnerin berücksichtigt werden durften, wenn sie dem Antragsteller nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind. Auch das ist meines Erachtens aber nicht der Fall.

Aus der nicht rechtzeitigen Übermittlung der Information werden durch § 7b Absatz 3 AltZertG bereits rechtliche Konsequenzen gezogen. Zu einer weiteren Sanktion des Anbieters durch § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG besteht vor dem Hintergrund kein Anlass. Ein vollständiger Wegfall der Kosten des Anbieters lässt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus deren Zweck ableiten. Der mit der Informationspflicht bezweckte Schutz des Kunden wird bereits dadurch gewährleistet, dass der Anbieter nur Kosten berücksichtigen darf, die nach Grund und Höhe dem Kunden mitgeteilt worden sind und zwar unabhängig davon, ob der zeitliche Rahmen eingehalten wurde.

Abschließend muss ich allerdings darauf hinweisen, dass die Voraussetzungen des § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AltZertG in Rechtsprechung und Literatur in keiner Weise geklärt sind. Es gibt ersichtlich hierzu keinerlei gerichtliche Entscheidungen. Als Jurist würde ich mich freuen, wenn die oben dargestellten Rechtsfragen obergerichtlich oder höchstrichterlich geklärt werden würden. Für die Parteien würde das allerdings einen langwierigen und kostenträchtigen Weg bedeuten. Vor dem Hintergrund des Zwecks des Schiedsverfahrens, nämlich Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen, halte ich deshalb für sachgerecht, den Beteiligten eine gütliche Beilegung nahezulegen.

Ein weiteres Problem steckt allerdings nun darin, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen in der Auszahlungsphase angeboten hat, die Kosten berücksichtigt haben, die in dem im Jahre 2006 abgeschlossenen Altersvorsorgevertrag überhaupt nicht vorgesehen waren. Dort ist unter Ziffer 5 unter anderem nämlich zu lesen:

„Darüber hinaus können einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden.“

Welche Bedeutung die in Ziffer 5 des Vertrags enthaltene Bestimmung, wonach Abschluss- und Vertriebskosten für den Altersvorsorgevertrag nicht berechnet werden und einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden können, ist bislang völlig ungeklärt.

In diese Frage ist durch die – soweit ersichtlich – bislang allerdings nicht rechtskräftigen Urteile des Landgerichts (LG) Dortmund (Urteil vom 1. September 2020 – 25 O 8/20), des LG Kaiserslautern (Urteil vom 14. August 2020 – 2 0 850/19; aufgehoben durch Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken vom 6. Juli 2022, 7 U 106/20, weil es sich um keine Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt) und des LG München I (Urteil vom 15. März 2021 – 27 O 230/20) Bewegung geraten. Richtig ist zwar, dass sich diese Entscheidungen auf eine anderslautende Klausel bezogen. Die von den dort verklagten Sparkassen verwendete Klausel hatte folgenden Wortlaut:

„Im Falle des Abschlusses einer Leibrente werden dem Sparer gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“

Demgegenüber lautet die hier verwendete Vertragsklausel wie folgt:

„Darüber hinaus können einmalige Verwaltungskosten beim Übergang von der Anspar- in die Auszahlungsphase erhoben werden.“

Damit liegt zwar ein sprachlicher, aber kein inhaltlicher Unterschied vor. Setzt sich demnach die von den genannten Gerichten begründete Rechtsprechung durch, wonach es sich bei diesen Vertragsklauseln nicht nur um Hinweise, sondern um den Vertragsinhalt regelnde Bestimmungen handelt, die wegen fehlender Transparenz unwirksam sind, dann bedeutet dies, dass die Antragsgegnerin als Vertragspartnerin des Altersvorsorgevertrags die Klausel, wonach beim Übergang in die Auszahlungsphase Kosten erhoben werden können, nicht nur bei Neuverträgen nicht mehr verwenden darf, sondern dass sie sie auch bei bestehenden Verträgen nicht mehr anwenden darf.

Dies führt zu der weiteren Frage, ob die Antragsgegnerin in diesem Fall Kosten in der Auszahlungsphase überhaupt noch erheben darf.

Ich tendiere dazu, dass dies grundsätzlich möglich ist, weil der Gesetzgeber nach den oben geschilderten Regelungen davon ausgegangen ist, dass die Höhe der Kosten in der Auszahlungsphase erst vor Beginn der Auszahlungsphase mitgeteilt und vereinbart wird (vergleiche § 7b AltZertG) und dem Kunden bei fehlendem Einverständnis die Kündigungsmöglichkeit nach § 1 Absatz 1 Nummer 10b AltZertG zusteht. Die vom Gesetz vorgesehene Verpflichtung, darauf hinzuweisen, dass in der Auszahlungsphase überhaupt Kosten entstehen, ist durch die Regelung in Nummer 5 des Vertrags auf jeden Fall erfüllt. Damit lässt sich aus den oben zitierten Instanzentscheidungen auch nichts Entscheidendes für die vorliegende Frage ableiten. Die mögliche Unwirksamkeit der Regelung in Ziffer 5 des Vertrags wegen unzureichender Bestimmtheit führt nur zum Wegfall der Klausel, bedeutet allerdings nicht, dass die Antragsgegnerin in der Auszahlungsphase keine Kosten verlangen kann. Hierzu ist nach den Gesetzen nur der entsprechende Hinweis auf anfallende Kosten erforderlich.

Damit verbleibt als letztes Problem nur die Frage, ob durch die Regelung in Ziffer 5 des Vertrags nicht eine Beschränkung der Antragsgegnerin dahingehend eingetreten ist, dass sie in der Auszahlungsphase nur einmalige Kosten in Ansatz bringen darf. Daran ändert das Einverständnis des Antragstellers mit der Ausgestaltung der Auszahlungsphase nichts. Das könnte nur dann angenommen werden, wenn die Unterzeichnung des Angebots der Antragsgegnerin durch den Antragsteller dahingehend verstanden werden durfte, dass er den im Jahre 2006 abgeschlossenen Vertrag hat abändern wollen. Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller im Zusammenhang mit dem Angebot nicht darüber informiert, dass sie nicht mehr bereit ist, sich an den ursprünglichen Vertrag zu halten. Damit kann nicht unterstellt werden, dass sich der Antragsteller einer Vertragsänderung überhaupt bewusst war. In der Folge ist es bei der ursprünglichen Vereinbarung aus dem Jahre 2006 geblieben, wonach nur einmalige Kosten verlangt werden dürfen. An einer entsprechenden Vereinbarung waren die Parteien auch durch die Regelungen im AltZertG nicht gehindert. Durch das Gesetz wird nur eine Art Mindeststandard festgelegt. Ein Anbieter wird dadurch nicht gehindert, geringere oder in Teilbereichen überhaupt keine Kosten zu verlangen.

Damit steht dem Antragsteller aus dem ursprünglich abgeschlossenen Vertrag ein Rechtsanspruch zu, dass die Auszahlungsphase so gestaltet wird, indem nur einmalige Kosten berücksichtigt werden.

Zugegebenermaßen handelt es sich dabei um einen Fragenkomplex, der weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur nur ansatzweise geklärt ist. Als Jurist würde ich mich sicherlich freuen, wenn er höchstrichterlich geklärt werden würde. Für die Beteiligten würde dies allerdings einen langwierigen und kostenträchtigen Weg bedeuten.

Um dem vorzubeugen, unterbreite ich den Parteien den Vorschlag, sich auf die folgende, nach meiner Meinung ausgewogene Lösung zu einigen:

Der Anfall von einmaligen Verwaltungskosten beim Übergang von der Ansparphase in die Auszahlungsphase ist in dem ursprünglichen Vertrag schon angelegt beziehungsweise vorgesehen. Sicherlich ist deren Höhe damals noch (zulässigerweise) offengelassen worden. Abschluss- und Vertriebskosten in Höhe von 121,58 Euro sind meines Erachtens durchaus angemessen. Sie entsprechen etwa 1 Prozent der Beitragssumme. Aus anderen Verfahren ist mir bekannt, dass in anderen Fällen prozentual deutlich höhere Summen verlangt werden. Der Antragsteller sollte deshalb diesen Abzug akzeptieren.

Einmal abgesehen davon, was sich hinter dem Sprachmonster „einmalig übrige einkalkulierte Kosten“ überhaupt verbirgt, gibt der Altersvorsorgevertrag für den Anfall solcher Kosten nichts her, nicht einmal ansatzweise. Diese Kosten sollten dem Antragsteller voll erstattet werden.

Die jährlichen Verwaltungskosten in Höhe von 8,45 Euro stellen die „Fortsetzung“ der der Bank geschuldeten Kosten für die Verwaltung des Vertrags dar. Diese Leistung – Verwaltung des Vertrags – erfolgt nunmehr durch den Rentenversicherer.

Die Belastung in Höhe von 2 Prozent an den Überschussbeteiligungen dürfte wirtschaftlich völlig unbedeutend sein. Eine Änderung zugunsten des Antragstellers erscheint mir insoweit verzichtbar.

Abschließend: Sollten sich die Parteien nicht auf diesen oder einen ähnlichen Vorschlag verständigen können, bleibt ihnen sicherlich keine andere Wahl, als das Gericht anzurufen. Als Jurist würde ich mich darüber freuen, weil dadurch wieder etwas mehr an Rechtssicherheit und -klarheit erzielt werden kann. Als Streitschlichter würde ich dies bedauern, weil angesichts des mit einem Rechtsstreit – für beide Parteien – verbundenen Risikos jedwede vermittelnde gütliche Einigung vernünftiger erscheint als ein gerichtlich ausgetragener Streit.

Vor dem Hintergrund schlage ich den Beteiligten deshalb vor, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller 328,27 Euro erstattet und es bei dem vom Antragsteller akzeptierten Vertrag mit der R+V Lebensversicherung AG verbleibt.


Zahlreiche Anträge waren darauf gerichtet, dass die Bank aufgrund der Unwirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel in einem Sparvertrag über die Vertragslaufzeit hinweg eine Nachberechnung und Nachverzinsung vornimmt. Meist werden in diesem Zusammenhang Berechnungen von Verbraucherzentralen oder Gutachten von Zinssachverständigen vorgelegt und entsprechende Zinsnachzahlungen verlangt. Die Streitschlichter prüfen hier zunächst, ob die Zinsanpassungsklausel wirksam ist; im Falle einer festgestellten Unwirksamkeit erfolgt eine ergänzende Vertragsauslegung, auf dessen Basis sodann ein Vorschlag zur Beilegung des Streits unterbreitet wird, wie der folgende Schlichtungsvorschlag T 19/23 zeigt:


I.
Der Antragsteller hat bei der Antragsgegnerin am 24. Mai 1996 zwei Prämiensparverträge (…) abgeschlossen, wobei er sich zu monatlichen Zahlungen von jeweils 500 DM verpflichtete. Die Laufzeit war mit maximal 25 Jahren festgelegt und endete 2021.

Im Gegenzug zu den von ihm zu erbringenden Raten erhielt der Antragsteller Anspruch auf Bonuszahlungen, die sich im Laufe der Jahre bis maximal 50 Prozent der jährlichen Raten steigerten.

Zusätzlich verpflichtete sich die Antragsgegnerin zu einer variablen Verzinsung. Anfänglich waren das 3,75 Prozent.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Zinsanpassungsklausel unwirksam ist und verlangt von der Antragsgegnerin eine Nachberechnung und Nachverzinsung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH.

Unter Vorlage eines Sachverständigengutachtens der Verbraucherzentrale Bayern, die als Referenzzinssatz den gleitenden Durchschnitt der Zeitreihe Umlaufrendite inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe/Restlaufzeit (RLZ) von über neun bis zehn Jahren zugrunde legt und bei dem Vertrag mit der Nummer (…) zu einem zusätzlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 12.536,97 Euro gelangt, verlangt er eine zusätzliche Zinserstattung von je 8.000 Euro je Vertrag (vor Steuern).

Die Antragsgegnerin akzeptiert wohl die Unwirksamkeit der ursprünglichen Zinsanpassungsklausel. Sie bietet dem Antragsteller eine Nachzahlung in Höhe von 2.833,21 Euro und 2.798,05 Euro an und orientiert sich bei ihrer Berechnung an der Entscheidung des OLG Dresden vom 13. April 2022 (5 U 1973/20).

II.
Die Beschwerde des Antragstellers führt zu nachfolgendem Vergleichsvorschlag.

Die Beteiligten sind sich in rechtlicher Hinsicht letztlich wohl einig darüber, dass die in den Verträgen enthaltene Zinsanpassungsklausel unwirksam ist, sodass ich mich insoweit kurzfassen kann: Der vorliegende Sparvertrag sah formularmäßig und somit mittels Bestimmung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eine variable Verzinsung vor. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Vertrags und der daraus ersichtlichen Konzeption der Vereinbarung. Hieraus wird deutlich, dass der bei Vertragsbeginn gültige Zinssatz nicht für die gesamte Laufzeit des Vertrags verbindlich sein sollte. Maßgeblich sollte vielmehr der in den Geschäftsräumen der Antragsgegnerin ersichtliche Zinssatz sein. Zusätzlich sollte der Antragsteller einen Bonus erhalten, der sich nach den Ansparjahren richtet.

In rechtlicher Hinsicht begegnet es keinen Bedenken, dass der Bank überhaupt ein Recht zur Anpassung des Zinssatzes für die Spareinlagen in den auf eine längere Laufzeit angelegten Prämiensparverträgen eingeräumt worden ist. Ob die Vertragsparteien bei Spareinlagen eine gleichbleibende oder aber eine variable Verzinsung vereinbaren, ist ihre durch gesetzliche Vorschriften nicht vorgegebene Entscheidung und unterliegt als Preisabrede nach § 307 Absatz 3 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Artikel 229 § 5 Satz 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) keiner AGB-Inhaltskontrolle (BGH, WM 2011, 306–309; Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ) 185, 166–178).

Die in dem Sparvertrag enthaltene vorformulierte Zinsanpassungsklausel ist aber unwirksam gemäß § 308 Nummer 4 BGB, Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB. Die Befugnis eines Kreditinstituts, dem Sparer den jeweils durch Aushang bekannt gemachten Zinssatz zu zahlen, weist nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen auf (BGH, Urteile vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149, 153 folgende, vom 10. Juni 2008 - XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 Randnummer 12, und vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Randnummer 15, sowie vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20). Angesichts der eindeutigen und gefestigten Rechtsprechung des BGH hierzu bedarf dies keiner weiteren Ausführung. Klarzustellen ist dabei, dass die Unwirksamkeit nur die Klausel hinsichtlich der Grundverzinsung erfasst und nicht die Regelung über den Bonus. Die Regelung über den Bonus ist klar und nachvollziehbar formuliert und deshalb von der Unwirksamkeit der anderen Klausel nicht erfasst. Dadurch wird die Antragsgegnerin auch nicht unangemessen benachteiligt, weil – wie noch auszuführen sein wird – nur die Lücke hinsichtlich der Grundverzinsung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

Diese Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel hat nicht etwa zur Folge, dass der Vertrag durchgehend und immer mit dem bei Vertragsschluss maßgeblichen Zinssatz zu verzinsen ist. Einer solchen Annahme hat der BGH bereits im Jahr 2008 (Urteil vom 10. Juni 2008, XI ZR 211/07) eine klare und eindeutige Absage erteilt. Die Verzinsung ist und bleibt variabel! Auch dies bedarf deshalb keiner weiteren Ausführung.

Die durch die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel entstandene Vertragslücke ist vielmehr im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Es besteht insoweit kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank nach § 316, § 315 Absatz 1 BGB. Eine unwirksame, den Vertragspartner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende Klausel kann nicht durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung ersetzt werden (BGH, Urteile vom 1. Februar 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 78, und vom 12. Oktober 2005 – IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 315; WM 2011, 306–309). Deswegen kann an die Stelle einer unwirksamen, einseitigen Zinsanpassungsklausel kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Bank treten, das – ungeachtet der nach § 315 Absatz 3 BGB bestehenden Billigkeitskontrolle – die unwirksame Klausel entgegen der Wertung von § 308 Nummer 4 BGB im Wesentlichen wirkungsgleich ersetzen würde (vergleiche BGH, Urteil vom 13. April 2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Randnummer 19). Ebenso wenig besteht zugunsten der Bank ein Ermessensspielraum bei der Festlegung der Parameter für die Anpassung der Zinsen. Dem hat der Bundesgerichtshof bereits in der Entscheidung vom 21. Dezember 2010, XI ZR 52/08 ausdrücklich widersprochen (Randnummer 17, zitiert nach juris). Andererseits besteht aber auch kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Sparers. Entscheidend ist vielmehr, welche Regelung von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre und zwar von Anfang an.

Von wesentlicher Bedeutung ist insoweit die von den Parteien getroffene Grundsatzentscheidung für Zinsvariabilität und damit gegen Zinsstabilität. Nichts spricht dafür, dass die Parteien an dieser Grundsatzentscheidung nicht festgehalten, sondern einen festen Zinssatz für die gesamte Vertragslaufzeit von bis zu 25 Jahren vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der von der Antragsgegnerin bestimmten Zinsänderungsklausel gekannt hätten (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008, XI ZR 211/07).

Damit verbleibt es bei der Unwirksamkeit der ursprünglichen Grundverzinsungsregelung und der Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung. Dazu, wie die ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen ist, hat der Bundesgerichtshof bereits klare Regelungen aufgestellt, wobei auch das Unionsrecht einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegensteht (vergleiche hierzu BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021, XI ZR 234/20 Randnummern 49–55 und Urteil vom 24. Januar 2023, XI ZR 257/21).

Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist folglich ein Anpassungsmaßstab und -modus zu bestimmen, wobei in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Parameter zu wählen sind, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen (BGH, Urteile vom 21. April 2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Randnummer 35, und vom 13. April 2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933 Randnummer 19). Die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermittelnden Parameter für eine Zinsänderung haben dabei grundsätzlich in Anknüpfung an einen Referenzzinssatz zu erfolgen. Dies ermöglicht es den Parteien, selbstständig den jeweils geltenden Zinssatz in gleicher Weise wie bei einer Zinsgleitklausel zu bestimmen, bei der eine automatische Zinsanpassung ohne eine Erklärung einer der Vertragsparteien erfolgt (BGH, Urteil vom 14. März 2017 – XI ZR 508/15 Randnummer 24).

Zu den zu bestimmenden Anpassungsparametern gehört neben der Festlegung eines Referenzzinses aber auch die Festlegung einer eventuellen Anpassungsschwelle sowie eines Anpassungszeitraums. In seiner Entscheidung vom 6. Oktober 2021 (XI ZR 234/20), bestätigt durch Urteil vom 24. November 2021 (XI ZR 461/20), hat der BGH darauf hingewiesen, dass im Rahmen der durchzuführenden ergänzenden Vertragsauslegung wegen des den Verträgen zugrunde liegenden Konzepts des langfristigen Sparens als Referenz für die Verzinsung der Spareinlagen ein Zinssatz für langfristige Anlagen anzunehmen ist, der der Vertragsdauer möglichst nahekommt. Da Referenzzinssätze monatlich von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht werden, hat eine monatliche Anpassung zu erfolgen. Auch muss die Anpassung unter Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstands des Vertragszinses zum Referenzzins (Verhältnismethode) erfolgen.

Offengeblieben in der Entscheidung des BGH ist allerdings die Frage, welcher Referenzzins maßgeblich ist. Zu entsprechenden Feststellungen sind die Entscheidungen des OLG Dresden (Urteil vom 22. April 2020, 5 MK 1/19 beziehungsweise Urteil vom 9. September 2020, MK 2/19) insoweit aufgehoben und an das Gericht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zurückverwiesen worden. Damit ist die Frage des maßgeblichen Referenzzinses in der Rechtsprechung bisher nicht geklärt. Allerdings hat das OLG Dresden in der Ausgangsentscheidung (5 MK 1/19 Randnummer 87) angedeutet, dass der nunmehr von dem Antragsteller angewendete Referenzzins (kurz: WX 4260) durchaus vertretbar erscheint. Eine definitive Klärung der Frage fehlt jedoch.

Daran ändert auch die Entscheidung des OLG Dresden vom 13. April 2022 (5 U 1973/20) nichts. Sie stellt auch nicht die allseits erwartete Entscheidung des OLG Dresden in den bereits beim BGH anhängig gewesenen Musterklageverfahren dar, die vom BGH zur weiteren Sachaufklärung wieder an das OLG Dresden teilweise zurückverwiesen wurden. Schon ausweislich des Aktenzeichens (5 U) handelt es sich bei der Entscheidung vom 13. April 2022 um eine Einzelfallentscheidung, die nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits bindende Wirkung hat. Darüber hinaus hat das OLG Dresden in dieser Entscheidung die Revision nicht zugelassen. Eine Klärung durch den BGH ist in diesem Verfahren deshalb nicht möglich. Eine eindeutige Klärung ist erst dann eröffnet, wenn das OLG Dresden in den Musterklageverfahren 5 MK 1/19 beziehungsweise 2/19 eine Entscheidung getroffen haben wird und sich der BGH damit auseinandergesetzt hat. Dies ist bisher nicht der Fall.

Auch inhaltlich kann aus der Entscheidung des OLG Dresden vom 13. April 2022 nichts Entscheidendes abgeleitet werden. Die grundsätzlichen Parameter für die durchzuführende Zinsanpassung im Rahmen der vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung sind durch die Entscheidungen des BGH geklärt. Offen ist die Frage des maßgeblichen Referenzzinses. Überzeugend an der Entscheidung des OLG Dresden ist allerdings die Ablehnung der Orientierung an einem gleitenden Durchschnitt. Der Senat weist zurecht darauf hin, dass die Berücksichtigung eines gleitenden Durchschnitts aus mehreren Jahren zu trägen Werten führt, was dem eigentlichen Zweck der variablen Verzinsung, nämlich Anpassung an aktuelle Marktveränderungen, widersprechen würde. So würde sich bei Vertragsschluss im Jahre 1996 der gleitende Durchschnitt eines Referenzzinssatzes aus den letzten zehn Jahren aus dem Durchschnitt der Jahre 1987–1996 errechnen und folglich auch das Verhältnis zwischen dem vereinbarten ursprünglichen variablen Zinssatz und dem Referenzzinssatz definieren. Ein Ergebnis, das mit dem Zweck der variablen Verzinsung nicht in Einklang zu bringen ist.

Damit erweist sich das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten der Verbraucherzentrale Bayern und das damit verbundene Ergebnis der Nachberechnung als nicht überzeugend.

Abzustellen ist, wie das OLG zu Recht ausführt, auf Ist-Zinssätze, die von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht werden. Die Frage ist allerdings, auf welche.

Nachdem das OLG Dresden zunächst in dem Verfahren 5 MK/19 die Orientierung an den gleitenden Durchschnittswerten der Umlaufrendite inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer mittleren Restlaufzeit von zehn Jahren (kurz: WX 4260) als vertretbar angesehen hat, ist es in der Entscheidung vom 13. April 2022 zum Ergebnis gekommen, dass die Ist-Zinssätze des Kapitalmarkts für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8- bis 15-jähriger Restlaufzeit (Monatswerte) maßgeblich seien (nunmehr ebenso OLG Naumburg, Urteil vom 8. Februar 2023, 5 MK 1/20).

Die Unterscheidung hat es überzeugend damit begründet, dass börsennotierte Bundeswertpapiere einen risikolosen Zins widerspiegeln würden, während Anleihezinsen für Hypothekenpfandbriefe einen Risikoaufschlag enthielten. Nachdem die dortige Beklagte als Sparkasse einer Gewährträgerhaftung unterlegen habe, sei auf Wertpapiere ohne Risikoaufschlag abzustellen. Dieser Aspekt trifft allerdings auf die Antragsgegnerin nicht zu, sodass das Abstellen auf Bundeswertpapiere keineswegs zwingend ist.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt. Nach der Rechtsprechung des BGH und auch des OLG Dresden ist auf einen Referenzzinssatz abzustellen, der der Laufzeit des Sparvertrags möglichst nahekommt. Die bisher vom BGH beziehungsweise vom OLG Dresden entschiedenen Fälle waren Sparverträge mit einer Laufzeit von 15 Jahren. Hier geht es um einen Sparvertrag mit einer Laufzeit von bis zu 25 Jahren. Damit hat sowohl die Entscheidung des OLG Dresden vom 13. April 2022 wie auch eine irgendwann vorliegende Entscheidung des BGH in den Musterklageverfahren keine zwingende Konsequenz für die vorliegende Streitigkeit.

Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass eine Klärung des Referenzzinses durch die Rechtsprechung in Fällen wie im vorliegenden in den nächsten Jahren kaum zu erwarten ist.

Welcher Referenzzins bei einem Sparvertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren maßgeblich ist, ist eine schwer zu klärende Sachfrage. Auch ich tue mich insoweit sehr schwer, weil mir schon der erforderliche Überblick über die möglichen Referenzzinsen fehlt und mir auch Hintergrundinformationen zur Zinsbildung nicht zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund hat der BGH in den Entscheidungen vom 6. Oktober 2021 und 24. November 2021 das OLG Dresden völlig zu Recht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgefordert. In einem Schiedsverfahren ist mir das nach § 6 Absatz 5 der Verfahrensordnung für die außergerichtliche Schlichtung von Kundenbeschwerden im Bereich der deutschen genossenschaftlichen Bankengruppe nicht möglich.

Nach § 3 Absatz 2b der bereits erwähnten Verfahrensordnung müsste ich deshalb die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens eigentlich ablehnen.

Nachdem das obige Ergebnis für beide Seiten durchaus unbefriedigend erscheinen mag und möglicherweise ein langjähriger und kostenträchtiger Rechtsstreit im Raum steht, erlaube ich mir doch einen Vorschlag zu einer eventuellen gütlichen Bereinigung.

Meines Erachtens sind durch die Rechtsprechung des BGH die grundlegenden Fragen für die Anpassung geklärt. Es hat eine monatliche Anpassung zu erfolgen, und zwar im Verhältnis des ursprünglichen Zinssatzes zum Referenzzinssatz und zwar monatlich ohne Anpassungsschwelle. Die entscheidende Frage ist für mich der Referenzzinssatz und ob ein gleitender Durchschnitt zu berücksichtigen ist. Zu der letzten Frage hat sich das OLG Dresden – wie bereits ausgeführt – überzeugend geäußert. Auch ich halte einen gleitenden Durchschnitt für nicht gerechtfertigt, nicht nur, weil sich dann die Frage stellt, auf welchen Zeitraum bei der Bildung des Durchschnitts eigentlich abzustellen ist (ebenso LG Magdeburg, Urteil vom 21. März 2023, 2 O 1179/21).

Es sollte deshalb auf einen monatlich veröffentlichten Referenzzinssatz abgestellt werden, der ohne Durchschnittsbildung eins zu eins und monatlich im Verhältnis zum ursprünglichen Zinssatz umgesetzt wird, und zwar ohne Anpassungsschwelle.

Die Frage ist welcher. Ohne sachverständige Beratung traue ich mir – wie bereits ausgeführt – keine eigene Entscheidung zu. Das OLG Dresden ist in seiner zuletzt veröffentlichten Entscheidung von seiner ursprünglichen Auffassung (WX 4260) abgerückt und hat den Index für Bundesanleihen als zutreffend angesehen. Allerdings ist dabei auf die Besonderheiten der Sparkassen abgestellt worden. Damit ist aber keineswegs zwingend eine Abkehr von der ursprünglichen Auffassung bei anderen Fallkonstellationen verbunden. Hinzu kommt eine weitere Unsicherheit, nämlich, ob der Index für Anleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren bei einer Vertragslaufzeit von 15 Jahren überhaupt auf Verträge mit einer Laufzeit von 25 Jahren anwendbar sind, was ich für sehr fraglich halte.

Angesichts all dieser Unsicherheiten halte ich es nur für vertretbar, dass als Referenzzinssatz die Zinsreihe WX 4260 beziehungsweise deren Nachfolger angewendet werden, und zwar ohne Durchschnittsbildung, zumal mittlerweile auch mehrere erstinstanzliche Entscheidungen (Amts- und Landgerichte) diesen Index verwendet haben.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die von dem Antragsteller vorgelegte Berechnung der Verbraucherzentrale teilweise als nicht zutreffend, weil sie nicht überzeugend und entgegen der Entscheidung des OLG Dresden auf gleitende Durchschnitte abstellt.

Ob die Berechnung der Antragsgegnerin schlüssig und überzeugend ist und sich an die obigen Vorgaben hält, kann ich nicht beurteilen, weil sie mir nicht vorliegt. Im Ergebnis schlage ich den Beteiligten folgenden Berechnungsmodus vor, auf den sie sich einigen sollten:

Es sollte deshalb auf einen monatlich veröffentlichten Referenzzinssatz abgestellt werden, der ohne Durchschnittsbildung eins zu eins und monatlich im Verhältnis zum ursprünglichen Zinssatz umgesetzt wird und zwar ohne Anpassungsschwelle. Als Referenzzinssatz soll die Zinsreihe WX 4260 beziehungsweise deren Nachfolger angewendet werden, und zwar ohne Durchschnittsbildung, zumal mittlerweile auch mehrere erstinstanzliche Entscheidungen (Amts- und Landgerichte) diesen Index verwendet haben.

Sollte dieser Vorschlag von beiden Seiten akzeptiert werden, müsste eine Neuberechnung durch die Antragsgegnerin (natürlich überprüfbar durch die Antragstellerin) erfolgen, wobei ich mir nicht darüber im Klaren bin, zu welchem Ergebnis dies führen wird. Für beide Seiten wäre es aber bei einer Einigung über die Berechnungsmethode aus meiner Sicht ein vertretbarer Kompromiss zur Vermeidung eines langwierigen Rechtsstreits. Sollte der Vorschlag nicht akzeptiert werden, wird dem Antragsteller nichts anderes übrig bleiben, als den Rechtsweg zu beschreiten.

Abschließend erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass beispielsweise das OLG Bamberg in seinem Urteil vom 15. Februar 2023 (8 U 4/21) als Referenzzins den Zinssatz für langfristige Spareinlagen, der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlicht wird, als maßgeblich angesehen hat (abgelehnt durch das OLG Dresden). Zu welchen rechnerischen Konsequenzen dies führt, kann ich nicht beurteilen. Mit dem Hinweis möchte ich nur zum Ausdruck bringen, dass der Ausgang eines Rechtsstreits völlig offen ist und eine gerichtliche Auseinandersetzung für beide Seiten erhebliche Risiken birgt.